2 - das Konzert

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In meinem Büro geht die Tür auf.

„Hey, schönen Feierabend und einen schönen Urlaub.", ruft mein Chef mir noch schnell zu und schon ist die Tür wieder zu und er ist weg. Freitage sind auch echt die schlimmsten Tage der Woche, wenn man bis um 5 Uhr nachmittags die Zeit im Büro verbringen darf. Aber er hat recht, ich habe nächste Woche Urlaub. Und schon bekomme ich ein riesiges Grinsen auf dem Gesicht.

Als nächstes beginnt mich auch noch das Telefon zu nerven, so kurz vor Schluss. Ich melde mich mit meinem gewohnten Spruch:" Acsus Limited, Clara Miller, was kann ich für Sie tun?".

Am anderen Ende höre ich ein kichern, gefolgt von einem: „Wow, so förmlich heute?".

Es ist meine ehemalige Mitbewohnerin Julie. Bevor ich mit Nathan zusammen zog, habe ich in einer reinen Mädels-WG gewohnt. Ach, was waren das für Zeiten. Wir hatten echt einen Mordsspaß zu dritt, Julie, Macy und ich.

Normalerweise rief Julie nie bei mir auf Arbeit an, aber da scheint ihr Anliegen ja echt wichtig zu sein?

„Hey, ich wollte mal fragen, was ihr heute abend so vor habt? Du und Nathan. Im Club spielt eine tolle Band und ich dachte vielleicht habt ihr ja Lust."

Keine schlechte Idee dachte ich und Julie fuhr ohne Punkt und Komma fort: „Ich habe noch zwei Gästelistenplätze frei für euch und dachte wir könnten einen netten Abend verbringen.".

Ich kenne Julie's Musikgeschmack, denn auch mit Macy's Zimmer zwischen Julie und meinem, konnte ich manchmal einfach mitsingen, wenn bei Julie die Musikanlage anging. Also gehe ich lieber auf Nummer sicher, bevor ich zusage und frage lieber: „Was ist denn das für eine Band?".

„Die spielen Indie, so ein bisschen wie Mando Diao. Wie die genau heißen, weiß ich gar nicht." Genau meine Richtung der Musik.

„Ah, ok. Ich sage einfach mal ja, Nathan ist sicher dabei. Wann geht es los?"

Wir verabredeten uns für den Abend um 9 Uhr. Und jetzt wurde es wirklich endlich Zeit für den Feierabend. Eine halbe Stunde später war es endlich soweit.

Als ich zu Hause ankam, saß Nathan auf der Couch vor dem Fernseher. Ein mir sehr bekanntes Bild. Es lief ein Fantasy-Cartoon. Meiner Meinung nach hirnlehmend.

„Hi Nathan, wie war dein Tag?", ging ich auf ihn zu und gab ihm einen Begrüßungskuss. Ich hatte das Gefühl erst als ein Ton aus meinem Mund kam, hat er mitbekommen, dass ich überhaupt da war.

„Hi, ach alles Idioten.", prustet er, wie öfter in der Woche, heraus.

Nach einer Auswertung des Tages, musste ich ihn fast zum Konzertbesuch überreden, aber wir haben es trotzdem zu 9 Uhr in den Club geschafft. Der Club „The Mix Factory" war auf dem Heritage Square und nur ungefähr zwanzig Gehminuten von Nathan und meinem Appartement entfernt. Es ist nicht zu weit und man spart sich das Taxi.

Nathan sah man die Lustlosigkeit zu diesem Abend förmlich an. Er arbeitet viel, meiner Meinung nach unkoordiniert und dadurch entsteht der Stress. Also wird es wohl ein kurzer Abstecher in den Club werden.

Julie begrüßte uns stürmisch wie eh und je, als sie uns am Eingang entdeckte. Normalerweise stand sie hinter der Bar, aber heute war sie anscheinend für den Einlass eingeteilt. Um so besser für uns, da wir uns den Eintritt sparen konnten. Nathan und ich kamen aber auch ohne spezielle Veranstaltungen öfter in den Club und kannten schon einige an der Bar sitzende Gäste.

„Ein freundliches Hallo in die Runde.", rief ich allen zu. Und dreißig Sekunden später hatte ich eine Weißweinschorle in der Hand. Also ja, man kannte uns hier.

Ich schaute in die Gesichter der Runde und entdeckte niemanden mir unbekanntes. Dann ging plötzlich die Musik im Nebenraum zu einer konzertfähigen Lautstärke an und alles stürmte rüber zum Konzert. Die Jungs hatten es echt drauf, der Saal bebte. Für mich hatte sich der Besuch schon gelohnt und ich war stark in Feierlaune.

„Hey Schatz, lass uns gehen.", hörte ich Nathans Stimme in meinem Ohr, als die Jungs die letzte Zugabe spielten. Wie bitte?

„Nein, ich bleibe noch. Es macht so viel Spaß heute und ich habe mich noch gar nicht mit Julie unterhalten. Geh du ruhig, ich komm schon alleine heim."

Nathan willigte ein und verließ, ohne sich von irgend jemandem zu verabschieden, den Club. Manchmal ist er aber auch ein Typ. Ich schaute kurz durch den Raum, entdeckte Julie und lief direkt zu ihr.

„Lass uns auf meinen Urlaub anstoßen.", rief ich ihr ins Ohr, packte sie beim Arm und zerrte sie an die Bar.

„Ist ja gut, ich komm ja mit.", hörte ich sie und schon hatte sie sich von meinem Griff befreit.

Wir suchten uns zwei Hocker an der Bar.

„Sag mal, wie lange hattest du jetzt keinen Urlaub?", fragte Julie mich und schaute ganz ungläubig.

„Ein halbes Jahr." In der Probezeit bei Ascuc Limited darf man keinen Urlaub nehmen. Letzte Woche hatte ich meine Probezeit überstanden und habe direkt einen Urlaubszettel ausgefüllt. Erst einmal diese eine Woche, dann schauen wir weiter, ob Nathan auch ein paar Tage in diesem Jahr mal Urlaub machen will.

Pier und Rita standen hinter der Bar.

„Martini?", hörte ich Pier an Julie gerichtet. Bevor sie antworten konnte, fiel ich ihr ins Wort: „Na klar, was ist das für eine Frage? Und ich eine Bloody Mary bitte." Julie trank immer Martini. Ich probierte mich noch aus.

Wieder ließ ich den Blick durch den Club streifen. Die Bandmitglieder unterhielten sich mit Gästen, im Hof saßen kleine Grüppchen und es war ein Stimmengewirr, wie es in einer Bar an einem Freitagabend gegen Mitternacht zu hören sein muss. Als mein Blick wieder zurück zur Bar wanderte, sah ich zwei Männer neben uns, also eigentlich mehr neben mir. Einer groß, stabil gebaut, Brille, wenig Haare, normal gekleidet. Der andere ein Lockenkopf, auf den ersten Blick normal gebaut, Jeans, T-Shirt, ich denke etwas größer als ich, so 1,80. Beide schätzte ich auf Mitte 30. Sie waren mir vorher gar nicht aufgefallen. Die zwei führten ein lautstarkes Gespräch, was zum einen der Geräuschkulisse und zum anderen dem Alkohol geschuldet war. Auf jeden Fall hatte ich das Gefühl sie mussten bereits wegen der Getränke vor ihnen beide die Bar festhalten.

„Wo hast du die Band her? Geile Musik.", fragte der Große, mittlerweile weiß ich, dass er den Spitznamen Moppy hat.

„Die haben mich angerufen und gefragt, ob sie mal bei uns spielen dürfen.", erklärte der Lockige. Jetzt begriff ich, dass er anscheinend im Club die Veranstaltungen organisierte.


Auf der anderen Seite des GlücksWo Geschichten leben. Entdecke jetzt