10 - Mädelsabend

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Jede Frau kennt das. Manchmal brauch man einfach ein paar Mädels zum quatschen. Ich habe Julie seit dem „Treffen auf der Promenade" nicht mehr gesehen. Als wir noch zusammen gewohnt haben, waren wir immer füreinander da, wenn es was zu bequatschen gab. Auch wenn ich ihn vergessen habe, erwähne ich ihn kurz. Natürlich würde ich nie über Ben mit ihr sprechen. Das macht keinen Sinn. Sie sieht ihn zu oft und kennt ihn sicher gut. Das was da passiert ist, bleibt unser Geheimnis.

Ich verabrede mich mit Julie an einem Freitagabend in Woche vier nach dem „Treffen".

„Komm doch zu uns in die WG. Um der alten Zeiten Willen.", schlug Julie vor, als ich sie anrief und den Vorschlag für den Abend machte.

Eine gute Idee fand ich, denn ich war schon lange nicht mehr dort und ich wusste die Mädels wollten ein bisschen renovieren. Das musste ich mir anschauen.

Im Spätshop am Haus holte ich noch eine Flasche Martini und eine Flasche Weißwein für uns. Ich wusste von Julie, dass sie alleine zu Hause ist.

Wir umarmten uns zur Begrüßung. Julie ist circa einen Kopf kleiner als ich und schlank. Sie studiert Wirtschaftswissenschaften an der Uni und ist auf halber Strecke. Eine Beziehung hat sie nicht. Sie sagt immer sie wäre nicht gemacht dafür. Na anscheinend ich umso mehr.

„Komm rein. Ich habe ein paar Snacks vorbereitet. Ich habe mich richtig auf heute Abend gefreut.", gesteht sie. Ich halte die Flaschen hoch: „Hab uns was mitgebracht."

„Du denkst eben an alles."

Ich setze mich in ihrem Zimmer auf den Boden und Julie wirft mir ein Kissen zu. Sie holt zwei Gläser und Eiswürfel und schon sind wir am schnattern.

„Wie läufts im „Mix"?, frage ich Julie nach circa einer Stunde Gespräch über ihr Studium und ihre Kommolitonen. Warum ich sie frage? Keine Ahnung.

„Oh es läuft prächtig. Ich bin jetzt Barchefin, wenn ich Schicht habe. Anscheinend habe ich mich ganz gut geschlagen und Buster beeindruckt."

Was hat Ben damit zutun? Ich dachte er kümmert sich um Konzerte, denke ich so bei mir.

„Das klingt toll. Herzlichen Glückwunsch.", versuche ich sie anzustrahlen, aber im Hinterkopf geistert immer noch Ben herum.

„Wir haben nur echt ein Problem die Schichten immer voll zu kriegen.", seufst Julie. „Ich kann ja nicht fünf Tage die Woche in die Uni gehen, Hausarbeiten schreiben und an sieben Abenden im Club hinter der Bar stehen. Irgendwann brauche ich auch mal Zeit für mich. Nur ich will Buster auch nicht enttäuschen oder allein stehen lassen."

„Das verstehe ich vollkommen. Gibt es denn sonst keine Studenten, die du kennst, die vielleicht einen Job suchen?", frage ich ehrlich und bin mit meinen Gedanken voll bei Julie. Ich überlege trotzdem, ob ich sie fragen soll was Buster mit all dem zu tun hat. Entscheide mich dann aber doch dagegen.

„Wenn dann mal jemand Neues kommt, sind das meistens nicht unbedingt die fähigsten Leute hinter der Bar.", mein Julie und zeiht ihre Schultern nach oben.

„Ich denke ja, dass ist generell ein Problem an den Bars der Stadt.", versuche ich neutral zu klingen.

„Willst du nicht mal mit machen? Du kannst das bestimmt. Och bitte, das wäre total cool.", Julie klingt so als wäre das beschlossene Sache und klatscht freudig in die Hände.

„Ich weiß nicht. Ich gehe auch viel zu viel arbeiten in der Woche. Was soll ich mich da noch die ganze Nacht in einer Bar rum drücken? Oder besser gesagt dahiner."

Sie sieht enttäuscht aus und legt einen Dackelblick auf.

„Ok, pass auf. Ich überlege es mir. Versprochen.", beschwichtige ich, damit wir vielleicht endlich das Thema wechseln können.

Julie scheint einverstanden und wir wechseln zu Macy, ich will wissen wie es ihr geht. Julie erzählt mir von Macys Freund und das die beiden schon drüber reden zusammen zu ziehen. Sie macht sich Sorgen, dass sich die Ursprungs-WG dann völlig auflöst.

So sitzen und quatschen wir noch ungefähr zwei Stunden. Unsere Getränke sind schon fast leer. Ich frage mich wo Julie den Martini hin trinkt. Sie ist so wie immer. Ich wäre schon längt nicht mehr beisammen.

„Sage mal, wie verstehst du dich eigentlich mit Buster?", fragt mich Julie in mitten eines anderen Satzes und guckt dabei zum Boden. Wie kommt sie auf diese Frage?

„Wieso fragst du?"

„Als du das letzte Mal im Club wart, ist ja schon ein paar Wochen her, da saht ihr so vertraut aus."

Ich schlucke und versuche ruhig zu bleiben. Ich bleibe mit meinem Blick an ihr kleben, damit sie nicht denkt ich habe etwas zu verbergen.

„Keine Ahnung, wir haben uns nur kurz unterhalten."

„Das kommt ja auch nicht von mir.", sagt Julie und ich glaube ihr. „Die anderen haben mich vorgeschickt. Die fanden euch schon etwas komisch."

Abgesehen davon, was geht das den Rest eigentlich an? Haben die nichts zu tun?

„Na da macht euch mal keine Sorgen.", lächle ich sie an und grinse. Damit war das Gespräch für mich beendet und eine viertel Stunde später machte ich mich auf den Heimweg.

„Sorry nochmal. Ich wollte nicht, dass du dich irgendwie unwohl fühlst mit meiner Frage.", sagt Julie noch als wir uns verabschieden.

„Lass man gut sein. Pass auf dich auf und bis bald."

Wir umarmen uns und ich gehe.

Im Bus lasse ich das Gespräch noch einmal Revue passieren. Was ist mit den Leuten dort los. Haben die keine eigenen Probleme? Ich beschließe mich nicht mehr länger damit zu befassen und denke lieber darüber nach, ob ich eine Schicht im „Mix" machen sollte oder nicht. Es ist eigentlich eine dumme Idee, aber so würde ich herausbekommen, was Ben genau mit dem Club zu tun hat. Will ich das überhaupt? Vorgenommen hatte ich mir ja eigentlich was anderes. Ich werde erst einmal Nathan dazu fragen, was er davon hält und noch eine Nacht drüber zu schlafen. So schnell muss nun auch keiner dort einspringen. Die kriegen das schon sicher hin.

„Na mach das doch, wenn du Lust drauf hast.", antwortet Nathan nachdem ich ihm zu Hause erzählt habe, was Julie vorgeschlagen hat.

„Ich habe da sicher nichts dagegen. Gibt es gratis Bier. Ist doch spitze."

Ich rolle die Augen, schon alleine wegen dem Satz.

„Also wärst du einverstanden. Na ich überlege es mir.", bemerke ich nur etwas genervt.

Bis jetzt tendiere ich eher zu einem Nein.


Auf der anderen Seite des GlücksWo Geschichten leben. Entdecke jetzt