7 - Herz

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Wie vorhergesagt, trank Nathan sein drittes Bier in einer normalen Geschwindigkeit. Die Band war gerade fertig, als er es alle hatte. Als hätte ich es vorausgesehen: „Schatz, ich will heim. Ich bin müde.". Herz: ich aber nicht.

„Ich bleibe noch hier. Werde noch ein bisschen mit Julie quatschen und dann mache ich mich auch auf den Weg."

Ich hatte den Satz noch nicht mal zu Ende gesprochen, machte Nathan auf dem Absatz kehrt und lief los. Ich sah ihm nach und ja es war Zeit für ihn nach Hause zu gehen. Er wankte etwas, aber nicht so, als müsste ich mir Sorgen machen er käme nicht zu Hause an.

„Was war denn mit deinem Mann los?", spricht mich Julie plötzlich an. Aus meinen Gedanken gerissen, sage ich nur: „Ach, er war müde. Wie immer. Kennst ihn doch.".

„Er sollte weniger arbeiten. Das ist anscheinend nicht gut für ihn.", belehrte mich Julie, wie schon so viele. Doch was soll ich machen? Er ist schon groß und lässt sich von mir nicht viel sagen. Er fragt nach meiner Meinung, aber er setzt es selten bis gar nicht um.

„Ich weiß, nur ich rede gegen eine Wand.", entgegne ich ihr.

„Komm, wir gehen an die Bar."

Julie und ich holten uns ein Getränk an der Bar, sie Martini, ich Weinschorle. Viel Lust etwas zu trinken, hatte ich eigentlich nicht. Sie nahm mich mit an einen Tisch mit Pier und Rita. Ich stand nur so da und starrte in mein Glas. Was machte ich noch hier? Ich hatte etwas anderes vor. An meinen eigentlichen Plan habe ich mich bisher kein Stück gehalten.

Und plötzlich, da stand er. Ben kam zu uns an den Tisch. Er stellte sich zwischen Julie und Piet, so das er mich von vorn anschauen konnte. Mein Herz blieb stehen. Die ganze Zeit habe ich ihn nirgends entdeckt, ich habe ihn nirgends stehen oder mit jemanden reden sehen. Wo kommt er plötzlich her? Ich vermied Blickkontakt, doch er sah mich an. Das spürte ich.

Julie, Pier und Rita wollten dem Clubritual, einen Kurzen an der Bar nach einer gelungenen Veranstaltung mit allen im Dienst, folgen und ließen Ben und mich alleine stehen. Einen Moment lang sagten wir kein Wort. Er trat nervös von einem Fuß auf den anderen. Das nahm mir etwas meine Nervosität und ich ergriff die Initiative: „Wie geht es dir?".

„Jetzt, da ich mit dir rede, geht es mir wieder gut."

Meine Mundwinkel verzogen sich zu einem lächeln, aber ich wollte nicht, dass er es sieht und drehte mich unauffällig weg. Sagen konnte ich nichts. Im Raum waren eindeutig alle Gäste, das Personal und sonstige Anwesende mit sich beschäftigt. Niemand schaute in unsere Richtung oder bekam in irgendeiner Weise mit, dass wir uns unterhielten.

Ich drehte mich zu ihm und sah Ben direkt in die Augen, diese wunderschönen blauen Augen. Jetzt sah ich auch in ihnen seine Nervosität.

„Bist du gut heim gekommen?", fragte ich ohne den Blick von ihm zu wenden.

„Bin ich. Du bringst mich in eine blöde Situation."

Wie bitte? Das hat er nicht wirklich gesagt. Ich muss so erschrocken ausgesehen haben, dass er direkt noch einen drauf legt.

„Na weil man so etwas nicht macht."

Da gab ich ihm Recht. Es gehören immer zwei dazu. Und vor vier Wochen waren wir zwei, die unvernünftig waren. Das alles ging nicht nur von einem Einzelnen aus. Mir schossen alle Ereignisse unseres ersten Spaziergangs in den Kopf, lauter Bilder. Wie bei einem Rückblick in einem dieser Filme. Am meisten blieben mir seine weichen Lippen und warmen Hände in Erinnerung.

„Ich fand es aber unglaublich schön und angenehm dort mit dir über die Bänke zu tanzen und dich zu küssen.", flüsterte er, mit seinem Gesicht ganz nah an meinem Ohr. So nah, dass ich seinen Atem spüren konnte und seinen Geruch aufnahm. Zack, da war er wieder, dieser wollige Schauer, den ich schon einmal heute Abend verspürt hatte.

„Wir sollten später reden.", Ben schaute mich dabei nicht an, sondern in die Menge im Hof, nahm sein Bier und seine Zigarettenpackung und ließ mich alleine am Tisch zurück.

Was nun? Gehen? Die Konfrontation suchen? Bleibe ich stark oder werde ich schwach? Ob Nathan schon zu Hause ist? Ich will gerade nicht an Nathan denken. Wo reden wir? Hier?

„Was hast du denn mit Buster zu besprechen.", riss mich Julie aus meinen Gedanken. Ich erschrak so sehr, dass ich zusammen zuckte.

„Wobei habe ich dich denn jetzt erwischt?", fragt mich meine Freundin verwirrt.

„Nichts. Habe nur geträumt."

„Von Buster?", eine Art hinterhältiges Lächeln umspielte Julies Mund. Ich stutze. Was sollte das?

„Wie kommst du denn darauf?"

„Ihr wart so vertraut miteinander. Normalerweise ist Buster mit niemanden freundlich oder lächelt jemanden an. Scheint bei dir anders."

„Ach. Wir haben uns über die Band unterhalten.", log ich.

Das schien Julie plausibel und sie lächelte mich an. So wie ich es von ihr kannte.

„Lass uns an die Bar gehen. Ich lade dich ein.", wollte ich Julie ablenken und es klappte.


Auf der anderen Seite des GlücksWo Geschichten leben. Entdecke jetzt