An der Schule angekommen, laufe ich direkt zu unserem Treffpunkt. Eine Bank im Innenhof.
Dort ist es immer schön ruhig, weil nur die älteren Schüler hier rein dürfen. Doch die trauen sich eigentlich nicht, weil die Lehrer vom Lehrerzimmer aus direkten Blick auf ihn haben. Wenn sie die Fenster öffnen, können die uns bestimmt belauschen.
Aber das war uns bis jetzt immer egal, immerhin reden wir ja auch nicht über schlimme Dinge.
Lea ist noch nicht da, also setze ich mich auf die Bank und stelle meinen Rucksack neben mir ab.
Vorsichtshalber gehe ich noch einmal im Kopf durch, was ich ihr sagen werde. Dabei weiß ich ganz genau, dass ich das alles wieder vergessen und etwas ganz anderes sagen werde. Aber es gibt mir irgendwie die nötige Sicherheit und etwas Mut.
Genau so mache ich das auch immer, wenn ich irgendwo anrufen muss. Ich schreibe mir Notizen, was ich sagen will, aber am Ende stammle ich doch nur Scheiße."Hey!" Lea kommt durch die Tür hinaus gestürmt. Sie lächelt und breitet ihre Arme aus. Morgens ist sie immer so glücklich, das kann ich gar nicht verstehen.
Ich stehe auf und nehme sie in den Arm. Sie riecht ein bisschen nach Nutella, das isst sie morgens immer auf ihrem Toast. Dass ihr das nicht langweilig wird?Wir setzen uns auf die Bank. Lea guckt mich mit einem erwartungsvollen Blick an.
"Okay, also ich hab gestern noch mal nachgedacht", fange ich an. "Ich würde es echt gut finden, wenn Linus mit dabei sein könnte." Ich spüre wie meine Wangen warm werden. Bestimmt bin ich rot wie eine Tomate. Aber Lea lächelt mich nur unschuldig an. Entweder ich denke nur, dass ich rot bin, oder sie ist einfach nur ein Engel und überspielt es. Sie macht das öfters. Das mag ich an ihr.
"Also, na ja...". Hilfe, ich bin so nervös. Meine Hände schwitzen kleine Wasserfälle. Ich gucke sie mir an. Gut, es fühlt sich nur so an, nichts zu sehen.
"Ich schätze, ich bin ein bisschen in ihn verliebt." Ich starre auf den Boden und ziehe die Luft ein. Ja, gut so, Felix. Zeig ihr, wie nervös du bist. Am liebsten würde ich mich selbst schlagen. Wieso bin ich nur so schnell nervös?
"Nur ein bisschen?" Lea lacht und nimmt meine Hand. "Das sieht mir nach mehr als nur ein bisschen aus!"
Oh Gott, jetzt merkt sie bestimmt, wie nass meine Hände sind. Peinlich.
"Jetzt versteh ich auch, warum du dich so komisch verhältst. Seit du ihn kennst, bist du nur noch am träumen!" Noch ein Lachen. Lacht sie, weil ich so peinlich aussehe? Weil ich so nervös bin? Oder weil sie sich für mich freut?"Verrate das bitte keinem.", flüstere ich und sie nickt.
"Wissen deine Eltern davon?" Sie guckt mich mit ihren grauen Augen an.
"Nein. Die wissen nicht mal, dass ich auf Männer stehe. Das weißt du doch."Jetzt lässt Lea meine Hand wieder los. "Vielleicht solltest du es ihnen sagen, jetzt wo du einen Freund hast?" Sie piekst mir in die Seite und kichert.
Freund? Das wäre ja zu schön. Wieder wandern meine Augen auf den Boden.
"Wir sind nicht zusammen.", sage ich so leise, dass ich selbst es kaum hören kann. "Ich bin mir nicht mal sicher, ob er nicht vielleicht auf Frauen steht." Irgendwie macht mich das Ganze ein bisschen traurig."Okay, lad ihn ein." Lea lächelt über das ganze Gesicht. Und schon fängt sie an mit ihren Händen zu fuchteln. So wie immer, wenn sie begeistert ist.
"Ich hab auch schon eine Idee: Wir suchen ein paar Horrorfilme raus und du kuschelst dich an ihn ran. Er wird das doch bestimmt nicht zu lassen, wenn er nicht auch was für dich empfindet!"
Ich muss schmunzeln. Warum bin ich nur so nervös gewesen. Lea ist meine beste Freundin. Innerlich war mir doch schon lange klar, dass sie in etwa so reagieren wird.
Jetzt muss ich nur noch Linus davon überzeugen, dass er seine Überraschung auf einen anderen Tag verschieben muss, dafür dann aber mit uns zusammen Horrorfilme gucken kann. Und sein Armband muss ich ihm ja auch noch geben, das habe ich schon fast wieder vergessen.
Als es klingelt, umarmen wir uns noch einmal zur Verabschiedung. Lea hat jetzt Musik.
Am Anfang des Jahres mussten wir wählen: Werken, Kunst oder Musik. Ich hab Kunst genommen, weil der Lehrer versprochen hat, Modedesign durchzunehmen. Bis jetzt hat er sein Versprechen aber noch nicht eingelöst. Statt dessen machen wir jetzt Architektur. Und das ödet mich richtig an. Aber die Aussicht, Linus nachher wieder zu sehen, motiviert mich doch ein wenig.
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Gelb
Roman pour AdolescentsIch lege mich neben ihn ins Gras. Er schaut hinauf in die Wolken. Schön sieht er aus, verträumt irgendwie. Ich rücke so nah es geht an ihn heran. Unsere Arme berühren sich, er schreckt nicht zurück. Vor einem halben Jahr hätte ich nicht gedacht, das...