Kapitel 10 - Ein neues Ich

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Ich drehte das Wasser aus und trat aus der Dusche.
‚Ah, die Madame ist auch mal fertig. Ist wohl doch kein Klischee, dass Frauen viel zu lange duschen.'
Jimin schickte sich an, sich umzudrehen.
‚Kann ich eigentlich wieder gucken?'
‚Untersteh dich!', keifte ich und schlug mit meinem Handtuch nach ihm. ‚Und außerdem was soll das bitteschön für ein Klischee sein? Hab noch nie davon gehört.'
Er lachte sein spezielles Jimin-Lachen und fuhr sich durch die Haare. Kurz erstarrte ich bei dieser Attraktivität, riss mich aber schnell wieder zusammen und zerrte die Bürste durch meine widerspenstigen Locken. Nachdem sie halbwegs geordnet und angetrocknet über meine Schultern hingen, klaubte ich meine alten, blutbesudelten Klamotten zusammen und drückte mich nur im Handtuch bekleidet an Jimin vorbei zur Tür. Ich spürte seinen Blick auf meinen nackten Beinen und auch noch etwas weiter höher, als ich in mein Zimmer ging und musste darüber ein wenig grinsen. Es tat gut, begehrt zu werden. Ich schlüpfte in meinen bequemsten Oversized-Pulli, zog Leggings und weiche Socken an, ordnete vergebens nochmal meine Haare, bis ich mich auf den Weg ins Wohnzimmer zu den anderen machte. Dort setzte ich mich zu Jimin auf die Couch und schaute gespannt in die Gesichter der anderen. Ich versuchte das unangenehme Brodeln in meinem Magen, was vor Vorfreude und Angst herrührte, zu ignorieren und atmete tief durch, um mich auf das bevorstehende vorzubereiten.
‚Ähm..." Jin räusperte sich. ‚Vielleicht warten wir auf die anderen.'
Ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu und er zog murmelnd den Kopf ein.
‚Na schön.' Das war Jimin. ‚Vielleicht magst du uns erzählen, was aus deiner Sicht passiert ist.'
Ich schluckte schwer, als ich mir die letzten Stunden in Erinnerung rief. Dann begann ich zu erzählen. Zwischendurch stockte ich immer wieder, weil ich merkte, wie irre das alles klang, doch die aufmunternden Blicke der drei Jungs ließen mich immer wieder neuen Mut schöpfen. Als ich fertig war, herrschte betroffenes Schweigen. Angespannt wartete ich, dass sie etwas sagten, irgendetwas. Doch es kam nichts; ich konnte mich nicht mehr zurückhalten und platzte raus:
‚Ich spinne, stimmt's? Ich bin verrückt, oder?'
‚Nein!', fuhren alle drei mich harsch an. Ich zuckte erschrocken zurück.
‚Entschuldige.', stöhnte Tae und rieb sich übers Gesicht. ,Weißt du was der Mann war?'
Nervös kaute ich auf meiner Unterlippe. Ich wusste genau, was der Mann war. Aber es laut auszusprechen würde bedeuten, dass ich reif für die Klapse war.
,Sag es, Maggie.', forderte Jimin mich auf. Du weißt es.'
Ich schüttelte den Kopf und murmelte:
'Weiß nicht.'
Jimin seufzte und legte den Arm um mich. Die gewünschte Wirkung, nämlich dass ich ruhiger wurde, erzielte diese Geste nicht so ganz; es führte nur dazu, dass mein Herz vor Aufregung gegen meinen Brustkorb hämmerte.

'Kleines!', sprach er mich sanft mit meinem Kosenamen an. 'Wir haben dasselbe Geschöpf wie du in diesem Mann gesehen. Du musst es selber sagen, erst dann wirst du es auch glauben.'
Ich nickte entschlossen, atmete tief durch und sprach es aus:

'Ein Vampir. Der Mann war ein Vampir.'

Es war so leicht die Worte zu formen, sie über die Zunge tanzen zu lassen, sie in den Ohren klingen zu hören. So trügerisch leicht.

Sie schauten mich an. Bedrücken und Erleichterung zugleich spiegelten sich in ihren Augen.
‚Ja', sagte Jimin leise.
'Und du wärst es nun auch, hätte ich deine Verwandlung nicht gestoppt.'

Ich nickte langsam. Nur noch wenig könnte mir jetzt noch die Fassung nehmen. Jetzt, nachdem ich so viel Graus erlitten hatte, so viel Schmerz erdulden musste.
Jimin nahm meine Hand, drückte sie mit seinen warmen Fingern.

'Aber du bist kein Mensch mehr. Genauso wenig wie wir.'

Ich sollte aufspringen.
Wegrennen. Toben. Fluchen. Schreien.
Das konnte nicht die Wahrheit sein. Es gibt keine Vampire oder andere übernatürlichen Geschöpfe. Es gibt sie nicht und ich bin erst recht keines solcher Kreaturen.

Ich bin ein ganz normales, 17-jähriges Mädchen, das mit ihrer Mutter in einer kleinen Wohnung lebt, zur Schule geht und sich gelegentlich mit Freunden trifft.

Nein.

Das bin ich nicht.

Vielleicht war ich das mal.

Jetzt bin ich es nicht mehr.

Ich kenne BTS.
Ich bin verliebt in Park Jimin, der kein Mensch ist, genauso wenig wie die anderen sechs Jungs.
Genauso wenig wie ich.
Und ich bin von einem Vampir gebissen worden.
Nichts daran ist normal.
Nichts davon sollte in dem Leben eines unscheinbaren Mädchens wie mir herumspucken.
Und an nichts davon kann ich mich gewöhnen.

Aber das bin eben ich.

War of Hormone [BTS]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt