Als ich im Jahr 2974 erwachte

19

Obwohl es noch hell ist, wird das Feuer bereits vorbereitet. Eine große freie Fläche, umringt von Steinen und aufgewühlter Erde, ist auf dem Dorfplatz aufgebaut. Zwei Männer hocken in der Mitte und versuchen auf altmodische Art mit einem Stöckchen, dass sie immer wieder ganz schnell drehen, indem sie an einem dünnen Seil abwechselnd von beiden Seiten ziehen, ein Feuer zu entfachen. Neben ihnen häufen sich kleinere Ästen und trockenes Laub. Nicht unweit von der zukünftigen Feuerstelle entfernt kann ich einen größeren Stapel an Feuerheulz ausmachen. Immer mehr Menschen versammeln sich und in all dem Gewühle bin ich froh, wenn ich Lia, Ana und Lilliana nicht verliere. Die meisten halten jedoch einen großen Abstand zur Mitte, sodass wir uns dort am Rand ein wenig freier aufhalten können. Aus der Menge tritt eine Frau auf uns zu, in der ich Sienna wiedererkenne.

„Hallo ihr Lieben. Geht's dir wieder besser?", möchte sie wissen und lächelt uns freundlich an. Lia nickt und bedankt sich bei ihr, bevor sich die Frau auch bei unserer Begleitung vorstellt. Kaum dass sie weg ist, plappert Lilliana auch schon drauf los: „Die war ja nett! Und so hübsch sieht sie aus!"

Ana schüttelt schmunzelnd den Kopf, bevor sie sich entschuldigt, da sie Louis entdeckt hat. Lilliana schwärmt unterdessen weiter von Sienna, bis ich sie lachend anstupse und frage, ob sie sich verliebt hat und sie vielleicht heiraten möchte. Irgendwann verlieren wir das Mädchen aus den Augen und setzen uns zu einer kleinen gemütlichen Runde näher an das inzwischen in Gang gebrachte Feuer. Die Flammen leuchten in der bereits eingesetzten Dämmerung und malen flackernde Schatten in ihre Umgebung.

„Hey Mädels", kommt es von einer vertrauten Stimme neben uns und Yanik lässt sich neben Lia nieder. „Alles gut bei euch?"

Lässig versucht er ein wenig Smalltalk ins Rollen zu bringen, auch wenn ich meine, einen angespannten Unterton herauszuhören. Fast klingt es, als wären wir uns noch nicht häufig begegnet und würden uns alle gerade zum zweiten Mal oder so sehen.

„Na?", antwortet Lia ein wenig herablassend und störrisch.

„Hey, das mit Thiemo tut mir leid. Ich fand es auch nicht okay, wie er sich verhalten hat und hab ihm hinterher noch ordentlich den Kopf gewaschen", lenkt Yanik sofort ein und macht ein betretendes Gesicht.

„Er könnte sich ja mal selbst entschuldigen", mault Lia und Yanik schnaubt auf.

„Ihr habt doch beide den gleichen Sturkopf! Da glaubst du doch nicht im Ernst, dass er sich sofort entschuldigt."

Lia kichert leise und lehnt sich an ihn. Scheinbar ist das ein Zeichen, dass sie ihm verziehen hat, denn er legt den Arm um sie und drückt sie an sich. Neid macht sich in mir breit, würde ich gerade doch ebenfalls gerne kuscheln.

„Warum habt ihr mir denn heute Morgen nicht die Tür aufgemacht?"

„Ach, warst du da? Hab ich nicht mitbekommen", meint Lia verdutzt, ergänzt dann aber: „Vermutlich hätte ich dir trotzdem nicht aufgemacht. Wegen Thiemo."

Den Rest bekomme ich nicht ganz mit, denn in meinem Kopf rattert es und ich versuche, mir die Situation vom Morgen in mein Gedächtnis zurückzurufen.

„Hatte die Stimme hinter der Tür nicht 'Schwesterherz' gesagt?"

Vielleicht ist aber auch Thiemo bei ihm gewesen oder ich hatte aufgrund meines Buches mal wieder nicht alles mitbekommen. Wäre ja nicht das erste Mal.

„Boah ey, Pärchenalarm", stöhnt da jemand genervt auf und schaut von links nach rechts, von Ana und Louis zu Yanik und Lia. Verdattert hängen unsere Blicke auf dem Typen und mir fällt auf, dass es derselbe nervige ist, der sich vor nicht allzu langer Zeit versucht hat an Lia ranzuschmeißen und beleidigt abgezogen ist. Yanik schaut ihn nur provozierend an.