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Jas' Sicht

Heute ist ein beschissener Tag. Das merke ich schon, als ich mich quälend langsam aus meinem Bett schäle. Schläfrig trotte ich ins Bad und ziehe mich an. Den Blick in den Spiegel lasse ich bewusst aus. Seit Tagen schlafe ich kaum nich und mein Gesicht lässt genau das zeigen, was ich eh schon fühle. Alle meine Knochen weigern sich strikt dagegen, die ihnen gegebenen Befehle auszuführen.
Seit Benji mich vor ein paar Tagen mit seinem löchrigen Wissen konfrontiert hat, bin ich einfach nicht ich selbst.
Dazu macht es mir Dad auch nicht einfacher. Er ist schon länger ziemlich komisch. Er trinkt auch nicht mehr. Und er arbeitet nicht mehr. Ich höre wie er früh am morgen aufsteht, in die Küche schlurft sich einen Kaffee und ein Toast macht und dann wieder zurück in sein Zimmer geht.
Irgendwas verheimlicht er mir und ich würde meine beschissene Fresse darauf verwetten, dass Jessica etwas damit zu tun hat.

Unten in der Küche herrscht pures Chaos.
Normalerweise war Jessica immer für den Aufwasch und den Putz des Hauses zuständig, darum hatten wir nie eine Hausfrau. Aber seit sie weg ist, schleift das hier ganz schön.

So wie ich den rießigen Haufen dreckiges Geschirr in den Blickfang bekomme, vergeht mir mein Appetit und ich entschließen mich, spazieren zu gehen.
Das tue ich in letzter Zeit öfter. Ich denke auch öfter über Dinge nach, die ich eigentlich die ganze Zeit verdrängt habe.
So zum Beispiel meine Mutter.
Seit einer gefühlten Ewigkeit verbiete ich mir, an sie zu denken. Ich könnte daran zerbrechen. Aber jetzt habe ich mitbekommen, dass dem nicht so ist. 
Ich habe meinen 'Frieden' damit gefunden.
Mehr oder weniger. Sie ist halt immer noch meine Mutter gewesen. Und ich liebe sie immer noch. Und ich bin auch noch rasend vor Wut, wenn ich daran denke, wer sie mir genommen hat.

Ich ziehe meine Nikes und meine Jacke an und verschwinde dann durch die Hintertür.
Durch die Vordertür könnte Dad sehen, dass ich gehe, so bekommt er es nicht mal mit.

Würde er in seinem derzeitigem Zustand eh nicht so oder so

Lange laufe ich einfach nur durch die Straßen. Es ist nicht viel los es kommen auch nur vereinzelte Autos vorbei geschossen.

Nach ein paar Minuten drifte ich in meine Gedankenwelt ab und achte gar nicht mehr auf meinen Weg.

Als ich nach geraumer Zeit vor einem Tor stehen bleibe und mich wundere wie ich hierhergekommen bin, sehe ich, wie ein schwarzes Auto auf den danebenliegenden Parkplatz rollt.
Eigentlich ja nichts besonderes, aber irgendetwas an diesem Moment kommt mir komisch vor. Ein flaues Gefühl durchzieht meinen Magen.

Ich sehe genauer hin und achte gar nicht mehr auf das Tor und darauf, was es abgrenzt.

Meine volle Aufmerksamkeit bekommt der Schrank der gerade aus dem Auto aussteigt und die Hintertür aufhält. Auf der anderen Autoseite steigt ein Typ in ca.  meinem Alter aus.
Jetzt sehe ich auch wie sich Füße auf den Boden stellen, aus der von dem Schrank aufgehaltenen Tür. Nach einem Augenblick sieht man schon die ganze Person.

Ich sehe genauer hin

Der Schlag trifft mich und augenblicklich wird mir schlecht.

Jessica

Die Person die da gerade aus dem Auto aussteigt ist niemand geringeres als die Person, die seit Wochen gesucht wird!
Das da ist meine Schwester. Auch wenn ich sie nicht als solche sehe....





FF










(Spaaaß das wäre doch mies)





In dem Moment dreht auch sie sich in meine Richtung und....stockt augenblicklich.

Ich habe Zeit sie genauer zu betrachten.
Sie sieht grauenvoll aus. Nicht besser als ich. Ihre Haare waren mal gepflegt, jetzt sehen sie aus, naja aufgestanden und ja das wars dann auch wieder. Ihre Augen haben tiefe Schatten und sind rötlich. Sie hat vor kurzem geweint. In der gebückten Haltung wie sie sie hat, sieht man auch, dass sie bis zum Ende Panik hat.
Sie ist erschöpft und ausgelaugt. Im gesamten also ein schauerlicher Anblick.

Der junge Typ umrundet das Auto und legt ihr den Arm und die Schulter. Sie zuckt zusammen und ihr Blick schießt zu ihm.
Für einen kurzem Augenblick versteifen sich meine Muskeln, aber ich habe sie schnell wieder im Griff.

Er drängt sie dazu, in meine Richtung zu laufen. Widerwillig folgt sie seiner stummen Anweisung.

3 Meter vor mir bleiben sie stehen. Der Typ lässt sie los und kommt auf mich zu.

Er streckt mir die Hand entgegen.

,, Ich bin mir ziemlich sicher, dass du mich nicht kennst, mein Name ist Alliet. Und diese Kleine Perle da kennst du definitiv. Wie man euch beide nicht als Zwillinge entpuppen konnte... "

Ich bin vollends verwirrt. In meinem Kopf rattert es und ich versuche mir einen Reim auf das hier geschehende zu machen. Was meint er damit, dass wir nicht entpuppt worden sind. Hää? Woher weiß er überhaupt, dass wir Zwillinge sind?

Er scheint zu Wissen was ich mich frage und beantwortet sie mir alle.

,, Ich habe euer Leben kennengelernt, als wäre es das Meine. Aber zeitweise habe ich das Gefühl, ihr hättet vergessen, wie es ist, die Hauptrolle zu spielen. Darum will ich euch mal euer Drehbuch erklären. "

Ich versteife mich. Ich kann diesen Kerl nicht leiden. Außerdem was will er mit diesem scheiß Drehbuchgequatsche. Als hätten wir unser Leben nur in der Zweitbesetzung gelebt!?

Er lacht ein psychopathisches Lachen und wendet sich von mir ab.

~Just A Show~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt