36 ▪ Melody

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,,Hey Mel komm doch rein, es ist null kalt!", Trina und Sophie winken mir vom Beckenrand aus zu und spritzen mit Wasser in meine Richtung. ,,Vielleicht ein anderes Mal...ich fühl mich gar nicht gut", gebe ich mit einem Lächeln zurück. ,,Aber es ist der letzte Tag hier! Morgen fahren wir wieder und-" ,,Ach komm lass sie, wenn es ihr nicht gut geht", beruhigt Sophie Trina mit ihrem tadelnden Blick. Beide schwimmen weiter. So beobachte ich also alle aus meiner Klasse, wie sie Spaß im Wasser haben und sorgenfrei ihren Körper präsentieren können. Ich seufze und versuche nicht an die blauen Flecken und ganzen Wunden zu denken.
,,Melody, warum bist du noch angezogen? Los ab ins Wasser!", Herr Laning steht neben mir, das Badetuch lässig über einer Schulter. ,,Ähm mir gehts nicht so gut naja...", erkläre ich und meide seinen Blick. Er hockt sich hin. ,,Alles in Ordnung bei dir?" ,,Jaja klar es, ich bin nur etwas schwach", nervös zupfe ich an meinem Pullover herum und weiche seinen Blicken aus. Die Bank unter mir fühlt sich plötzlich ziemlich instabil an, die Luft um mich herum beengend. ,,Ich würde gerne mal mit dir unter vier Augen reden Melody. Wäre das gerade möglich?", fragt er nach einigen Minuten, die ohne jegliche Konversation vergangen waren. Ich nicke stumm. Er stellt sich wieder gerade hin. Wackelig folge ich seinem Beispiel und stehe ebenfalls auf. Nebeneinander gehen wir vom Pool weg zu den Hollywoodschaukeln neben dem Haus. Er lässt sich auf einen der Sessel fallen, ich setze mich vorsichtig in die Schaukel.

,,Jetzt mal ehrlich: Warum geht es dir schlecht? Ich bin dein Lehrer, klar, aber du kannst mir auch vertrauen. Du sollst mir auch vertrauen. Ich bekomme mehr mit als du vielleicht denkst. Du trägst bei 32°C lange Pullover, gehst nicht schwimmen und bist ziemlich still. Mel, irgendwas ist da faul", beginnt er, die Hände auf die Knie gestützt.
Ich seufze, verdrücke eine Träne und bringe es zum ersten Mal heute zustande ihm in die Augen zu blicken. ,,Ich ritze mich nicht, wenn es das ust worauf Sie hinaus wollen", ich ziehe meinen rechten Ärmel hoch. Flecken in allen Farben und einige Kratzspuren erscheinen. Erschrocken sieht er sie sich an, sagt jedoch nichts, also fahre ich fort: ,,Meine Mutter kommt nie zu den Elternsitzungen weil sie tot ist", eiskalt. ,,Sie ist gestorben als ich 7 war. Mein Vater kommt auch nie. Ihm ist das aber alles egal. Seit Mamas Tod ist er alkoholabhängig. Er hat das nie so richtig verkraftet, deshalb hat er angefangen zu trinken. Manchmal vergisst er sich und dann passiert das", erzähle ich. ,,Nach manchmal sieht das aber nicht aus", Herr Laning beugt sich vor und nimmt behutsam meine Hand. ,,Das muss man echt behandeln...komm mit"

Wir stehen auf und laufen die Anhöhe zum Selbstversorgerhaus hoch, durch den Gemeinschaftsraum in die große Industrieküche. Während ich auf einer Arbeitsplatte sitzend warte, sucht Alec etwas im Kühlschrank. Zurück kommt er mit Eis, Minze und einem Handtuch, in das er alles einwickelt. ,,Das beruhigt", erklärt er und legt es zart auf meine Hände. Kurz zucke ich zusammen. Es ist doch kälter als gedacht und tut fast weh.
,,Du hättest damit schon viel früher zu mir kommen sollen", Tränen treten in seine Augen. Zuerst bin ich sprachlos, doch dann sage ich nur sanft ,,Hey..." und versuche Blickkontakt aufzunehmen. Er sieht mich an und umarmt mich plötzlich. Das flasht mich etwas, doch es tut auch total gut. Wir sehen uns an. ,,Ich lass dich nie wieder los"

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