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P.o.v. Stegi

Ich saß zusammengekauert in der Ecke des Fahrstuhls und versuchte fieberhaft mir etwas einfallenzulassen, mit dem ich Clark nicht allzu wütend machte. Denn ich hatte vor lebend aus diesem Fahrstuhl zu kommen.

"Also spuck' s aus!", knurrte Clark und ich musste erneut heftig schlucken.

"K-keine Ahnung", brachte ich nach einiger Zeit hervor und merkte sofort, dass es auch nicht die Richtige Antwort zu sein schien.

"Na klar hast du 'ne Ahnung, also sag mir gefälligst warum!"
Er packte mich an meinem Pullover und zog mich mit einem Ruck zu sich hoch. Sein vor Wut glühend rotes Gesicht war nur wenige Zentimeter von meinem entfernt und seine Augen suchten erneut verzweifelt jeden Millimeter meines Gesichtes ab.

"W-wie kommt es eigentlich", fragte ich schließlich und mit allem Mut den ich aufbrachte. "Dass du dich plötzlich in einen Jungen verliebst. Wo du doch...", meine Stimme stockte.

Sein eiskalter Blick, der nunmehr nicht meinem Gesicht sondern meinen Augen gallt schien meine Stimme zu verschlucken. Ich räusperte mich.
"...wo du mich doch immer als Schwuchtel beleidigt hast und mich mit der Ausrede; ich sei Schwul und deshalb würde ich es verdienen, verprügelt hast."

Letztere Worte kamen über meine Lippen wie ein sprudelnder Wasserfall, so schnell, dass ich hoffte, Clark hätte sie nicht gehört. Doch anscheinend hatte er.
Denn er schubste mich mit einem tiefen knurren zurück gegen die Wand, an welcher ich mit rasendem Herzen herabrutschte und meine Knie mit den Armen umschloss.

"Ich bin nicht schwul, ok?", zischte Clark, doch seine Stimme schien unnormal verständnisvoll. "Und normaler Weise stehe ich auch nicht auf Typen."
Nach einer kurzen Pause fügte er dann hinzu: "Und außerdem war Tim anfangs nicht besser als ich. Er fand dich abstoßend, unausstehlich. Du warst für ihn ein genauso widerwärtiger, schwuler Nerd, wie du es für mich immer noch bist."

Seine Worte trafen unglaublich tief in meinem Herzen einen Punkt, von dem ich bis dato noch nicht einmal gewusst hatte. Einen Punkt, den ich für so selbstverständlich gehalten hatte, dass es nun um so mehr schmerzte, als er nun in tausend Stücke zerbarste.

Ungläubig starrte ich Clark an. "Wie? Hast du das etwa alles vergessen?"
Ein schrecklich hämisches Grinsen schlich sich auf seine vor Wut zusammengepressten Lippen und ich drückte mich reflexartig fester an die Wand.

"Also hast du keine Ahnung davon, dass er dich geschlagen hat?" Ich schüttelte verwirrt den Kopf.
Warum sollte er mich schlagen, wenn er mich liebte?

"Dass er es noch vor wenigen Wochen meiner Schwester besorgt hat und nicht dir?"
Mein Kopfschütteln war nunmehr so schwach, dass selbst ich es kaum mitbekam. Wieso sollte er so etwas tun? Es mussten alles Lügen sein, die sich Clark ausgedacht hatte.

"Na klar!", rief Clark plötzlich laut auf und ich zuckte erschrocken zusammen. "Er liebt dich nicht! Du bist nur seine kleine Hure, bis er etwas besseres gefunden hat!"

Empört blickte ich Clark an, der ins Nichts starrte mit einem triumphierenden Gesichtsausdruck, als hätte er gerade den Mount Everest bestiegen.
Doch das ganze war nur ein Haufen Scheiße.

"Hörst du dir eigentlich selbst zu?", fragte ich und rappelte mich auf. "Das ist doch alles Mist!"

Clark's Ausdruck veränderte sich augenblicklich, als hätte jemand einen Schalter umgelegt und er starrte mich aus eiskalten Augen an.
"Dann frag ihn doch", seine Stimme war genauso kalt wie sein Blick und ich hätte schwören können, dass es im Fahrstuhl von einer auf die andere Sekunde kälter geworden war.

"Nein, ich meine, dass ich nur seine Hure sein soll und, dass er mich nicht liebt. Das ist doch alles nur erlogener Dreck!", wütend verschränkte ich die Arme vor der Brust.
"Hast du mal gesehen, wie der Typ mir in letzter Zeit hinterher gerannt ist? Dieser todtraurige Blick, der mich immer noch verfolgt?", von plötzlichem Mut erfasst überschlugen sich meine Worte fast.
"Oder der Kuss! D-der Kuss war so verzweifelt, als hätte er mich nie wieder loslassen wollen! Glaubst du wirklich, dass er mich nicht liebt!?
Ich glaube ja eher, du suchst verzweifelt nach einer Erklärung, warum er dich nicht liebt. Aber die Wahrheit ist, er liebt dich nicht, weil du ein beschissenes-", die Worte blieben mir im Hals stecken, denn der tobende Blick mit dem Clark mich ansah und seine zu Fäusten geballten Hände ließen auf nichts Gutes schließen.

"An deiner Stelle würde ich ein bisschen vorsichtiger sein, was ich gleich sage. Es könnte sein, dass wir hier noch ziemlich lange festsitzen. Und wir wollen doch beide nicht, dass deinem wunderschönen Gesicht, das Tim so sehr liebt, etwas passiert", er spuckte die Worte aus, als wären sie Dreck und packte mich erneut am Kragen.

Mein Herz schlug mir bis zum Hals und als dann plötzlich mein Handy klingelte hätte ich fast vor Schreck geschrien.

Hektisch stieß ich Clark von mir weg und zog mein Handy aus meiner Hosentasche.
Das ich da nicht gleich draufgekommen war. Jemanden anzurufen, der mich aus dieser Hölle befreien konnte.

So schnell ich konnte nahm ich den Anruf an und erschrak, als ich Tim's Stimme am anderen Ende hörte.

"Hey Stegi... Ich wollte nur fragen, wo du bist und ob es dir gut geht."

Die Antwort drauf kam nur stockend über meine Lippen.
"Es geht mir gut...", eigentlich wollte ich noch mehr sagen, doch ich fand einfach nicht die passenden Worte.

"Wer ist das?", knurrte Clark, dessen Fäuste meinem Gesicht immer noch gefährlich nahe waren.
"Tim", flüsterte ich unmerklich, eigentlich eher zu mir selbst, als zu Clark. Doch eh ich mich versah, hatte Clark mein Handy geschnappt und drückte, zu meiner Verwunderung, nur den Lautsprecherknopf.

"Hör mal Stegi, es tut mir leid, wenn du meinetwegen gegangen bist... U-und ich wollte dich damit auch eigentlich nicht belasten, aber... Jay geht es total mies seit dem du weg bist... Und mir auch."
Man konnte hören, dass es ihm, ähnlich wie mir, schwerfiel die passenden Worte zu finden, doch er brachte es wenigstens übers Herz die Wahrheit zu sagen.

"Tim ich...", stotterte ich, Clark's verletzten Blick in meinem Nacken spürend, wie eine Nadel, die sich tief unter meine Haut bohrte.
"Ich bin nicht wegen dir gegangen. Ich bin noch nicht einmal wirklich weg", lachte ich sanft. "Ich bin in einem Hochhaus, Louisstraße 8 oder so. Besser gesagt stecke ich in einem Fahrstuhl fest."

Ich hatte keine große Lust Tim mein Herz auszuschütten, während Clark neben mir stand, also hielt ich es für besser, erstmal aus diesem Fahrstuhl zu kommen.

"Mit Clark...", fügte ich nach einer Weile zögerlich hinzu, um dem Ganzen einen dringlicheren Anschein zu geben. Was bei Clark's zitternden Fäusten, die ich aus dem Augenwinkel sehen konnte, sicherlich nicht unberechtigt war.

Erst hörte man es am anderen Ende nur Rauschen, als hätte er es fallen lassen dann ertönte Tim's Stimme wieder, diesmal etwas gehetzter klingend. "Ich bin sofort da!", im Hintergrund hörte man, das dumpfe Geräusch seiner schnellen Schritte auf der Straße.
Dann legte er auf.

I didn't mean to || Stexpert Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt