1. Rückkehr

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Harry fluchte innerlich, als er sah wie spät es war. Der junge Zauberer hatte verschlafen und war zum King's Cross Bahnhof appariert. Warum er seinen verdammten Wecker nicht gehört hatte, konnte Harry sich noch immer nicht erklären. Hektisch lief er zum Gleis und atmete erleichtert aus, als er die Umrisse des Zuges ausmachte. Er hatte Glück, dass er noch nicht los gefahren war. Der Zug wartete nämlich auf niemanden. Auch nicht, wenn man Harry Potter hieß und den dunklen Lord besiegt hatte. Er beschleunigte seinen Gang und nahm zum ersten Mal an diesem Morgen seine Umgebung war. Der Gleis war fast leer, was bei der Uhrzeit auch kein Wunder war. Nur ein kleines Mädchen stand zitternd vor dem Zug und verabschiedete sich weinend von ihren Eltern. Wahrscheinlich eine Erstklässlerin dachte Harry und musste plötzlich wieder an sein erstes Mal im Hogwarts Express denken. Vor sieben Jahren hatte sich sein Leben komplett verändert. Er erinnerte sich daran zurück wie aufgeregt er gewesen war, er neben einem rothaarigen Jungen im Abteil gesessen und Schokoladenfrösche gegessen hatte. Damals war alles noch so anders gewesen. Nicht umbedingt einfacher aber anders. Harry stieg in den Zug und machte sich gleich auf die Suche nach seinen besten Freunden, als plötzlich eine Horde jüngerer Schüler auf ihn losstürmten.

"Bist du Harry Potter?" fragte ein kleiner dürrer Junge und machte große Augen.
"Natürlich ist er das!" zischte ein Mädchen hinter ihm.
"Siehst du nicht die Narbe?"
"Bekomm ich ein Autogramm?" fragte der Junge aufgeregt.
Harry war die Situation extrem unangenehm. Als er noch in der Welt der Muggel gelebt hatte, war er ein Außenseiter gewesen, doch in der Zaubererwelt war er eine Berühmtheit. Dabei wollte Harry nur ein normaler Junge sein. So normal wie es eben für einen Zauberer ging.
Er schrieb schnell seinen Namen auf das Kräuterkundebuch des kleinen Jungen, um nicht noch mehr Aufmerksamkeit zu bekommen.
Danach machte sich weiter auf die Suche nach Hermine und Ron. Normalerweise trafen sie sich immer vor dem Zug, doch weil er so spät dran war, waren sie schon ohne ihn eingestiegen.

Als er Rons rote Haare aufleuchten sah, atmete Harry erleichtert aus und betrat das Abteil seiner Freunde.
"Warum bist du so spät? Und du hast in den letzten Wochen kaum etwas von dir hören lassen" sagte Ron vorwurfsvoll und sah ihn erwartend an.
Harry hatte wie viele anderen Schüler, den ersten Teil der Ferien damit verbracht Hogwarts wieder aufzubauen, aber die letzen Wochen hatte er alleine in dem Haus verbracht, das Sirius ihm vererbt hatte. Er hatte es renoviert, neue Möbel gekauft und versucht es zu seinem Zuhause zu machen. Harry überkam wieder eine starke Trauer, als er an seinen Paten dachte. Sein Verlust schmerzte Harry noch immer stärker als er zugeben wollte.
Bevor Harry jedoch antworten konnte, betrat Ginny stürmisch ihr Abteil.
Er hatte eigentlich gehofft sie nicht zu sehen. Zumindest noch nicht im Zug.
"Harry, da bist du ja!" rief sie erfreut und lächelte Harry an.
"Hi, Ginny" begrüßte Harry sie und nahm seine Tasche von dem Platz neben sich, damit sie sich setzen konnte.
"Ich freue mich so auf dieses Schuljahr. Jetzt wo ihr wisst schon wer nicht mehr da ist" sagte sie gelassen und setze sich.
"Er ist tot. Glaubst du nicht es ist an der Zeit, dass wir seinen Namen endlich sagen können?"
"Ja, du hast recht" sagte Ginny kurz angebunden, fing dann aber weiter an zu reden.
"Jetzt können wir endlich Spaß haben und das Schuljahr genießen, ohne ständig an die drohende Gefahr zu denken."

Ginny hatte sich sehr nach dem Tod ihres Bruders verändert. Sie versuchte alles um seinen Verlust zu verdrängen und war kaum noch wieder zu erkennen. Das war auch einer der Gründe, warum Harry sich von ihr getrennt hatte. Sie war nicht mehr das lustige und schlagfertige Mädchen in welches er sich verliebt hatte, sondern war zu einem Schatten ihrer selbst geworden. Ginny sprach vom Krieg, als wäre er ein Quidditch Spiel gewesen und ignorierte die Grausamkeit und die Opfer die er gebracht hatte. Jeder hatte seine eigene Weise, um mit den Geschehnissen umzugehen und Ginny half es alles zu verdrängen.

"Schule bedeutet nicht nur Spaß!" mischte Hermine sich plötzlich in ihre Unterhaltung ein.
"Wir sollten die Zeit nutzen um zu lernen. Wir haben ja bereits einem kleinen Vorsprung, auf den sollten wir uns nicht ausruhen. Ich schlage vor-"
"Komm mal runter Hermine" unterbrach Ron sie und verdrehte die Augen.
"Wir sind noch nichtmal in Hogwarts und trotzdem redest du nur vom lernen."

Harry war todmüde und und versuchte die Gespräche der anderen auszublenden.
Er konnte es kaum erwarten nach Hogwarts zurück zukehren.
Er gab es vor den anderen nicht zu, aber insgeheim war er froh darüber, dass sie das Schuljahr wiederholten. Er liebte die Schule, die mittlerweile sein Zuhause geworden war und war froh darüber nochmal die Chance zu haben um sich richtig von Hogwarts zu verabschieden.

Die Fahrt kam Harry ungewohnt kurz vor, da er auf dem halben Weg eingeschlafen war.
Das letzte woran er sich erinnerte, war eine Diskussion von Ron und Hermine. Ron war nämlich nicht einverstanden mit dem Lernplan, den Hermine für die beiden entworfen hatte.
"Guck mal,wer da kommt" zischte Ginny und schaute feindselig in Harrys Richtung.
"Malfoy wiederholt auch?" fragte Ron ungläubig und drehte sich um.
"Dass der sich traut nochmal ein Fuß in die Schule zu setzten, nach allem was er getan hat!"
"Das ist doch klar" antwortete Hermine "Wir haben noch keinen Abschluss im siebten Jahr erreicht. Malfoy wurde dank Harry freigesprochen, wenn er nicht sein Leben lang finanziell von seinem Vater abhängig sein will, muss er logischerweise, wie wir alle das siebte Schuljahr bestehen, um eine gute Arbeit zu finden. Außerdem hat er in den Ferien auch geholfen Hogwarts wieder aufzubauen."
"Das war auch das mindeste was er machen konnte. Seine Todesser Freunde haben es immerhin zerstört und danke, dass du dich für ihn eingesetzt hast" sagte Ron ironisch.
"Man Harry, wir wären ihn losgeworden!"
"Ich mag ihn ja auch nicht, aber Askaban hat er nicht verdient."
"Gerecht wie immer, der große Saint Potter" sagte eine bekannte Stimme spöttisch.

Harry drehte sich um und Draco Malfoy stand vor ihm. Es kam ihm vor, als hätte er ihn Jahre nicht mehr gesehen, obwohl es nur wenige Monate waren. Seit der Gerichtsverhandlung hatten sie nicht mehr miteinander gesprochen. Sie hatten zwar beide geholfen Hogwarts wieder aufzubauen, hatten dabei aber kein Wort miteinander gewechselt. Er hatte schon vermutet, dass Malfoy ihre Feindschaft begraben würde, nachdem er für ihn ausgesagt hatte, dass schien aber nicht der Fall zu sein und irgendwie beruhigte es ihn. Seine Rivalität mit Malfoy gehörte in den letzen Jahren zu seinem Alltag und gab ihm ein Stück Normalität zurück, das er nach dem Krieg gut gebrauchen konnte.
"Was willst du Malfoy?" fragte Harry genervt.
"Oh, warum so unfreundlich Potter? Ich wollte mich doch gerade für deine unendliche Gnade bedanken, dass du für meine Familie ausgesagt hast."
"Hau ab, Malfoy!"
Malfoy knirschte mit den Zähnen, verschwand aber nach Rons Aufforderung.
"Das war ja leicht, wenn ich wüsste das Malfoy uns nach einem einfachen Hau ab in ruhe lässt, hätte ich in den letzten sieben Jahren nicht anderes zu ihm gesagt."
"Vielleicht ist er auch reifer geworden und sieht ein, dass ihm sein Verhalten nicht mehr weiterbringt" überlegte Hermine laut.
"Ja genau und Kobolde können fliegen" erwiderte Ron und schüttelte den Kopf.

Second Chance | DrarryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt