6. Albträume

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Harry konnte noch immer nicht glauben was passiert war. Hatte er sich tatsächlich mit Draco Malfoy angefreundet? Den Jungen, den er sieben Jahre gehasst hatte. War es überhaupt möglich sich mit jemanden anzufreunden, den man jahrelang verachtet hatte? Harry wusste noch nicht einmal, ob er Malfoy wirklich trauen konnte. Er war kein Todesser mehr, aber vielleicht hatte er andere Hintergedanken. Harry wälzte sich in seinem Bett hin und her. Er konnte wieder nicht einschlafen und er wusste auch nicht ob er schlafen wollte. Seit Monaten hatte er Albträume. Wenn er träumte fühlte sich alles so real an. Er hatte gehofft, dass die Träume aufhören würden, nachdem er Voldemort gestorben war. Doch sie wurden nur schlimmer. Harry versuchte die Gedanken zu verdrängen und schloss die Augen.

Als er sie wieder öffnete grinste ihn eine weiße Grimasse gehässig an.
Er war nicht alleine. Er hielt einen Jungen mit schwarzer Kute am Arm fest und richtete seinen Zauberstab auf ihn. Harry erkannte sein Gesicht nicht. Doch die Stimme die leise um sein Leben flehte kannte er. Es war Malfoy.
"Du hast mich zum letzten Mal enttäuscht", sagte Voldemort und hob seinen Stab. Bevor Harry reagieren konnte, war Malfoy im grünen Licht gehüllt und fiel leblos zum Boden. Harrys Körper zitterte. Er war wie gelähmt. Er musste hier weg. Doch wo sollte er hin. Er hatte keinen Stab und war nun alleine mit Voldemort. Keiner konnte ihm helfen.
"Es wird nie vorbei sein", zischte seine kalte Stimme und richtet den Stab auf Harry. Er hoffte, dass es Ron und Hermine gut ging. Dann fiel er ebenfalls. Er hörte einen Schrei. Es war seine eigene Stimme, doch es fühlte sich so fremd an.

"Wach auf, Harry", sagte Ron und packte ihn grob an den Schultern.
Als Harry schweißgebadet die Augen öffnete wurde ihm bewusst, dass er sich wieder in der Realität befand. Er atmete erleichtert aus. Voldemort war nicht zurück. Er würde nie wieder zurück kommen.
"Hattest du einen Albtraum? Du hast angefangen zu schreien."
"Ich erinnere mich nicht mehr", log er. Er wollte niemanden erzählen, dass er jede Nacht von Albträumen geplagt war. Er hätte ein Stillezauber über sein Bett legen sollen. Sie sollten sich keine Sorgen um ihn machen. Er hatte ihr Mitleid nicht verdient. Immerhin war er noch am Leben.
"Tut mir leid, dass ich mein Essen so ausgerastet bin. Es ist nur- nach Freds Tod kann ich den Todessern niemals verzeihen."
Harry legte den Arm um seinen besten Freund. "Es tut mir leid, Ron" flüsterte er.
"Ist schon okay. Es ist nicht deine Schuld."
"Wenn du darüber reden wi-"
"Nein", unterbrach Ron ihn.
"Okay. Aber wenn du es dir anderes überlegst, bin ich für dich da."
"Danke", sagte Ron ruhig und ging wieder zurück in sein Bett.
"Gute Nacht, Ron", sagte Harry bevor er erneut die Augen schloss.
"Gute Nacht", hörte er Ron noch leise nuscheln und schlief dann wieder ein.

Als Harry wieder aufgewacht war, war er froh darüber keinen weiteren Albtraum gehabt zu haben. Er stand langsam auf und sah das er alleine im Schlafsaal war.
Als er auf die Uhr sah verstand er es. Es war bereits halb zehn und die anderen waren wohl schon beim Frühstück. Harry war kurz beleidigt, dass sie ihn nicht geweckt hatten, setzte sich dann aber die Brille auf und zog sich schnell an.
Harry musste sich beeilen, wenn er noch etwas vom Essen abhaben wollte. Das Frühstück ging nur bis zehn und er brauchte vom Gryffindor Turm bis zur großen Halle mindestens zehn Minuten.
Mit dem Gedanken beim Frühstück lief er los und bemerkte erst, dass jemand vor ihm stand als er in Malfoy hineinlief.
Harrys Brille fiel auf den Boden und als Harry sie gerade aufheben wollte, trat er ausversehen drauf. Harry fluchte als er das knacken hörte. Malfoy lachte leise und hob die kaputte Brille auf.
"Hast du vergessen, dass wir Zauber sind?"
Er zog seinen Stab raus, murmelte "Reparo" und die Brille war wieder wie neu.
"Eigentlich Schade, Potter", sagte Malfoy.
"Was?" fragte Harry und versuchte sich die Brille von ihm zurück zu holen.
"Ohne Brille siehst du nicht mehr ganz so beschissen aus, hol dir doch Kontaktlinsen."
"Ist das ein Kompliment Malfoy?" fragte Harry und zog eine Augenbraue hoch. Malfoy wirkte gut gelaunt. Ganz anders als gestern Abend. Einerseits freute er sich, dass es ihm besser ging, aber irgendwie fand er den Stimmungswandel auch seltsam.
"Vielleicht" antwortete er und gab Harry die Brille zurück.
"Komm wir müssen uns beeilen, sonst kriegen wir kein Frühstück mehr." Harry ging los und zog Malfoy am Ärmel seines Pullovers mit sich als er merkte, dass dieser sich nicht bewegte.
"Ich komme. Hör auf meinen Pullover auszuleiern."
"Warum bist du eigentlich so spät dran?" fragte Harry.
"Hab verschlafen" antwortete er knapp.
"Hat dich keiner aus dem Schlafsaal geweckt?"
"Ich habe ein Einzelzimmer und dich scheint auch keiner geweckt zu haben."
Ein Einzelzimmer hatte er sich auch öfters gewünscht. Es war zwar nicht schlimm sein Zimmer mit seinen Freunden zu teilen, doch gegen ein bisschen mehr Privatsphäre, hätte er nichts einzuwenden.
"Wir sind doch jetzt irgendwie Freunde, sollten wir uns nicht beim Vornamen nennen?" überlegte Harry laut während sie sich auf den Weg zur großen Halle machten.
"Ich benutze bei fast jedem den Nachnamen. Warum sollte ich bei dir eine Ausnahme?" fragte er und beschleunigte sein Gang.
"Alle sind aber nicht deine Freunde" erwiderte Harry.
"Da finde ich habe ich schon das Privileg verdient, dass du meinem Vornamen benutzt."
"Ich überlege es mir, Potter", antwortete er und grinste.
Als sie die Halle erreichten verabschiedeten sich die beiden voneinander und gingen zu deren Tische.

"Wir sehen uns, Draco!" rief Harry ihm noch zu und betonte insbesondere seinen Vornamen.
Seine Freunde waren schon da und saßen an ihren Tischen.
Ron starrte Harry ungläubig an. "Draco? Wie ist das bitte passiert?"
"Erzähl ich dir später, danke übrigens, dass keiner mich geweckt hat."
Ron guckte schuldbewusst.
"Ich dachte du könntest noch etwas Schlaf brauchen nach gestern Nacht."
"Frühstück hab ich noch dringender gebraucht" sagte Harry und biss in sein Marmelade Brötchen.
"Was war denn gestern Nacht?" fragte Hermine neugierig.
"Harry hatte einen Albtraum" antwortete Ron wahrheitsgemäß und kassierte sich dafür einen tritt ans Schienenbein.
Harry wollte nicht das seine Albträume auch noch zum Gesprächsthema wurden.

Second Chance | DrarryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt