11. Einsicht

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Nach dem Unterricht saß Draco mit seinen Freunden im Gemeinschaftsraum und versuchte Hausaufgaben zu machen.
Er war noch immer wütend nach seinem Gespräch mit Harry.
Er verstand einfach nicht, warum Harry noch so sauer auf ihn war, obwohl Blaise offensichtlich die Schuld trug.
Draco hatte sich sogar entschuldigt, aber er hatte ihn einfach abgewiesen und wenn er mit eins nicht gut klar kam, dann mit Zurückweisungen.
Das war auch einer der Gründe, warum er Harry all die Jahre schikaniert hatte.
Er wollte es ihm heimzahlen, dass er sein Freundschaftsangebot nicht angenommen hatte und jetzt machte Harry es nochmal.
Vor lauter Wut warf er sein Astrologiebuch auf den Tisch. Anscheinend etwas zu heftig.
Der Knall war so laut, dass alle sich plötzlich zu ihm umdrehten.

"Beruhig dich Draco" Blaise grinste ihn an und lachte.
Draco setze ein falsches Lächeln auf und las weiter in einem Buch über Zaubertränke.
Draco konnte Blaise nicht ausstehen. Er hatte ihn in all den Jahren auf Hogwarts noch nie gemocht.
Er hasste alles an ihm seine Angeberei, sein dummes Gerede über Mädchen und das er versuchte ihm seinen Platz bei den Slytherins streitig zu machen.
Er war derjenige auf den alle hörten und respektieren sollten, nicht Zabini.
Doch Draco war schlau genug keinen Streit mit ihm anzufangen. Noch nicht zumindest.
Vor dem Krieg waren Todesser und Unterstützer Voldemorts hoch angesehen in ihrem Hause. Jetzt nachdem sie verloren hatten, galten sie nur noch als Dreck und Draco gehörte zu diesem Dreck. Es war schwer sein Ansehen und den Namen Malfoy wieder zum alten Stolz zu bringen. Insbesondere, wenn der Vater in Askaban und die Mutter nur auf Bewährung frei war. Doch Draco war fest davon überzeugt dies zu schaffen. Das einzige was ihn noch daran hinderte alles hinter sich zu lassen war, das hässliche dunkle Mal auf seinem Unterarm, welches ihn jeden Tag an die Angst erinnerte, die er gespürt hatte als er zum Todesser wurde.
Aber waren Macht und Respekt wirklich alles was er momentan wollte?
Draco wusste es selbst nicht. Nach dem Krieg war er endlich frei von den Todessern und den Erwartungen seiner Familie. Doch er wusste nicht was er mit dieser Freiheit anstellen sollte.
Er hatte immer nur das gemacht, was andere von ihm verlangten und jetzt konnte er endlich für sich selbst entscheiden, aber änderte nichts.
Er hatte sich tief im inneren immer ein Leben ohne Hass und Gewalt gewünscht. Mit seiner Freundschaft zu Harry, war er dem ein Stück näher gekommen. Doch da er wieder alles kaputt gemacht hatte und Harry ihn jetzt wieder hasste, war seine einzige Hoffnung vielleicht doch den richtigen Weg zu wählen zunichte gemacht worden.

Am nächsten Morgen wachte Harry ausnahmsweise mal pünktlich auf.
Es war die erste Nacht seit langem in der er sich erholen konnte.
Harry sah sich im Schlafsaal um und erkannte, dass er der einzige war der nicht mehr schlief. Leise stand er auf und ging unter die Dusche.
Heute fing offiziell das Quidditch Training wieder an und Harry konnte es kaum erwarten mit dem Besen durch die Luft zu fliegen.
Dabei konnte er vielleicht auch die Sache mit Draco vergessen, die ihn einfach nicht losließ. Warum machte er sich nur wo viele Gedanken um Draco. Er sollte einfach damit abschließen. Die Freundschaft zu ihm war ein Fehler gewesen, genau wie der Kuss.
Doch auf merkwürdige Art vermisste er ihn. Wenn man ihn genauer kannte, war er eigentlich ein ganz guter Gesprächspartner.

"Seit wann bist du denn Frühaufsteher?" fragte Ron mit einem verschlafenen Ausdruck im Gesicht und musterte Harry, der geduscht und in Schuluniform vor ihm stand.
"Seit heute" antwortete er und fuhr sich durch die frisch gewaschenen Haare.
Als Harrys Freunde endlich fertig waren, gingen sie gemeinsam zum Frühstück.
"Wenn Zabini oder Malfoy noch ein Wort gegen dich sagen machen wir sie fertig" sagte Seamus eindringlich und Neville, Ron und Dean nickten. Harry war froh über die Unterstützung seiner Freunde, doch er hoffte, dass es zu keiner weiteren Auseinandersetzung kommen würde.

Harry atmete tief ein und betrat dann den Speisesaal. Ein Duft von frischen Brötchen lag in der Luft und Harrys Magen begann unangenehm zu knurren.
Er setzte sich neben Hermine auf die lange Holzbank und nahm sich eine riesige Portion Rührei auf den Teller. Erst als er sein zweites Brötchen gegessen hatte, merkte er wie sein Sättigungsgefühl langsam einsetzte. Da er sein Essen eillig heruntergeschlungen hatte war er als erstes fertig und ließ seinen Blick durch die Halle wandern. Beim Slytherintisch stoppte er, als er erkannte, dass Draco ihn ansah oder besser gesagt anstarrte. Harry sah ebenso eindringlich zurück und wollte auf keinen Fall als erstes den Blickkontakt beenden, dann hätte er verloren. Als er sein Gesicht allerdings so lange ansah, musste er wieder an Sonntag denken. Wie er Harry mit seinen weichen Lippen geküsst hatte und seinen Arme um ihn geschlungen hatte. Harry wurde rot und beendete dann doch den Blickkontakt. Warum musste er gerade jetzt daran denken und warum zur Hölle konnte Draco so gut küssen.
Wo hatte er das nur gelernt fragte er sich und konnte ein Gefühl nicht abstellen, dass ihn an Eifersucht erinnerte. Aber warum sollte er eifersüchtig sein?
Draco war ein arroganter Idiot und die beiden waren nicht mal mehr befreundet.
"Harry worüber denkst du so angestrengt nach?" fragte Hermine und lächelte ihn an.
"Ehm, über die Hausarbeit in Verteidigung gegen dunkle Künste" stotterte Harry.
"Soll ich dir dabei helfen? Ich bin schon fertig."
"Schon gut, ich bekomm das hin" antworte er und kramte in seiner Tasche, um zu gucken ob er seine Schulbücher dabei hatte. Die Hausarbeit musste er nämlich wirklich noch machen.
Dabei wurde ihm plötzlich bewusst, dass er seinen Stab vergessen hatte. Er hatte sich die Schultasche mit den Büchern wie immer Abend gepackt, aber sein Stab lag noch in der Kommode. Normalerweise hatte er ihn in seiner Umhangtasche, doch heute hatte er nicht dran gedacht.
Wie konnte er nur seinen Stab vergessen, das war ihm noch nie passiert.
Harry schüttelte ungläubig den Kopf.
"Bin gleich wieder da. Ich hab meinen Stab vergessen" rief Harry und sprintete dann los.
"Pass auf Harry, nächstes mal vergisst du noch dein Gehirn" hörte er Dean rufen.

Second Chance | DrarryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt