№62

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5. Dezember

[BBH]

,,Wenn man in jemanden verliebt ist, ist es normal, dass man ständig verletzt wird. Ich war ständig verletzt, wenn Kyungsoo auch nur jemand anderes angelächelt hat. Mit der Zeit legt sich das, weil du die Taten des Anderen akzeptierst. Klar ist es nicht in Ordnung, dass er dir auf diese Weise weh tut, aber auch das wird dich legen, wenn ihr darüber redet, meinst du nicht?" ,,Nini hat recht. Auch wenn Chanyeol nicht einfühlsam ist, bedeutest du ihm was. Er macht sich verrückt und das ist echt scheiße anzusehen.", ergänzt Kyungsoo und schnappt sich einen Teil des Essens, ehe er verschwindet und mich noch immer verzweifelt mit Jongin alleine in der Küche zurücklässt. ,,Na komm, lassen wir das erstmal und essen was."

,,Willst du noch irgendwas gucken, oder lieber schlafen gehen?" ,,Ich würde jetzt eigentlich doch ganz gerne raus gehen... Spazieren oder so.", sage ich leise und sehe beschämt zu Jongin. Erst sage ich ich will nicht raus und dann will ich es doch. ,,Soll ich mit oder willst du deine Ruhe haben?" ,,Alleine wäre ganz nett. Tut mir leid." ,,Ist schon gut, ich verstehe das schon.", winkt Jongin ab und lächelt aufmunternd. Während er sich darum kümmert, den Abwasch zu machen und den Müll zu sortieren, schleiche ich mich also, gewappnet mit dicker Jacke, Schuhen und Schal, aus der Erdgeschosswohnung. Draußen empfängt mich sofort die allbekannte Winterkälte. Bloß schade, dass kein Neuschnee mehr gefallen ist. Der Alte ist schon längst zu Marsch getreten worden und alles was noch übrig ist, ist ein braunes Gewässer, das einem die Stimmung eher vermiest, als das es jemanden aufmuntert. Seufzend stoße ich die Luft aus meinem Körper und sehe dabei zu, wie sie schleierhaft weiß in die Dunkelheit der Dämmerung verschwindet. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit, in der ich die Umgebung gemustert und noch zwei weitere Male ein lautes, unüberhörbare Seufzen von mir gegeben habe stapfe ich den wässrigen Weg entlang, in südliche Richtung. Ich selbst habe keinen Plan was ich tun will oder wo mein Weg langlaufen soll und dennoch habe ich ein Ziel; ich will mit sortieren und klären Gedanken zurückkehren und mir bewusst über meine Gefühle sein. Und außerdem will ich mich trauen Chanyeol anzusprechen, auch wenn ich noch immer nicht bei ihm schlafen möchte. Er hat mir körperlich und seelisch wehgetan, da werde ich ihm nicht so einfach verzeihen und in sein unfassbar bequemes Bett schleichen. Aber wenn ich mit mir ehrlich bin, weiß ich, dass es nicht der Stolz oder meine Würde ist, die mich von einem klärenden Gespräch abhält, sondern die Furcht die ich davor habe. Schon mein zierliches Äußeres gibt anderen Menschen zu verstehen, dass ich leicht zu brechen und zu verletzten bin.

Schon nach wenigen Minuten bin ich von meinem eigenen Gedanken deprimiert und kicke mir verzogener Miene einen Stein zur Seite. Das was ich für Chanyeol empfinde, würde ich als Liebe bezeichnen und laut Jongin und Kyungsoo müsste er ja ebenfalls etwas für mich empfinden. Dieser Fakt ist eigentlich ziemlich erfreulich, wenn man dem heutigen Tag außer acht lässt. Aber mit dem heutigen Tag, verwirrt mich das alles umso mehr. Wenn er doch etwas für mich empfindet, muss er sich doch entschuldigen wollen und ein schlechtes Gewissen haben. Meine Wut war nicht zu überhören, genauso wenig wie die Tatsache, dass ich geweint habe. Ich bin bei weitem niemand, der leise weit. Warum also kommt von ihm nichts? Muss ich jetzt nachgeben, obwohl er mich verletzt hat? Ich will nicht einer dieser Menschen sein, die immer wieder zu dem Leuten zurückkehren, die einem weh tun. Das will ich beim besten Willen nicht. Ich bin zwar schon tief gesunken, so tief allerdings nun auch noch nicht! Trotzdem will ich das klären! Bevor Chanyeol sich allerdings nicht entschuldigt hat, werde ich das auch nicht tun!

good for you [p.cy b.bh]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt