5.Kapitel

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»Ich sehe Sie zum ersten Mal hier«, sagte eine Frau, die sich gerade mit einem Glas Sekt neben mich gestellt hatte und mich von oben bis unten anzüglich betrachtete. Sie war vielleicht Anfang dreißig, mit blonden hochgesteckten Haaren und braunen Augen. Sie trug ein weißes, edles Kleid, Perlenohrringe und selbst ihre Zähne strahlten unnatürlich weiß.

»Und vermutlich auch das einzige Mal«, sagte ich mit dem freundlichsten Lächeln, welches ich aufbringen konnte und sie schien förmlich dahin zu schmelzen.

»Sind Sie ein Unternehmer oder vielleicht in einem geheimen Auftrag unterwegs?«, versuchte sie zu scherzen, und ich hatte langsam Mühe mein Lächeln noch länger aufrecht zu halten.

»Darüber darf ich natürlich nicht sprechen«, gab ich höflich mit einem Augenzwinkern zurück.

»Sie sehen noch so jung aus, nicht so wie die meisten anderen Geschäftsführer oder Politiker.« Beim Sprechen berührte sie zaghaft meinen Arm und betastete meine schlanken, kaum sichtbaren Muskeln. Ihr offensichtliches Interesse und der Versuch mit mir zu Flirten war kaum zu übersehen, was bei mir schon beinahe Brechreiz auslöste. Es war nicht so, dass sie nicht gut aussah – aber sie wirkte wie genau diese Art von luxusliebenden Frauen, der man lieber aus dem Weg gehen sollte, wenn man nicht vollkommen arm auf der Straße landen wollte.

»Nun, ich muss langsam wieder los. Entschuldigen Sie mich.« Sie nickte und ließ mich endlich los, die Stelle welche sie berührte hatte begann unangenehm zu kribbeln. Ich drehte mich und seufzte genervt auf, hoffte dass diese Feier bald vorbei war und ich endlich nach Hause konnte.

Es dauerte einen Moment, ehe ich Will erspähte, der gerade in der Nähe des Buffets stand und sich ein Glas Wein genehmigte.

»Die wie vielte war das schon?«, fragte er grinsend, als er mich sah, und ich verdrehte genervt die Augen.

»Wir sind nicht dafür hier. Wo ist Sebastian?«, zischte ich leise. Wir sollten uns zwar nicht zu offensichtlich zu ihm stellen, aber ihn trotzdem nah genug bei uns behalten, dass wir jeder Zeit eingreifen konnten.

Will nickte in eine Richtung und mein Blick glitt hinüber zu Sebastian, der sich gerade mit einem älteren Herr unterhielt, der mir dunkel von irgendwelchen Werbeplakaten bekannt vorkam.

»Mit diesem Lächeln, deinem Aussehen und deiner übertriebenen Höflichkeit fällst du auf. Es ist heute praktisch so als versprühst du deine Pheromone wohin du nur gehst.«

»Du bist nicht hier um darauf zu achten mit wie vielen Frauen ich rede, sondern um unseren Auftrag auszuführen.« Er seufzte und gab es auf mich damit aufzuziehen, sondern kümmerte sich tatsächlich darum Sebastian im Blick zu behalten.

Dieser löste sich gerade von seinem Gesprächspartner los und schritt zu uns herüber, wobei er die Mundwinkel unglücklich nach unten gezogen hatte.

»Ich dachte Sie werden dafür bezahlt mich zu beschützen und nicht um mit Frauen zu flirten«, sagte er zu mir gewandt und Will neben mir kicherte.

»Es gehört ebenso zu unserem Job nicht aufzufallen und uns natürlich zu verhalten«, erwiderte ich, obwohl ich normalerweise auf einen solchen Kommentar nicht eingegangen wäre, aber irgendwie war ich heute ziemlich genervt.

Ein Kellner kam vorbei und bot uns ein Glas Wein an, Sebastian und Will griffen zu, während ich ein eher seltsames Gefühl bekam. Gerade wollte Sebastian ansetzen und einen Schluck trinken, als ich sein Handgelenk festhielt.

»Irgendetwas stimmt nicht.« Sebastian zog eine Augenbraue hoch, dann schnupperte er vorsichtig an dem Wein und betrachtete ihn genauer.

»Was soll daran nicht stimmen? Er riecht normal und seine Farbe hat sich auch nicht geändert.«

Nameless (Boyslove)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt