12.Kapitel

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~Rückblende~

»Wie heißen Sie?«, fragte der Mann, seine Stimme klang hart und bedrohlich, sie ließ keinen Zweifel daran wozu er fähig war.

»Nummer 71748.« Ein Schlag ins Gesicht, dann wurde ich grob an den Haaren gepackt und nach hinten gezogen.

»IHREN NAMEN!«, brüllte der Mann nun, seine Geduld schien sich langsam dem Ende zu neigen, dann nahm er sich eine dicke, lederne Peitsche und ließ sie auf meinen Oberkörper schnellen, wo sie mir die Haut aufriss und eine blutige Spur hinterließ.

»Nummer 71748«, wiederholte ich, als wären es die einzigen Wörter die ich kannte. Es folgten noch ein paar Peitschenhiebe, ein Stromschlag und Schläge, doch ich wiederholte immer nur die Zahl, wie ein Mantra, in Gedanken betend dass es endlich vorbei sein würde. Keine der Fragen beantwortete ich, weder die über meinen Namen, noch die über die geheimen Informationen oder meinen Teammitgliedern, welche mich erst ausgeliefert hatten und wegen denen ich hier saß. Ich ertrug alles, versuchte mich an den Schmerz zu gewöhnen, auch wenn das wohl kaum möglich war.

Ich wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, es fühlte sich an wie Stunden, vielleicht auch Tage, aber das Training war bald beendet, ich wurde befreit und auf die Krankenstation gebracht, wo sie meine Wunden versorgten. Doch die Narben würden bleiben und mich für immer an all das erinnern, was mir hier angetan wurde.


»Seth, wach auf.« Ich schreckte aus meinem Traum, oder viel mehr Erinnerung hoch. Schmerz durchzuckte meine Schulter und erinnerte mich so daran, dass ich mich wieder in der Gegenwart befand, nicht mehr in der Zeit von damals. Will beugte sich über mich und für einen kurzen Moment glaubte ich Vine über mir zu sehen, wie damals als er sich Nachts heimlich ins Krankenzimmer geschlichen hatte, um mit mir zu reden, doch als ich blinzelte war sein Gesicht wieder verblasst.

»Habe ich geschrien? Oder warum hast du mich aufgeweckt?«, fragte ich und rieb mir die Augen. Will zog eine Augenbraue nach oben.

»Nein, ich habe nur kurz nach dir gesehen, weil du immer noch schläfst. Du hast dich unruhig umhergewälzt und weil ich nicht wollte das dir deine Schulter wehtut hielt ich es für besser wenn ich dich wecke. Hattest du einen Albtraum?« Seine Stimme klang seltsam besorgt, was überhaupt nicht zu ihm passte und ich schüttelte mit dem Kopf.

»Nein, es war nicht wirklich ein Albtraum.« Ich schwang die Beine über das Bett. Mein Magen knurrte hörbar und ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass es schon kurz nach Zwölf war. Ich hatte schon lange nicht mehr so lange geschlafen, das war ungewöhnlich. Will sah mich an, als glaubte er mir nicht wirklich, aber er fragte auch nicht weiter nach sondern verließ mein Zimmer, damit ich mich in Ruhe umziehen konnte.

Er hatte mir sogar einen Kaffee mitgekocht und ihn mir auf den Tisch gestellt.

»Ich war gerade bei Sebastian, weil ich etwas mit ihm bereden wollte. Er meinte, dass er uns gerne bei unseren Aufträgen behilflich ist, wenn wir die Meinung eines Hackers brauchen.«

»Du weißt wie gefährlich unser Job ist und ich möchte ihn nicht unnötig in Gefahr bringen.« Meine Stimme klang etwas schärfer als beabsichtigt. Will presste verärgert die Kiefer aufeinander, auch wenn ich nicht wusste was ihn so störte. 

»Sebastian wird von einem Mafiaboss beschützt und er hat selbst gesagt, dass er auch andere Aufträge annehmen kann, solange er ihm nicht schadet. Denkst du wirklich, er ist nur wegen uns in Gefahr? Er spielt schon jetzt mit dem Feuer.« Damit hatte er nicht ganz unrecht, also sagte ich nichts weiter dazu und trank stattdessen meinen Kaffee.

»Ich habe übrigens einen Auftrag angenommen, einen den ich alleine erledigen werde, damit du dich noch etwas schonen kannst.«

»Du weißt dass ich nicht will dass du alleine etwas tust.« Meine Stimme klang unnachgiebig und stur, zwar war ich normalerweise zurückhaltend, aber ich wollte nicht das Will alleine loszog.

»Es ist kein schwerer Auftrag und ich werde dabei nicht sterben. Ich habe schon öfter alleine Aufträge erledigt, warum sollte ich das diesmal nicht schaffen?«

»Trotzdem...Ich habe kein gutes Gefühl dabei dich alleine gehen zu lassen, ohne jede Rückendeckung.«

»Du kannst mir nicht sagen was ich tun soll. Hast du heute schon mal in den Spiegel geschaut? Du siehst aus als hättest du Tage nicht geschlafen und du würdest mich vermutlich mit deiner Schulter ohnehin behindern.« Will stand auf und starrte mich an und ich starrte ebenso zurück. Die Luft zwischen uns war geladen. Natürlich hatte er Recht, er war ein erwachsener Mann der tun und lassen konnte was er wollte, aber ich war nun schon so lange als Partner bei ihm,dass ich ihn nicht einfach alleine gehen lassen würde, egal um was es ging. Außerdem sagte mir mein Bauchgefühl, dass irgendetwas daran nicht stimmte.

»Es mag zwar sein, dass wir ab und zu auch alleine arbeiten, aber ich bin trotzdem dein Partner und...«

»Wenn du mitkommen würdest, wärst du mir ein Klotz am Bein. Wir töten zusammen und sind Partner, aber das heißt noch lange nicht dass wir auch Freunde sind.« Dieser Satz traf mich unerwartet und ich ignorierte den Stich in der Brust, den er mir versetzt hatte. Natürlich waren wir nur Partner und keine Freunde, unsere Beziehung bestand rein auf geschäftlicher Basis und trotzdem war ich enttäuscht, obwohl ich das von Anfang an gewusst hatte.

»Das ändert nichts daran dass mein Gefühl mir sagt, dass etwas nicht stimmt.« Meine Stimme hörte sich ruhig und gefasst an, man merkte mir nicht an dass mir seine Worte überhaupt etwas bedeutet hatten.

»Du kannst mich sowieso nicht daran hindern.« Mit diesen Worten verschwand Will in seinem Zimmer, wobei er die Tür laut hinter sich ins Schloss fallen ließ.  

Nameless (Boyslove)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt