15.Kapitel

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»Will darf hiervon nichts erfahren«, sagte ich, als ich bei Sebastian vor der Tür stand. Ich hatte vorher gefragt ob ich vorbei kommen konnte und er hatte ohne zu zögern zugestimmt, worüber ich sehr dankbar war, immerhin hatte er sicher selbst Arbeit zu erledigen. Will hatte ich einfach erzählt ich würde einen neuen Auftrag erledigen, was ja in gewisserweise auch stimmte.

»Dir auch einen schönen Tag.« Sebastian sah aus, als wäre er eben erst aus dem Bett gekommen, seine Haaren waren wild durcheinander und ungekämmt, in seiner Hand hielt er eine dampfende Tasse Kaffee. Es war Mittags und ich hatte nicht erwartet, dass er um die Zeit noch so müde war.

Er schien meinen fragenden Blick bemerkt zu haben, denn er beantwortete meine unausgesprochene Frage.

»Ich arbeite nicht rund um die Uhr, bin aber immer erreichbar und mein System läuft die ganze Zeit. Normalerweise stehe ich schon früher auf, achte auf meine Mahlzeiten und treibe Sport um in Form zubleiben. Aber auch ich habe Tage, an denen ich lieber so lange liegen bleibe wie ich kann und einfach nur rumsitze, ein Buch lese oder Computerspiele spiele.« Ich nickte und folgte ihm ins Wohnzimmer, wo der Toaster gerade zwei Scheiben Toast herausspringen ließ und er deutete mit einem Handzeichen an, dass ich mich setzten sollte.

»Ich bin immer noch überrascht, wie normal alles hier aussieht. Ich denke eben immernoch, dass hier eigentlich alles mit Computern voll stehen müsste«, sagte ich ohne darüber nachzudenken und Sebastians Mundwinkel zuckten.

»Möchtest du etwas Essen? Oder Trinken?« Ich wollte schon dankend ablehnen, als Sebastian seinen Blick über meinen Körper wandern ließ und mir dann ungefragt Kaffee eingoss und zwei Taostscheiben in den Toaster tat.

»Computer gehören natürlich auch zu meinem Privatleben, aber seit ich es zu meinem Beruf gemacht habe, sehe ich es nicht mehr als etwas notwendiges an. Viele Leute sagen immer, es gibt nichts schöneres als sein Hobby zu seinem Beruf zu machen, aber das trifft auf mich nicht zu. Es war immer ein Hobby, etwas in dem ich gut war und worin mich nur wenige schlagen konnten, es machte Spaß eigene Programme zuschreiben, mich in andere Systeme zu hacken und zu beweisen, dass sie nicht so sicher sind wie sie glauben, mein eigenes System so zu sichern, dass es für andere Hacker schwer wird hinein zu kommen...es machte einmal Spaß. Bis ich anfing es als Beruf zu machen und mittlerweile ist es abgestumpft. Ich habe nur noch selten dieses Triumpfgefühl, was ich früher immer empfand, wenn ich mich in ein Banksystem hackte oder in das System einer großen Firmenkette. Es gelingt mir so oft, dass dieses Triumpfgefühl nur noch dann vorkommt, wenn ich wirklich was unglaublich schweres vor mir habe – und das kommt nicht oft vor, da mein Boss es nicht gerne hat, wenn ich eigenmächtig handel ohne dass es einen Sinn hat, weil er nicht will dass man mich doch noch entdeckt und ich vielleicht festgenommen werde.« Am Ende seiner langen Rede seufzte er, dann sprang auch schon der Toast heraus. Er schmierte mir Marmelade drauf, dann reichte er sie mir.

»Danke.«

»Warum bist du eigentlich hier?«

In Kurzform schilderte ich ihm die letzten Ereignisse und meinen Verdacht, dass jemand es auf Will abgesehen hatte. Er hörte schweigend zu und am Ende schaute er mich nachdenklich an.

»Was für eine Beziehung hast du eigentlich zu Will?« Die Frage kam völlig unerwartet und ich hielt inne. Ich wusste, dass er nicht die Tatsache meinte, dass wir zusammen arbeiteten sondern mehr hinter der Frage steckte. Sorgfältig überlegte ich wie ich ihm antworten sollte.

»Ich wurde zum Killer gemacht und kenne nichts anderes.«

»Du wirkst auf mich nicht wie ein eiskalter Killer, sondern eigentlich sogar ziemlich normal... wenn ich nicht wüsste, dass du ein Auftragskiller wärst, würde ich es niemals von dir denken.«

»Das war schon immer so. Ich unterdrücke meine Emotionen zwar, aber ich hatte immer jemanden, der mich daran erinnert hat dass sie trotzdem da sind. Ich bin bei Will, weil er einen Partner brauchte und ich zufällig gerade da war.« Der nachdenkliche Ausdruck auf seinem Gesicht blieb, aber er bohrte nicht weiter nach. Er schien zwar auch nicht mit den wenigen Informationen zufrieden zu sein, aber er wollte mich anscheinend auch nicht verärgern.

»Du hast sicher über uns nachgeforscht, oder?« Vorsichtig nickte Sebastian, räumte dann den Tisch ab und deutete mir an ihm zufolgen.

»Aber über euch beide gibt es nicht viel. Da ich eure Nachnamen nicht kenne und es ohnehin ist, als würdet ihr nicht existieren, ist es schwer an Informationen heranzukommen. Natürlich ist es nicht unmöglich, aber es ist immer heikel seine Nase ungefragt in irgendwelche Dinge reinzustecken, die mich in Gefahr bringen könnten, daher habe ich nicht weiter nachgeforscht.«

Er betrat sein Arbeitszimmer und ich blieb staunend in der Tür stehen.

Das gesamte Zimmer war voller Bildschirme und überall blinkte es. Die Hälfte der Bildschirme war an und kleinere Bildschirme in der Ecke zeigten ein paar Überwachungskameras. Überall lagen Kabel herum, so viele dass ich mich frage wie man sich in diesem Gewirr nur zurechtfinden konnte und wusste wozu welches gehörte. Ich hatte Angst den Raum zu betreten und irgendetwas kaputt zu machen.

»Du kannst ruhig reinkommen, aber tue mir bitte den Gefallen und fass nichts an, ich hasse Fingerabdrücke auf meinen Bildschirmen. Und drücke bloß keine Tasten oder esse irgendetwas in der Nähe meiner Computer.« Er ließ sich auf einen bequemen und weich aussehenden Drehstuhl fallen, während ich hinter ihm stand. Anscheinend war er nicht an Besuch in diesem Zimmer gewöhnt, denn es befand sich kein anderer Stuhl im Raum.

»Nun, dann wollen wir mal nach ein paar Informationen suchen die du brauchst«, meinte Sebastian und begann auf seiner Tastatur zutippen. 

Nameless (Boyslove)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt