Ich wachte auf, als ich spürte wie sich jemand neben mir auf das Bett fallen ließ und sich die Matratze von dem Gewicht senkte. Der ekelhafte Geruch von Alkohol stieg mir in die Nase und ich musste nicht einmal meine Augen öffnen um zu wissen, dass es Will war der sich betrunken vermutlich mal wieder im Zimmer geirrt hatte und zu hinüber war um noch irgendetwas von seiner Umwelt mitzukriegen. Es wäre immerhin nicht das erste Mal.
Ohne Rücksicht zunehmen, schubste ich ihn einfach von der Bettkante, was trotz seine rMuskelmasse nicht sonderlich schwer war. Sofort war er hellwach.
»Wofür war das denn?«, brachte er hervor und hielt sich den Kopf, da er vermutlich langsam begann Kopfschmerzen zu bekommen, was ihm ganz recht geschah.
»Du sollst dich nicht in mein Bett legen wenn du betrunken bist, du hast dein eigenes«, gab ich kühl zurück und er gab nur ein Murren von sich, ehe er aus dem Zimmer schlürfte und mit einem Knall seine Zimmertür hinter sich schloss. Vermutlich fiel er jetzt in sein Bett und schlief sofort ein, hatte den Vorfall von eben schon wieder vergessen. Er war einfach unmöglich.
Da für mich jetzt nicht mehr an Schlaf zu denken war, stand ich auf und beschloss die Zeit gut zu nutzen. Ich kümmerte mich um die Schmutzwäsche, welche schon seit fast zwei Wochen auf einem riesigen Haufen vor sich hingammelte und steckte sie in unsere uralte Waschmaschine. Sie fing sofort an zu Rumpeln und gab ein grässliches Geräusch von sich bei dem ich Angst hatte sie würde mir jederzeit um die Ohren fliegen. Wahrscheinlich würde es nicht mehr lange dauern bis sie ganz den Geist aufgeben würde.
Der Kühlschrank war nur spärlich gefüllt und ich warf die wenigen verdorbenen Dinge weg, stellte die guten auf den Tisch und begann mir ein Brötchen vom Vortag zu schmieren, auch wenn es schon recht hart war.
Will würde vermutlich bis zum Nachmittag nicht aufstehen – er hatte sich von seinem letzten Geld Unmengen an Alkohol gekauft und solange getrunken, bis er morgens in mein Bett gestolpert war, als wäre das nicht schon schlimm genug. Wenigstens konnte ich froh sein, dass er es nicht wieder für eine Prostituierte ausgegeben hatte, aber ich zweifelte nicht daran dass es bald wieder passieren würde. Er brauchte das als Ausgleich für all das was er tat, es war sein Laster wenn man so wollte. Oft hatte er mir schon angeboten mir sogar eine zu bezahlen, aber ich war an solchen körperlichen Dingen nicht sonderlich interessiert. Es war ein Bedürfnis welches ich sehr weit hinten anstellte, da ich mein Leben lang darauf trainiert gewesen war mein Denken einzig und allein auf das wesentliche zu konzentrieren und mich nicht von solchen Reizen ablenken zu lassen. Das hieß nicht, dass ich Frauen nicht dennoch attraktiv fand, aber es war einfach nicht nötig.
Nachdem ich gegessen hatte zog ich meine Jacke an und nahm meine Pistole mit, machte mich auf den Weg zu unserem Vermittler, um ihm mitzuteilen dass wir den letzten Auftrag abgebrochen hatten und um zu sehen, ob er etwas Neues für uns hatte, da immerhin unser Geld knapp wurde.
Im Zeitalter der modernen Technik könnten wir uns unsere Aufträge natürlich auch auf diversen Internetplattformen besorgen, aber da es auch genauso viele Möglichkeiten gab gehackt zu werden, gab es Leute wie unser Vermittler der einem die Dinge auch so überbrachte, noch mit Fotos die man verbrennen konnte und den nötigen Informationen die in knappen, kaum verständlichen Abkürzungen auf einem Blatt Papier standen. Er hatte mehrere wie uns, Gruppen oder Einzelpersonen die als Attentäter, Informanten, Hacker oder Leichenbeseitiger arbeiteten und ich war mir ziemlich sicher, dass er in mehr Dingen seine Finger im Spiel hatte als mir lieb war. Von ihm ging etwas gefährliches aus und ich traute ihm nicht einen Millimeter über dem Weg.
Er wohnte in einem Wohnblock, der von außen hin zwar genauso schäbig aussah wie alles andere in diesem Viertel, aber von innen eine luxuriöse Ausstattung hatte mit der modernsten Technik. Keiner würde je auf den Gedanken kommen, dass sich in diesem Gebäude mehr Geld ansammelte, als in so manchen Wohnungen von diesen ganzen reichen Schnöseln.
Ich ging die kurze Treppe nach oben und betätigte die Klingeln. Durch die Kamera wusste er genau wer vor seiner Tür stand, sie wurde geöffnet und ich trat ein.
Drinnen sah es aus als hätte ich ein Hotel betreten. Auf dem Boden war ein roter Teppich ausgelegt, die Möbel waren aus weißem Leder und die Tische und Schränke waren perfekt aufeinander abgestimmt, ein teures Gemälde hing an der Wand, mehrere Auszeichnungen und ich wurde von einem angenehmen, exotischen Duft umhüllt.
Auf dem Sofa saß unser Vermittler, dessen richtigen Namen niemand kannte weswegen alle ihn einfach Tom nannten, in einem dunkelblauen Anzug, an seiner Seite eine schwarzhäutige Schönheit mit unglaublichen Kurven in einem knappen, sehr engen, roten Cocktailkleid. Ich warf ihr nur einen kurzen Blick zu, ehe ich mich dem geschäftlichen widmete.
»Ich hätte nicht erwartet dich mal wieder zu treffen Seth. Schön dich zu sehen, es ist eine ganze Weile her«, sagte er mit einem Lächeln, was oberflächlich betrachtet durchaus nett wirkte, aber mir entging dennoch das leicht bedrohliche was wirklich dahinter steckte nicht. Ich ließ mich auf einen der recht harten Sessel fallen und musterte ihn aufmerksam.
»Wir konnten unseren letzten Auftrag leider nicht ausführen.« Er seufzte, weil ich wie immer nicht auf seinen Versuch mit mir Smalltalk zu führen einging und lehnte sich dann zurück.
»Das ist mir bereits zu Ohren gekommen, wirklich schade. Aber du bist gut genug um zu wissen wann man eine Sache lieber bleiben lässt. Wie geht es dir überhaupt? Ich habe gehört dass du vor ein paar Monaten mit einem Messer ziemlich stark verletzte wurdest.«
»Gut.« Wieder seufzte er, fast schon übertrieben und ließ seinen Blick über meinen Körper gleiten, als versuchte er aus meiner Körperhaltung etwas von meinen Gefühlen herauszulesen.
»Du wirst immer der verschlossene, ruhige Seth bleiben – und doch schlummert in dir ein Killer, der ohne zu zögern Menschen tötet. Selbst wenn du verletzt bist, bist du noch immer gefährlich und absolut tödlich. Vielleicht seid ihr beide ja genau deswegen einer der Besten. Die Einzeltäter sind zwar auch nicht schlecht, aber mit einem Partner zusammen hat man viel mehr Möglichkeiten. Findest du nicht auch?« Ich beantwortete die Frage nicht und starrte ihn einfach nur an. Er wusste genau dass ich nur wegen einem neuen Auftrag hier war und nicht um mit ihm über belanglose Themen zu sprechen oder ihm auf seine Aussagen zu Antworten, damit er mich besser analysieren konnte. Tom seufzte, dann reichte er mir einen kleinen Umschlag.
»Euer nächster Auftrag lautet Begleitschutz«, sagte er grinsend und ich ahnte dass dieser Auftrag weder mir noch Will sonderlich gefallen würde.

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Nameless (Boyslove)
Ficção AdolescenteWill und Seth leben in einer Stadt, die unterschiedlicher nicht sein könnte: Es gibt die prachtvollen, schönen Stadtteile, und die verwahrlosten Viertel, wo der Abschaum der Gesellschaft lebt der vermutlich nie eine echte Chance auf ein besseres Leb...