10.Kapitel

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Sebastian lächelte, als er uns die Tür öffnete. Er schien sich ehrlich zu freuen, dass wir gekommen waren und seine Hilfe benötigten, nichts an seiner plötzlich so offenen Art war geheuchelt. Es stand im Kontrast zu der arroganten Maske die er am Vortag noch getragen hatte.

»Setzt euch doch. Wollt ihr etwas trinken?«

»Bier«, meinte Will nur trocken und ich stieß ihm meinen Ellbogen in die Rippe, doch er zuckte nur mit der Schulter.

»Kein Problem, hab welches da. Für dich auch Seth?«

»Nein danke, mir reicht eine Cola.« Wir folgten Sebastian in sein Wohnzimmer, welches anders eingerichtet war als ich vermutet hatte.

Küche und Wohnzimmer waren nicht räumlich getrennt, neben der Kücheninsel stand ein Esstisch mit harten, unbequemen Stühlen für vier Personen. Auf der anderen Seite des Raumes stand ein schwarzes Sofa und zwei dazu passende Sessel, ein Schrank mit einem Fernseher und ein kleines Regal wo DVDs und Spiele standen. In der Ecke war sogar ein Hometrainer und Hanteln, ein weiterer Beweis dafür dass er auf seinen Körper achtete.

»Setzt euch ruhig.« Wir setzten uns beide an den Esstisch, dann stellte er Will ein Bier und mir ein Glas Cola hin, ehe er sich auf den Stuhl neben mir fallen ließ.

»Also, was ist euer Anliegen?« In kurzen Worten erklärte Will, was er sich genau vorstellte und Sebastian hob eine Augenbraue.

»Ich könnte euch so etwas besorgen, das sollte kein Problem sein.«

»Danke, du hilfst uns damit wirklich.«

»Keine Ursache! Ich freue mich sogar, dass ihr euch bei mir gemeldet habt, ich habe eigentlich nicht damit gerechnet dass ihr das tun würdet. Wie geht es eigentlich deiner Schulter?« Ohne es zu merken war er ins Du gewechselt, was ich aber in keinster Weise schlimm fand. Im Gegenteil, ich mochte es sogar. Irgendwie wurde mir dieser Sebastian immer sympathischer.

»Ganz gut, ist keine schlimme Schusswunde.«

»Dein plötzlicher Wandel ist wirklich beängstigend. Gestern warst du noch so kalt und arrogant und heute kommst du einem vor wie der freundliche, zuvorkommende Nachbar.« Wills Stimme klang, trotz seiner nicht gerade netten Worte, dennoch normal, fast schon nett. Normalerweise würde er jetzt genervt mit den Augen rollen oder Sebastian misstrauisch betrachten, doch diesmal war es anders.

»Das tut mir leid, wirklich. Es war auch nicht böse gemeint, es ist einfach eine Angewohnheit von mir, Fremden gegenüber denen ich nicht traue so unfreundlich zu sein.«

»Du scheinst ja immerhin deine Meinung geändert zu haben, wenn du uns sogar in deine Wohnung lässt und uns hilfst. Wie viel schulden wir dir dafür?«, fragte Will weiter doch Sebastian schüttelte mit dem Kopf.

»Ich will kein Geld, davon habe ich genug. Es reicht mir wenn ich damit einfach meine Schuld begleichen kann.«

»Du stehst nicht in meiner Schuld, nur weil ich dir das Leben gerettet habe. Es war immerhin unser Job«, antwortete ich und er schaute mich nachdenklich an.

»Ich glaube du hättest mich auch gerettet, wenn es nicht dein Job gewesen wäre. Auch wenn du für Geld Leute umbringst, kommt es mir nicht so vor als ob du ein schlechter Mensch wärst. Allerdings wundert es mich, wie jemand der etwa in meinem Alter ist schon zu so einer Art von Arbeit kommt...« Will lachte laut auf und ich warf ihm einen alles andere als freundlichen Blick zu.

»In deinem Alter? Seth ist älter als ich!« Er bekam sich kaum noch ein vor Lachen und ich verpasste ihm einen Tritt unter dem Tisch. Nun starrte mich Sebastian ungläubig an.

»Es ist unfair wenn sich manche Leute so gut halten«, hörte ich ihn murmeln, dann klingelte ein Telefon.

»Da muss ich rangehen. Ich komme gleich zurück.« Damit stand er auf und verschwand in einem der Nebenzimmer, während Will sich langsam von seinem Lachanfall erholte.

»Ich hasse dich«, war alles was ich dazu sagte.

»Tust du nicht, sonst wären wir keine Partner und du hättest mich schon lange abgemurkst, so oft wie du genervt von mir bist.«

»Schön dass dir das auffällt.« Genervt verdrehte ich die Augen und in diesem Moment kam Sebastian zurück, der wirkte als hätte er auf einmal ziemlich schlechte Laune. Noch bevor er etwas sagen konnte kam Will ihm zuvor.

»Kleiner, hast du Lust mit uns etwas trinken zu gehen? Ich kenne da eine echt coole Bar, da würde es dir auch gefallen.« Überrascht hob ich eine Augenbraue. Will ging für gewöhnlich nie mit mir – geschweige denn mit einem früheren Auftraggeber – einfach so etwas trinken, normalerweise ging er immer lieber allein.

Sebastian schien einen Moment nachzudenken, dann nickte er zögernd.

»Gut. Ich ziehe mir schnell etwas anderes an.« Will trank in einem Zug den Rest seines Bieres aus, dann standen wir auf.

»Was ist los mit dir?« Er verdrehte die Augen.

»Ich habe gute Laune und ich habe nichts dagegen den Kleinen etwas näher kennenzulernen. Außerdem wird es dir auch mal gut tun etwas anderes zu machen außer zu Hause zu sitzen oder dich nachts rauszuschleichen – wo auch immer du dann hingehst.« Obwohl er es so gleichgültig sagte als wäre es für ihn in keinster Weise interessant, entging mir für einen Moment das kurze Aufblitzen von Neugier in seinen Augen nicht, als würde er es in Wahrheit wissen wollen. Dabei könnte er mich auch einfach direkt fragen und ich würde es ihm ohne zu zögern erzählen, ich hatte ja immerhin nichts vor ihm zu verheimlichen.

Den restlichen Abend verbrachten wir dann in der Bar, aus einem mir unerklärlichen Grund schienen sich Sebastian und Will sehr gut zu verstehen, besonders als beide einen über den Durst getrunken hatten, während ich mich mit einem einzigen Glas Whisky zufrieden gegeben hatte. Am Ende musste ich Will, der stark schwankte, den Weg nach Hause stützen, was mich mehr als alles andere nervte. 



Dieses Kapitel ist mal komplett neu und kam in der früheren Version dieser Geschichte nicht vor.
Mich würde mal interessieren, was ihr bisher so von der neuen Version haltet und ob sie euch gefällt. (: 

Nameless (Boyslove)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt