Ein erzitterndes Keuchen kam über meine Lippen. Es war so ein angenehmes und doch so schmerzhaftes Gefühl. Andererseits fühlte ich mich auch so befreit. Meine Muskeln entspannten sich mit der Zeit, so auch mein Körper der sich langsam an die eisige Kälte des Wassers gewöhnt hatte.
Mit einem erleichterten Seufzen ließ ich mich also tiefer in das Wasser sinken und bemerkte, wie sich langsam das noch so kleinste Härchen auf meiner Haut aufstellte. Dann schloss ich meine Augen, um die Erleichterung besser spüren zu können. So angespannt meine Muskeln anfangs waren, desto entspannter waren sie jetzt und so auch ich.
Dies war einer der Momente, in denen ich irgendetwas fühlen konnte. Jedenfalls äußerlich, in mir drinnen schien es immer noch kahl, hohl, pechschwarz zu sein. Egal was ich auch tat oder eben mir antat, ich fühlte dabei nichts. Und es nervte mich. Wieso konnte ich nicht normal sein? Wenigstens einige Gefühle fühlen? Aber nein, stattdessen durfte ich mich wertlos, ungeliebt fühlen. Wann ging das endlich vorbei?
Nicht einmal das eiskalte Wasser konnte meinem Inneren etwas entlocken. Und doch mochte ich es, mich von außen so zu fühlen, wie es in mir drinnen aussah. Es beruhigte meinen aufgewühlten Kopf und für diesen kurzen Moment fühlte ich mich verstanden.
"Schatz, was machst du denn wieder.."
Das leise Seufzen meiner Mutter war zu hören, als ich mit meinen leeren, manchmal schon fast gräulich aussehenden Augen zu ihr sah. Nur ein leichtes Schulterzucken konnte sie mir entlocken, mehr und weniger auch nicht. Sollten normale Menschen nicht etwas gegenüber den Eltern empfinden? Bei ihr war da einfach nichts, keinerlei Bindung.
"Weißt du.. genauso wie du gerade daliegst.. im eiskalten Wasser, bleich wie eine Wasserleiche..", verträumt seufzte sie und schloss dabei ihre Augen. "Genauso hatte ich deinen undankbaren Vater umgebracht.. er wollte uns einfach nicht verstehen.."
Meine Mutter war die einzige, die mich wenigstens ein kleines bisschen verstehen konnte. Zwar war sie offensichtlich manchmal mehr als nur komisch, wie gerade eben, doch es machte mir nichts aus. Jeder hatte seine Macken, wieso also drauf rumhacken, sie gar dafür verurteilen?
Murrend tauchte ich mit dem ganzen Körper ein, holte kurz etwas Luft um diese unter dem kalten Kass anzuhalten und schloss dabei die Augen. Meine Mutter, die wahrscheinlich noch immer vor sich hin träumte, ignorierte ich dabei. Was sollte sie denn an mir sehen, was sie nicht schon längst an jedem anderen Mann gesehen hatte?
"Ich will deine Zeit für dich ja nicht stören aber.. es wird Zeit für die Schule", säuselte sie dann so laut, dass selbst ich es unter dem Wasser noch klar und deutlich hörte.
"Eine Art Neustart, eine höhere Stufe, vielleicht findest du ja auch meinen baldigen Schwiegersohn.."
Ein weiteres Kichern von ihr, ehe sie auch schon wieder aus dem Bad verschwand. Zukünftiger Schwiegersohn? Meinte sie, ich solle einen festen Freund finden? Dieser Gedanke alleine rief etwas Unbekanntes in mir hervor, weswegen ich erschrocken die Luft einzog, auftauchte, förmlich um mein Leben hustete. Wie absurd.
Nachdem ich mich beruhigt hatte, stieg ich aus der Wanne und machte mich fertig für die Schule. Schlussendlich blieb mein Blick an meinem Spiegelbild hängen, welches mir kalt entgegen sah. Meine schier pechschwarzen Haare bildeten einen für mich komischen Kontrast zu meiner blassen Haut und ich verstand einfach nicht, wie man sowas je schön finden könnte.
Männliches Schneewittchen hatten sie mich deswegen manchmal genannt, damit aufgezogen. Mir war es egal, Hauptsache sie beließen es bei sowas. Und anscheinend hatte sich die Gesellschaft mittlerweile so sehr geändert, dass es ohne extremes Mobbing an den Schulen funktionieren konnte, was mich zwar nicht wirklich juckte, aber ich doch zur Kenntnis nahm.
Seufzend machte ich mich also auf den Weg, schulterte meine Tasche dessen Inhalt sowieso nur aus einem Block und ein paar Stiften bestand. So ging ich an meiner stolz grinsenden Mutter vorbei, zog mir beim vorbei gehen die Schuhe an und schon begrüßte mich ein warmer Sommerwind. Dem entgegnete ich jedoch nichts, folgte einfach dem Weg und nach einer unspektakulären Ewigkeit war ich auch schon da.
Jedenfalls wäre ich das gewesen, hätte vor wenigen Sekunden den Schulboden betreten, wenn mich nicht so einiges daran gehindert hätte.
Zu meiner Linken hörte ich lautes Hupen, rechts von mir schrieen einige mir etwas zu, das ich beim besten Willen nicht verstand. Dann aber spürte ich von hinten einen plötzlichen Druck und wurde eher unsanft zu Boden gerissen.
"Sag mal, willst du Idiot sterben?!", schrie mir dann jemand mitten ins Gesicht und zeitgleich spürte ich etwas nasses auf meiner Wange. Weinte der Unbekannte Junge? Wieso sollte er denn weinen?
"Hey, ist doch alles gut gegangen..", murrte ich wohl eher etwas karg und kalt, was den Jungen über mir zusammenzucken und laut schluchzen ließ. Eher aus Zufall sah ich dann zu ihm auf, als er scheinbar nicht von mir runtergehen wollte und unsere Blicke trafen sich. Auf einen Schlag bekam ich alle für mich bisher unbekannten Gefühle zu spüren.
Mir wurde warm, dann immer wärmer bis es in eine Hitze ausartete, die ein prickelndes Gefühl mit sich brachte, das sich auf meiner Haut ausbreitete. Es war angenehm, diese Wärme schmiegte sich gar schon an mich und nie wieder wollte ich sie loslassen oder gehen lassen sondern um alles auf der Welt beschützen, wie einen Schatz hüten. Wie meinen eigenen kleinen Schatz hüten.
"I-ich bin Jimin und du?", stotterte er und seine Wangen nahmen einen gesunden rosanen Ton an, der ihm gemeinsam mit dem schüchternen Lächeln mehr als nur stand. Es sah einfach perfekt an ihm aus und ich konnte mich jetzt schon kaum an diesem Anblick satt sehen.
"Yoongi..", antwortete ich ihm leise und wohl zum ersten Mal in meinem bisherigen Leben war ich ehrlich glücklich, sodass sich meine Mundwinkel nun auch hoben.
Ich war erleichtert, glücklich, Hals über Kopf in einen unbekannten Jungen verliebt, der mir sogar mein Leben rettete. Aber tief in meinem Inneren war da noch was anderes. Etwas, das keinen anderen an Jimin ranlassen, nur für sich selbst haben wollte. Von all den Gefühlen die sich dazu noch in meinem Kopf mischten, war dieses dunkle eindeutig eines meiner Liebsten und ich war bereit, wirklich alles für den Kleinen zu geben, sodass er nie wieder auch nur eine Träne vergießen müsste.
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Hoch die Hände, Wochenende! ( ͡° ͜ʖ ͡°)