Kapitel 16 | Trip

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30. November 2016
Flughafen Tegel

„Oh, hey Raf, was machst du hier?"

Wir umarmten uns kurz bevor er antwortete:

„Ich flieg nach Napoli zu Opa und du so?"

Ich packte noch schnell meine Kopfhörer wieder in die Tasche und schloss Spotify bevor ich antwortete:

„Ich besuch auch mal wieder Oma und Opa und brauch einfach mal meine Ruhe und davon hab ich in Italien am meisten."

„Versteh ich. Am schönsten ist immer noch, einfach über den Strand zu laufen und den Gedanken freien Lauf zu lassen. Deshalb liebe ich dieses Land so.", erzählte er.

„Meine Meinung. Italien ist halt immer noch das schönste Land, wenn es nicht gerade im Sommer von Touristen überrannt wird."

„Du Adriana, was anderes, ich brauch dringend deine Hilfe."

„Was los? Erzähl.", aufmerksam wandte ich mich ihm zu.

„Also, ich weiß, vielleicht sollte ich das nicht mit dir bereden, aber es fällt mir im Moment keine andere Frau ein, mit der ich so ein Gespräch führen kann.", fing er langsam an.

„Erzähl einfach, ich werde schon alles verkraften, was du jetzt sagst."

„Es tut mir wirklich leid, wenn ich jetzt eine Grenze überschreite, aber egal. Also ich hab letztens so 'ne Frau in einer Bar kennengelernt.", langsam zog ich eine Augenbraue hoch, woraufhin er mich verunsichert ansah.

„Red weiter."

„Jedenfalls haben wir uns mega gut verstanden und so und wir haben uns auch nochmal wiedergesehen und uns da auch geküsst, aber keine Ahnung, sie ist dann mega schnell gegangen und hat sich seitdem auch nicht mehr gemeldet und jetzt hab ich irgendwie Angst, dass das alles zu schnell für sie war und sie jetzt weg ist.", ratterte er schnell runter.

„Jetzt komm mal runter. Also was ich dir vorschlagen würde, ist dass du sie vielleicht mal anrufst und fragst warum
sie sich nicht meldet. Kann ja sein, dass sie ihr Handy im Klo versenkt hat und deswegen nicht antwortet. Und wenn sie sich nicht meldet, dann ist das Handy entweder immer noch kaputt oder sie hat echt kein Bock auf dich.", erklärte ich ihm.

„Das ihr Handy kaputt ist glaub ich nicht, weil wenn ich anrufe, dann klingelt's halt immer länger und wenn das Handy aus wäre, dann bricht der Anruf ja gleich ab."

„Dann gibt es die Möglichkeit, dass du ihr auf WhatsApp schreibst oder dass du jetzt umdrehst, bei ihr vorbeischaust und dann mit der nächsten Maschine nach Napoli fliegst."

„Diese Frage hab ich mir auch schon gestellt. Ich versuch' sie einfach über WhatsApp zu erreichen und wenn, dann flieg ich ja sowieso in einer Woche zurück nach Berlin."

„Dann mach's so. Und hast du zufällig ein Bild von ihr?", fragte ich neugierig nach.

Er fing an zu lächeln, als er sein Handy aus der Hosentasche zog und es entsperrte.

Kurz darauf reichte er mir sein Handy und ich sah auf das Bild, welches ich dort erblickte. Ich konnte eine wunderschöne Frau sehen, vielleicht Mitte bis Ende zwanzig, blond-gefärbte Haare, die ihr in Wellen bis zu den Schultern reichten. Ich schätze, dass sie aus Bosnien oder Kroatien kommen, was ich an ihrer sonnengebräunten Haut sah.
Lächelnd gab ich Raf sein Handy wieder.

„Sie ist wirklich wunderschön.", sagte ich währenddessen.

„Ja, das stimmt. Ich hätte wirklich nie gedacht, dass eine Frau wie sie mit mir ausgehen würde. Und anscheinend hatte ich recht."

„Man Raf, denk mal bitte nicht so negativ, diese Einstellung färbt ja ab."

Gerade als er etwas erwidern wollte, wurde der Check-In-Schalter geöffnet und die Menschenschlange bewegte sich langsam nach vorne.

„Ach komm Adriana, ich bin nicht pessimistisch, sondern realistisch.", erwiderte er, als wir uns unsere Koffer gegriffen hatten und uns ein paar Meter nach vorne bewegt hatten.

„Jetzt mal ernsthaft, warum sollte diese Frau nichts mehr von dir wollen? Du siehst verdammt gut aus und dein Charakter ist auch Gold wert, also nenne mir einen Grund, weshalb sie nichts von dir wollen würde."

„Hast du mich gerade attraktiv genannt?", fragte Raf mit einem Lachen auf den Lippen.

„Ja habe ich und das hat sich im letzten Jahr nicht geändert. Und jetzt interpretier hier nicht irgendwelche Sachen rein. So und du denkst jetzt gefälligst positiv, sonst übersteh ich diesen Flug niemals."

„Versteh einer die Frauen, im einen Augenblick sind sie noch total gut drauf und im nächsten ist die Laune im Keller. Aber ich verspreche dir, ich werde positiv denken.", lachte Raf.

Ich bedachte ihn mit einem Todesblick, bevor ich meinen Koffer wieder nahm und zwei Meter weiter zum Check-In lief.

Als wir endlich bei der Sicherheit durch waren, was gefühlt eine halbe Ewigkeit gedauert hatte, setzten wir uns zu Starbucks, um wenigstens noch einen Kaffee zu trinken, bevor es in die Luft ging.

Raf ergriff als erstes nach langem Schweigen das Wort: „Adri, ich kenn dich immer noch gut und ich weiß, dass bei dir irgendwas los ist, sonst würdest du nicht mit dieser Maschine fliegen, sondern mit der heute Nachmittag, also erzähl, was ist dir für 'ne Laus über die Leber gelaufen?"

Ich rührte langsam meinen Kaffee um, bevor ich aufsah.

„Nichts, alles gut, ich hab nur 'n bisschen schlechte Laune, sonst nichts.", versuchte ich mich rauszureden.

„Von wegen, du hast nur schlechte Laune. Jetzt rück mit der Sprache raus und lass dir nicht alles aus der Nase ziehen."

„Keine Ahnung, nur ein kleines Beziehungsproblem, mehr nicht. Nichts was sich nicht demnächst wieder regeln lassen würde.", gab ich schließlich halbwegs nach.

„Ein kleines Beziehungsproblem?", fragte er zweifelnd nach.

„Ja, nicht mehr und nicht weniger.", er sah mich skeptisch an, ließ es aber trotzdem darauf beruhen.

Zwischen uns herrschte weiter Stille, bis endlich unser Flug aufgerufen wurde.
Wir stellten uns an der Schlange für die Business Class an und machten es uns fünf Minuten später in unseren Sitzen gemütlich, welche, wie der Zufall so wollte, nebeneinander waren.

Ich suchte gerade einen Film auf Netflix aus, als ich eine Benachrichtigung auf mein Handy bekam.
Obwohl ich die Stewardess schon sehen konnte, welche dafür sorgte, dass alle ihre Handys ausmachen, öffnete ich trotzdem die Nachricht in der Hoffnung, dass ich mit einem kurzen ‚ja' oder ‚okay' antworten konnte.

Ich öffnete gerade WhatsApp, als ich noch eine zweite Nachricht bekam, von Max.
Eigentlich wollte ich den anderen Chat öffnen, kam aber, blöd wie ich manchmal bin, auf den Chat von Max und ich, in dem ich gleich eine mega lange Nachricht erblickte.
Gerade als ich anfangen wollte zu lesen beziehungsweise ihm ein kurzes ‚bin im Flieger, schreib dir später' zurückzuschreiben, sah mich die Stewardess mahnend an, woraufhin ich schweren Herzens den Flugmodus anmachte.

Trotzdem laß ich noch die Nachricht durch, in welcher Max schrieb, dass er will, dass ich mit nach Dubai mitfliege und das es ihm leid tue, dass die Arbeit für ihn so wichtig ist.

Sofort bereute ich die Sachen, die ich gestern zu ihm gesagt hatte.
Ich gönnte ihm den Erfolg, den er gerade mit der Musik hatte und wenn das bedeuten würde, dass er nach der Tour eben noch nach Dubai fliegen würde, dann würde ich mich damit arrangieren.
Am allerwenigsten wollte ich, dass er sich dafür schuldig fühlte, dass er seiner Leidenschaft nachging.

Meine Gedanken, bevor ich einen Film anmachte, waren nur noch, dass die eineinviertel Stunden bis zur Landung hoffentlich möglichst schnell rum gehen würden, damit ich ihn anrufen kann.


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Vielen lieben Dank an la_h04 dass sie meine Kapitel nochmal Korrektur lesen will🙏
Was sagt ihr zu dem Gespräch zwischen Raf und Adri?

Vielen Dank fürs Lesen🙏🌹

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