Kapitel 5 | R.A.G.E

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29. Januar 2016

Ich saß gerade bei meinem Friseur, als mein Handy pingte und meinte ich hätte eine Nachricht von John bekommen: ‚Adriiiiiiiiiiiiiiii?' Ich wusste, immer wenn er sich so meldete wollte er irgendwas. Also schrieb ich ihm ein ‚Joooooooooohn?' zurück. Kaum hatte ich diese Nachricht abgeschickt kam schon eine neue von ihm: „'Du hast nicht zufällig Lust mit Max nach Hamburg ins Studio zu fahren?' Aha, wusste ich's doch. Ich schrieb ihm ein: ‚Warum sollte ich?' zurück, auf das erstmal keine Antwort kam. Das war so typisch John, erst eine riesen Welle machen und dann nichtmal schreiben worum es geht. Ich verließ gerade den Friseursalon, als eine neue Nachricht von John eintraf: ‚Weil wegen neuen Song für H&H2 und Max ist zu faul zum fahren' Während ich die Straße überquerte tippte ich ihm zurück: ‚Aha und deswegen muss ich fahren?' Danach ging ich auf den Chat von Max und schrieb ihm: ‚Wo soll ich dich abholen?' Er schrieb gleich zurück: ‚Bei mir daheim' ‚20 Minuten', bekam er als Antwort. Am Auto angekommen, machte ich meine Playlist auf Spotify an und legte dann das Handy weg. Ich fädelte mich in den Nachmittagsverkehr von Berlin ein und kam 25 Minuten später bei Max an, der schon vor dem Haus auf mich wartete. „Danke, dass du mich fährst.", bedankte er sich bei mir. „Kein Ding, wollte eh mal wieder nach Hamburg." Ich liebte die Stadt an der Elbe, aber dort wohnen wäre nicht so wirklich vorstellbar gewesen. Klar ich habe teilweise mal wochenlang bei Marten gewohnt, aber irgendwie hat Berlin immer gewonnen. „Wie sieht's mit Alexandra aus?", fange ich ein Gespräch an, während ich auf die A10 Richtung Hamburg auffuhr. „Sie ist immer noch bei ihren Eltern und hat sich noch kein einziges Mal gemeldet. Das sie einen Sohn hat, scheint ihr im Moment anscheinend ziemlich egal zu sein.", es war mehr als eindeutig, dass er seinem Frust gerade Luft machte, weshalb ich beschloss ihn auch nicht zu unterbrechen. „Ich mein, wie kann man sein eigenes Kind vergessen? Der Kleine fragt mich jeden Tag was mit seiner Mami ist und sie? Sie hält es nichtmal für nötig auf WhatsApp zu antworten. Ich mein auf mich kann sie gerne so sauer sein, wie sie will aber warum soll Nathan unter der ganzen Scheiße leiden? Sogar mein Vater, der mehr als genug Geduld hat, ist an Ende mit seiner Geduld. Jedes mal, wenn ich den Kleinen zu ihm bringe, fragt er mich was mit Alex ist und das sie sich verdammt nochmal um ihr Kind kümmern soll. Egal was sie sich überlegt, es ist aus. Es war schon lange aus. Warum soll ich mit ner Frau zusammen bleiben, der es am Arsch vorbei geht wie ihr Kind leidet?" Mittlerweile hatte er sich in Rage geredet. „Und außerdem sie soll sich mal nicht so haben, sie hat mich immerhin zuerst betrogen." Jetzt unterbrach ich ihn doch: „Hä wann hat sie dich betrogen? Du hast nie was erzählt." „Weil ich mir dachte, wenn niemand es weiß, dann wächst Gras über die Sache und alles ist wieder gut. Ich mein damals war Nathan fünf Monate alt und ich wollte soviel Zeit wie möglich mit ihm verbringen und dann hat sich seine Mutter wohl gedacht es wäre eine gute Idee mit nem anderen zu ficken. Und bevor ich den Kleinen irgendwie verliere habe ich mir gedacht ich halte den Mund." Das musste selbst ich erstmal verdauen. Und während ich schwieg, schien er die nächste gute Idee zu haben. „Egal ich ruf bei ihren Eltern jetzt an und mach Schluss. Ich weis is ziemlich mies, aber immerhin schreib ich ihr's nicht. Er kramte kurz nach seinem Handy und wählte dann eine Nummer. Während es tutete, stellte er auf laut, damit ich auch mithören kann. Fuck, dieser Mann wusste genau wie neugierig ich bin. Nach dem dritten Tuten nahm endlich jemand ab: „Carin Thaler hier, mit wem spreche ich?" Ich hatte Alexandra's Eltern nie kennengelernt, aber diese glockenhelle Stimme, die an's Telefon ging, ging mir jetzt schon auf die Nerven. „Maximilian Diehn hier, ich will mit Alex sprechen.", seine Stimme war nicht mehr als ein knurren. „Ach hallo Maximilian, es tut mir leid, aber Alexandra ist gerade nicht zu sprechen.", antwortete sie deutlich feindseliger, als bei ihrer Begrüßung. „Für mich wird sie zu sprechen sein oder ich sorge dafür, dass sie ihren Sohn nicht mehr so schnell sehen wird." Die Drohung saß.
Man hörte leise wie diese Carin quer durch das Haus nach Alexandra rief, welche sich auch eine Minute später meldete: „Hey Max, was ist los?" Sie hörte sich völlig unbekümmert an, als wäre nie etwas geschehen. „Wir müssen reden.", seine Stimmlage war auf jeden Fall das Gegenteil der ihrigen. „Über was denn? Ich hab doch gesagt, dass wenn ich soweit bin, ich wieder nach Berlin komme." „Es ist mir im Moment ziemlich egal wann du kommst, es hat dich die letzten drei Wochen auch nicht interessiert was mit deinem Sohn ist." Seine Stimme klang immer aggressiver. „Du weißt genau warum ich zu meinen Eltern gefahren bin, weil du gemeint hast mich betrügen zu müssen und was fällt dir eigentlich ein zu drohen mir meinen Sohn wegzunehmen?" Auch sie klang mittlerweile nicht mehr so unbekümmert wie am Anfang des Gesprächs. „Anders bekommt man dich ja nicht ans Telefon.", verteidigt sich Max, „So und jetzt zum Thema Betrügen. Ich habe lange genug geschwiegen, aber irgendwann reicht's. Ich weiß sehr genau, dass du mehr als einmal mit deinem Arbeitskollegen gefickt hast und du willst mir Vorwürfe machen, weil ich mit nem Weib rumgemacht hab? Ich seh ein, dass das nicht korrekt war und ich mich quasi auf dein Niveau hinabgelassen habe, aber nochmal: du willst mir Vorwürfe machen? Kehr erstmal vor deiner eigenen Tür." Darauf konnte sie nichts erwidern. „Es tut mir leid Max, aber du warst nur noch mit dem Kleinen beschäftigt und wenn du mal nicht bei ihm warst, warst du entweder beim Sport oder bei Adriana. Ich hab dir mehr als einmal gesagt, dass ich nicht will, dass du Kontakt zu ihr hast. Und du weißt genau, dass sie nur Patin geworden ist, weil Rico sich dazu bereit erklärt hat zweiter Pate zu werden, sonst hätte ich niemals zugestimmt." Mittlerweile stieg mein Aggressionslevel auch an, aber ich verhielt mich trotzdem ruhig. „Ach und weil ich mich um unseren Sohn gekümmert hab, denkst du dir, du kannst einfach mit nem anderen ficken? Ja ne is klar." „Max versteh mich doch, er hat mir das Gefühl gegeben begehrt zu werden, gebraucht zu werden." Jetzt war vorbei, jetzt wurde er laut und zwar so richtig laut. „Er hat dir das Gefühl gegeben begehrt zu werden? Willst du mich verarschen? Ich war immer für dich da und du erzählst mir so ne Scheiße? Tickst du eigentlich noch ganz richtig?" „Schrei mich nicht so an Max!" Seine Stimme wurde tatsächlich einige Nuancen leiser. „Du hast recht. Du bist es gar nicht wert, dass ich dich anschrei und heute keinen ordentlichen Part mehr rappen kann. Aber weißt du was? Ich mach das ganze einfach kurz: Wenn ich morgen wieder in Berlin bin werde ich dafür sorgen, dass deine Sachen aus meiner Wohnung verschwinden. Du wirst diese Wohnung nicht mehr betreten." „Du schmeißt mich also raus? Weil ich mir einen Fehltritt erlaubt habe?", ihre Stimme war ganz leise. „Glaub mir, ich weiß das es mehr als ein Fehltritt war. Sobald ich in Hamburg bin rufe ich meinen Anwalt an und frage wie wir das mit Nathan am Besten machen. Denn ich denke wir sind uns einig, dass er unter der Sache nicht leiden soll." „Ja, da sind wir uns einig. Max muss es wirklich so zu Ende gehen? Wir haben soviel zusammen erlebt, soviel zusammen durchgestanden." „Alexandra, sei dir bewusst, dass du dafür gesorgt hast. Und die Aussage über Adriana war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Du wirst niemals wieder so über meine beste Freundin sprechen." „Also war's das?", fragte sie traurig nach. „Ja das war's.", bestätigte Max. „Dann komm ich morgen mit einem Umzugswagen zur Wohnung. Ich hoffe du wirst da sein und mir beim ausräumen helfen." „Ich werde da sein, aber die garantiert nicht helfen. Das kann ja dein Macker machen." „Okay." „Wir sehen uns morgen. Ciao." Damit legte er auf und sah mich an.
„Wir gehen heute Abend was trinken." Ich nickte nur. „Adri tut mir leid, dass du das jetzt mitbekommen musstest, aber ich hätte dieses Telefonat nicht länger aufschieben können." „Alles gut. Ist immer wieder schön zu wissen, was die Menschen hinter deinem Rücken über dich sagen." Die restlichen zwei Stunden Fahrt unterhielten wir uns darüber, wie alles jetzt weiter geht. Außerdem tief Max seinen Anwalt an und fragte ihn um Rat. Dieser versprach ihm, sich bis morgen früh etwas zu überlegen, damit Max nicht völlig unvorbereitet auf Alexandra treffen würde. Das würde auch so ne Sache werden.
Als wir in Hamburg ankamen, fuhren wir gleich in Richtung Studio, damit wenigstens John heute glücklich sein würde. Dort angekommen trafen wir gleich auf John, Jonas, Maxwell, Toni und Jam, den Produzent von den Jungs. Und da Max schon in Berlin vorgeschrieben hatte, fingen die Jungs relativ schnell an aufzunehmen und dann schließlich abzumischen und ich muss sagen, dass Ergebnis kann sich wirklich hören lassen.
„So Jungs und Mädel, es ist Freitag, in welchen Club gehen wir?", fragte Maxwell total motiviert. „Ähhh, entscheide du.", entgegnet Jonas, der heute anscheinend schon einen Joint zuviel hatte. „Sehr gut, jeder zieht sich jetzt was Clubmäßiges an und dann treffen wir uns in ner Stunde am Pferdemarkt, also an diesem kleinen Park bei den Mülltonnen, die Wesh letztens angesprayt hat. Und ich versuch Alex zu überzeugen und Adri du versuchst Ronny zu überreden." „Maxwell, ich fahr bei dir mit, du dürftest ungefähr meine Größe haben. So Klamottentechnisch.", erklärte Max, als Maxwell ziemlich blöd dreinschaute. „Na dann los geht's.", ich verstärkte die aufbrecherische Stimmung und nach und nach erhob sich jeder und ging dann zu seinem Auto.
Ich machte mich auf den Weg zu Martens Wohnung, in der ich ein paar Klamotten gebunkert hatte für den Fall der Fälle und da Marten im Moment irgendwo in der Karibik schnorchelte, wird es ihm auch nichts ausmachen, wenn ich bei ihm übernachten würde. Während der Fahrt rief ich Ronny noch schnell an und schaffte es mit ein wenig Überredungskunst ihn tatsächlich zu überzeugen, sich von der Couch zu erheben und seinen Ausgeh-Jogginganzug anzuziehen, um mit uns feiern zu gehen.
Bei Marten angekommen hatte ich noch eine Dreiviertel Stunde Zeit, also eigentlich nur noch 35 Minuten, da ich ja noch zum Treffpunkt fahren musste.
Also stellte ich mich schnell unter die Dusche, allerdings ohne Haare zu waschen, machte mir dann einen Pferdeschwanz und schminkte mich sehr dezent. Die Sache mit den Klamotten wurde allerdings schwieriger, als die Sachen davor. Nach längerem überlegen, schiss ich auf alles und zog mir ein kurzes schwarzes Kleid an. Dazu die schwarzen Sandaletten, die ich zu meinem letzten Geburtstag bekommen hatte und nie mit nach Berlin genommen habe. Zufrieden betrachtete ich mein Outfit im Spiegel; packte mir dann in meine kleine Handtasche mein Handy mit Powerbank und Ladekabel, ein Taschentuch und ein Kondom, man konnte ja nie wissen. Ich schnappte mir wieder meinen Autoschlüssel und machte mich auf den Weg zum Pferdemarkt, wo ich schnell einen Parkplatz fand und dann auch relativ schnell die Jungs auffand, die mal wieder nicht zu überhören waren und wohl schonmal ein wenig vorgetrunken hatten. Einer der Jungs erkannte mich als erstes und kam auf mich zu, nur um mir ins Ohr zu flüstern: „Fuck, siehst du geil aus. Du wirst heute Abend mir gehören!"


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Sorry für den Cliffhanger🙈
Denkt ihr Max hat richtig gehandelt oder einfach nur überreagiert?

Labyrinth | Kontra KWo Geschichten leben. Entdecke jetzt