Sechs Monate waren mittlerweile vergangen. Sechs Monate in denen ich mehr Tränen geweint hatte, als in den letzten drei Jahren. Jeden Abend wenn ich schon im Bett lag kuschelte ich mich in ein, vor Anila's Säuberungsaktion gerettetes T-Shirt von ihm und schlief, weinend mit seinem Duft in der Nase ein. Mit einem schwachen Grinsen im Gesicht, erinnerte ich mich an den Tag als meine beste Freundin plötzlich mit einem blauen Sack in meinem Zimmer stand und sämtliche Sachen von meinem Exfreund in den Abfallsack schmiss. Still und heimlich hatte ich eines seiner T-Shirts aus dem "Müll" , wie Anila es liebevoll nannte, gezogen und unter meinem Kopfkissen versteckt. Ich glaube sie vermutete das ich so etwas in der Tat gemacht hatte, doch gesagt hatte sie dazu noch nichts. Außerdem hatte ich endlich all meinen Mut zusammen genommen und hatte das Krankenhaus gewechselt. Nun arbeitet ich auf der neurologischen Station des Trickers Hospital, in dem Anila schon seit Anfang an arbeitete. Dieses Krankenhaus hatte einfach einen viel besseren Ruf, als mein vorheriges und außerdem hatte ich so meine beste Freundin rund um die Uhr um mich. "Erde an Kath! Hey!", ich schreckte hoch und blickte in das Gesicht der Oberschwester. Stella, stand belustigt neben mir und hatte wohl schon des öfteren versucht mich anzusprechen. "Oh tut mir leid! Was gibt es denn?", murmelte ich und richtete meine volle Aufmerksamkeit auf die Brünette. "Ich hab dich gefragt wo du die Akte von Mr French abgelegt hast?", fragte sie lachend. Suchend blickte ich mich um. "Äh.. Die war doch grade noch irgendwo!", murmelte ich, stand auf und durchwühlte die Akten vor mir. "Ah hier!", ich hielt sie in den Händen und streckte sie dann der Krankenschwester entgegen. "Danke, dir! Du weist, dass heute der neue Chefarzt kommt?" Augen rollend lehnte ich mich im Stuhl zurück und zog die nächste Akte zu mir. "Ja weiß ich. Ihr redet ja auch schon seit Ewigkeiten von nichts anderem mehr!", murrte ich. Mit dem Stift zwischen den Zähnen, strich ich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und machte mir einen neuen Dutt. Stella setzte sich gegenüber von mir hin und lass die Akte durch. Misstrauisch schaute ich sie an."Kommt jetzt wieder einer deiner berühmten: Es wird aller irgendwann besser - Vorträge?" Mit einem sanften Lächeln sah sie mich dann an. "Nein alles gut!" Mit einem letzten Blick auf mich, stand sie wieder auf und verließ das Ärztezimmer. Genervt lehnte ich mich zurück. Obwohl sie nur zwei Jahre älter war als ich, verhielt sie sich manchmal als ob sie schon zwanzig Jahre älter wäre und dem entsprechend einen Tipp für alles hatte. Natürlich mochte ich sie und war auch mit ihr befreundet, aber in letzter Zeit nervt mich einfach jeder. Selbst Anila hatte das schon abbekommen. Apropo Anila, wo blieb die Nervensäge? Eigentlich wollte sie mich abholen, damit wir zusammen zu der Vorstellung unserer neuen Oberärzte und unseres neuen Chefs gehen konnten. "Kathchen!", ertönte da plötzlich ihre Stimme. "Wenn man vom Teufel spricht!", wisperte ich. "Na danke, ich hab dich auch lieb Engelchen!" Sie ließ sich neben mir nieder und grinste mich an. Ihre schokoladenbraunen Augen funkelten mich belustigt an. "Können wir los? Wir sind sowieso schon spät dran?" Mit einem letzten genervten Seufzer nickte ich, schloss die Akte und erhob mich. Anila hakte sich bei mir unter und wir gingen gemeinsam zur Cafeteria. Auf dem Weg dorthin erzählte sie mir von einer OP für die sie heute eingeteilt war. Anila hatte den Fachbereich der Anästhesie gewählt und begleitet schon die ein oder andere OP. Als wir endlich angekommen waren, suchten wir uns einen Platz etwas weiter hinter und ließen uns dort nieder. "Wie glaubst du sind unsere neuen Bosse?", fragte mich Anila leise. Schulterzuckend richtete ich meinen Blick nach vorne wo schon eine Gruppe von Leuten stand. Ein freundlich aussehender Mann unterhielt sich mit unserem alten Professor, der bald in den Ruhestand gehen wollte und deswegen sein Krankenhaus verkauft hatte. An wen wollte er uns nur "über seine Leiche erzählen", wie er immer zu sagen pflegte. Kurz wurde ich wieder abgelenkt als sich Alexandre neben mich setzte. Er war ebenfalls Assistenzarzt der Neurologie und so etwas wie mein bester Freund auf Station. Anila und er grinsten sich auch kurz an, dann richteten wir unsere Aufmerksamkeit wieder auf unseren Professor. Dieser hüstelte gerade etwas und erkämpfte sich unsere Aufmerksamkeit. "Das hier ist ihr neuer Chef, Professor Harrison." Mit einem Schlag hatte er meine volle Aufmerksamkeit. Harrison? Mein Ex hieß auch so mit Nachnamen. Anila und ich warfen uns einen ungläubigen Blick zu, doch die Brünette schüttelte den Kopf und raunte mir zu: "Das ist bestimmt nur ein Zufall!" Mit einem mulmigen Gefühl im Magen, nickte ich. Wahrscheinlich hatte sie Recht. "Er wird ab heute dieses Krankenhaus führen. Ich habe ihnen ja schon seit längerem gesagt, dass ich mich gerne zur Ruhe setzen würde und den Rest meines Lebensabend mit meiner Frau in Florida verbringen möchte. Deshalb bin ich auch sehr glücklich, dass er mein geliebtes Krankenhaus übernehmen wird. Ab nun sind sie nicht mehr Angestellte des Trickers Hospital sondern des Harrison Hospital.", beendete Professor Tricker seine Rede. Schnaubend klatschte Alex zwei mal in die Hände. Auch Anila klatschte unbegeistert: "Wie einfallsreich die doch alle sind!" Mit einem kleinen Grinsen musste ich ihr recht geben. Nachdem der Applaus abgeklungen war, richtete Professor Harrison ein paar Worte an uns. "Ich freue mich sehr, dieses Krankenhaus übernehmen zu dürfen! Zu ihrer Unterstützung und zum Abbau der vielen Überstunden.. " erleichtertes Gemurmel wurde lauter, "habe ich fünf neue Oberärzte mitgebracht." "Das ist für jede Station einer!", murmelte Anila mir zu. Nickend dachte ich nach. Jetzt blieb nur zu hoffen, dass das alles nur Zufall war. "Meine Frau Dr. Leonie Harrison wird die Gynäkologie übernehmen, Herr Dr. Quirin Fisher ist für die Anästhesie zuständig, Frau Dr. Luisa Harrison für die Kinderstation, Herr Dr. Sebastian Thomsen übernimmt die Plastische Chirurgie und den letzte Oberarzt stelle ich ihnen vor wenn er hier ankommt. Er wird aber die Neurochirurgie übernehmen." Kurz trat Stille ein. Anila besah sich ihren neuen Chef, der aussah wie ein großer Teddybär. Er trug ein verschmitztes Grinsen und unterhielt sich mit einem anderen Mann. Das musste der Plastische Chirurg sein. "Der trägt seinen Nase ein wenig zu hoch!", murmelte mir meine beste Freundin zu, die meinem Blick gefolgt war. "Aber ehrlich!" Er rümpfte immer wieder seine Nase, als sein Blick über uns wanderte und auch mit Dr. Fisher unterhielt er sich nicht gerne. "Ah da kommt er ja!", erklang dann Professor Harrison's Stimme. Ich drehte mich in die Richtung der Tür und fing an hysterisch zu lachen. Dort stand er. Mein Exfreund und nun auch mein Oberarzt. "Dr. Benjamin Harrison!"
So meine Lieben,
heute kommt das erste Kapitel online. Würde mich über einen Vote und einen Kommentar von euch freuen :)
Eure Biene 🐝❤️
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Doktor Kotzbrocken
RomanceDie junge Assistenzärztin Kathrin hat gerade erst eine Trennung durch gemacht. Von einem auf den anderen Tag machte ihr Freund Benjamin, ohne erdenklichen Grund, mit ihr Schluss. Gerade als sie halbwegs über diese Trennung hin weggekommen ist, macht...