3 Monate waren jetzt schon vergangen, seit ich New York verlassen hatte. Professor Harrison hatte seine Erlaubnis noch am gleichen Tag gegeben und mich freigestellt, damit ich den Umzug so schnell wie möglich durchziehen konnte. Also hatte ich mein WG - Zimmer geräumt und mir einen Flug gebucht. Eine kleinere Wohnung hatte ich vom Krankenhaus in einem Wohnheim gestellt bekommen. So musste ich mich wenigstens nicht darum kümmern. Meine Mitbewohner Anila, Leander und Simon hatten meine Entscheidung nicht so ganz nachvollziehen können, doch versicherten mir jeden Tag per WhatsApp, dass mein Zimmer immer noch mir gehöre und ich jeder Zeit zurückkommen könnte. Es überraschte mich überhaupt nicht, dass meine besten Freunde es nicht neu vermieteten. Und insgeheim war ich da auch sehr froh darüber. Mein neuer Chef Dr. Glas war nämlich ein unangenehmer Zeitgenosse. Schon bevor ich meinen ersten Arbeitstag hatte, meinte Benjamin bei ihm anrufen zu müssen! Manchmal verfluchte ich diesen Mann. Also war ich an meinem ersten Arbeitstag voller guter Hoffnung an dem Krankenhaus angekommen, nur um fest zu stellen, dass ich dort schon als Dr. Harrisons Liebling bekannt war. Eine Krankenschwester hatte auf meinen verwirrten Blick hin nur gelacht und mir mitgeteilt, dass mein verdammter Exfreund seine Finger im Spiel hatte. Dr. Glas konnte Benjamin nicht leiden und damit war er mir eigentlich sehr sympathisch. Leider nur eine halbe Stunde lang, denn dann stellte ich fest, was für ein unmöglicher Zeitgenosse er war und beschloss, lieber doch auf Benjamins Seite zu stehen. Aber nur in diesem einen besonderen Fall. Dr. Glas konnte mich anscheinend genauso wenig leiden wie den Blonden und das ließ er mich am laufenden Band spüren. Immer wieder kamen leichte Spitzen gegen mich und Sprüche wie: „Ja Dr. Harrison hätte ihnen das jetzt bestimmt besser erklären können" oder „Ja bei Dr. Harrison reicht so eine Antwort vielleicht aber bei mir nicht." Und mit jedem solcher Sprüche wurde er mir unsympathischer und man merkte ihm direkt an wie neidisch er auf Benjamin war. Was er auch sein konnte, denn er war nicht die größte Leuchte auf seinem Gebiet. Mit einem grimmigen Lächeln schloss ich die nächste Akte. Dr. Glas lies mich seit ich hier war nur Akten vervollständigen und die Visite machen, einen OP hatte ich schon seit langem nicht mehr von innen gesehen. Macie kam in das Ärztezimmer und ließ sich neben mir nieder. Sie war Oberschwester und die Einzigste hier im Krankenhaus die mir freundlich gegenüber gestimmt war. Müde fuhr ich mir über mein Gesicht. Wieder einmal war ich in Gedanken zu Benjamin abgedriftet. Ich wusste überhaupt nicht wann ich das letzte Mal nicht an ihn gedacht hatte. Ich könnte mich zwar selbst dafür schimpfen, aber seine Ehrlichkeit hatte mir mehr zu denken gegeben als ich gedacht hatte. Leise mit mir selbst schimpfend zog ich die nächste Akte zu mir heran. Macie lachte leise und schaute mich dann an. "Worüber ärgern wir uns denn heute Kathrin?" Seufzend legte ich den Stift weg und schaute die Krankenschwester mit den lilanen Haaren leidend an. "Ich habe genug von den Akten. Ich will endlich mal wieder in den OP und operieren." Macie kratzte sich an der Nase. "Ich finde das auch ehrlich gesagt echt unverschämt, dass du nicht operieren darfst." Mit einem tiefen seufzen ließ ich meinen Kopf auf die Akten sinken. So verbrachten wir ein paar Minuten der völligen Stille. "Miss Black!", ertönte da auf einmal eine angenehm warme Stimme. Ich richtete mich auf und blickte zu einem sehr freundlich aussehenden Mann, mit hellbraunen Haaren und blauen Augen und mir viel zu bekannten Gesichtszügen. "Dr. Harrison!", sprach da Macie auch gleich meine schlimmste Befürchtung aus. Freudig war sie aufgesprungen und schüttelte dem Braunhaarigen die Hand. Dann wandte sich dieser mir zu und schüttelte mir ebenfalls die Hand. "Franklyn Harrison."
Auch als ich mich zwei Stunden später gemeinsam mit Dr. Harrison für die Operation fertig machte, konnte ich es immer noch nicht fassen. Franklyn Harrison, älterer Bruder von Benjamin und einer der besten Kardiologen wollte mich als Assistenzärztin haben, "Benjamin hat immer so von ihnen geschwärmt, sie seien die beste Assistenzärztin, die er je hatte." Er erzählte mir kurz alle Fakten über den Fall und war dann auch schon zum Patienten verschwunden, um ein letztes Gespräch mit ihm und seiner Familie zu führen. Dr. Glas und die anderen Assistenzärzte waren alles andere als begeistert. So stand ich also seit drei Monaten das erste Mal wieder in einem Operationssaal und hatte es mal wieder einem Harrison zu verdanken. Würde ich diesen Teufelskreis jemals unterbrechen können?! "Sie haben also vorher in dem Krankenhaus in New York gearbeitet?", begann er da plötzlich ein Gespräch. Schnell nickte ich und schruppte mir meine Hände gründlich. "Ja genau, bis vor drei Monaten." Er war schon fertig und sah mich aufmerksam an: "Und warum haben sie dann hierher gewechselt? Verstehen sie mich nicht falsch aber mein Bruder wäre ein besserer Ausbilder für sie als Dr. Glas." Mitten in der Bewegung erstarrte ich. Was antwortete ich denn jetzt bloß? Ich konnte ihm ja schlecht sagen, dass sein Bruder der Grund für meinen schnellen Wechsel war. "Persönliche Gründe.", brachte ich dann irgendwann heraus. Ich wagte es nicht ihn anzusehen. "Verstehe!" Ruckartig sah ich ihn an. Sein Blick schien mich zu durchbohren. Irgendwie wurde mir in diesem Moment heiß und kalt zugleich. Benjamin wird es ihm doch nicht erzählt haben, oder? Mit einem forschenden Blick sah er mich an. "Na dann lassen sie uns mal operieren.", lächelte er mich dann warmherzig an und ging voraus in den Operationssaal.
Während der Operation hatte ich erfahren, dass er drei Jahre älter als Benjamin war und in Berlin im Charité Krankenhaus in der Kardiologie arbeitet und dort auch Oberarzt war. Deshalb und weil er in Berlin seine Frau Charlotte kennen und lieben gelernt hatte, war er gänzlich nach Deutschland gezogen und so war Benjamin zum Erben der Harrison Kliniken geworden. Ebenfalls erzählte Franklyn mir von seinen zwei Kindern. Sein Sohn Timmy war 6 Jahre alt und seine Tochter Liliana war 3 Jahre. Auch ich erzählte ihm von New York und meiner WG, meinen besten Freunden, nur das Thema Liebe ließ ich verständlicher Weise aus. Auch über meine neue Arbeitsstelle erzählte ich ihm ein wenig. Es war irgendwie so leicht sich mit ihm zu unterhalten. Nach der Operation lobte er mich bei Dr. Glas noch einmal in den höchsten Tönen und erzählte ihm was für ein Glück er doch mit mir hatte. Er verabschiedete sich mit den Worten "Wir sehen uns bestimmt bald mal wieder!" und einem Augenzwinkern von mir.
Als ich mich am nächsten Tag endlich für den Feierabend fertig machen konnte, stand auch schon Vanessa, eine meiner Kolleginnen vor mir. "Was hast du eigentlich mit Benjamin Harrison getan, dass er dich so lobt? Bist du mit ihm ins Bett gestiegen?!" Mit großen Augen schaute ich sie an. Auch die anderen Assistenzärzte sahen mich jetzt neugierig an. Meine Überraschung wandelte sich in Wut. Wut über Benjamin, dass er sich immer in alles einmischen musste und ich niemals meine Ruhe vor ihm haben würde, Wut über meine neue Arbeitssituation und meine Kollegen. Mit einem eiskalten Blick bedachte ich sie: "Man sollte nicht immer von sich auf andere schließen und außerdem habe ich sowas überhaupt nicht nötig." "Da muss ich ihr allerdings Recht geben! Das hat sie wirklich nicht nötig!" Ruckartig drehte ich mich um und sah in braune funkelnde Augen. Wie ein Racheengel stand die Blonde in der Tür und bedachte meine Kollegen mit einem funkelnden Blick. Mein Herz blieb vor Schreck kurz stehen und ich starrte sie einfach nur an. Nach ein paar Minuten hatte ich endlich meine Stimme wiedergefunden: "Was machst du hier .... ?"
Hallo ihr Lieben,
heute geht es mit Kath weiter :) Hoffe das Kapitel gefällt euch :)
Eure Bella <3
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Doktor Kotzbrocken
عاطفيةDie junge Assistenzärztin Kathrin hat gerade erst eine Trennung durch gemacht. Von einem auf den anderen Tag machte ihr Freund Benjamin, ohne erdenklichen Grund, mit ihr Schluss. Gerade als sie halbwegs über diese Trennung hin weggekommen ist, macht...