Eine Überraschung I

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Harry wusste wirklich nicht, warum Draco ihn hier treffen wollte. Er saß auf der Bank in dem kleinen Park der Nachbarschaft, von der aus er den Spielplatz sehen konnte. Es war ein besseres Viertel als das, in dem er wohnte, aber hier wohnten viele von Jayanas Freunden. Die tobbte gerade mit Klara und Ben um ein Klettergerüst, dass in der Form eines Schiffes in einem der Sandkästen stand.

Er konnte das Lachen der drei Kinder bis zu seiner Bank hören und das sorgte dafür, dass auch auf seinen Lippen ein Lächeln lag. In den letzten Wochen hatten er und Jayana nicht so viel Zeit für ihre Freunde gehabt, sodass sie es nun umso mehr genoss, wieder Zeit mit ihnen verbringen zu können. Draco hatte so viel Zeit wie möglich mit ihnen verbringen wollen.

Das hatte Jayana viel ermöglicht, was ihr vorher nicht gegönnt war. Sie waren im Tiergarten gewesen, im Theater und einem Wasserpark. Selbst Draco schien Gefallen an den Muggelarten des Vergnügens zu mögen. Sie hatten einen magischen und einen nichtmagischen Zirkus besucht und er war von dem nicht magischen fasziniert gewesen. Harry versank fast in der Erinnerung eines Dracos, dessen Augen wie die eines Kindes leuchteten.

Als er von dem Kino und Fernsehen erfahren hatte, hatte Draco beschlossen, dass er das ausprobieren wollte, weshalb Harry nun immer wieder nachschaute ob ein guter Familienfilm lief. Er wollte auch Scorpius und Jayana mitnehmen um auch ihnen Kino zu zeigen. Aber es sorgte manchmal wirklich dafür, dass er sich schlecht fühlte, weil er Jayana das zuvor nie hatte bieten können, aus seiner eigenen Angst heraus, dass er seine Tochter verlieren würde.

Eine kleine Hand, die auf seine Wange klatschte, weckte ihn aus seinen Gedanken und er sah in Scorpius graue Augen, die ihn fröhlich anlachten. „Hallo, Kleiner." Harry hob den Vierjährigen auf seinen Schoß und drückte ihn an sich. Scorpius lachte und schlang seine Arme um Harrys Hals. „Sollte ich eifersüchtig sein?" „Auf einen Vierjährigen. Wäre weit unter deinem Niveau."

Draco lachte und beugte sich dann zu Harry um ihn zu küssen. Seit Harry es ihm erlaubt hatte, genoss Draco diese harmloseste Form des intimen Kontakts. Doch lange hatten sie keine Zeit für sich. „Dad! Draco!" Jayana kam angerannt, ihre beiden Freunde im Schlepptau. Die beiden Männer schreckten auseinander, sodass die Blonde nun auch Scorpius sehen konnte, der noch immer auf Harrys Schoß saß.

„Baby!" Und schon schien sie wieder vergessen zu haben, dass ihre Väter auch noch anwesend waren. Sie schnappte sich Scorpius und trug ihn zu ihren Freunden. Harry schloss seine Hand um Dracos Hand und schüttelte den Kopf. Er hatte gemerkt, dass Draco es nicht mochte, wenn Jayana Scorpius durch die Gegend trug. Zwar wusste er nicht warum, aber in seinen Augen war es nicht schlimm, so lange sie es nicht zu häufig tat.

„Das ist Scorpius, mein Baby Bruder. Eigentlich nur halb, aber da ist nicht wichtig, sagen Papa und Draco. Und ich nenne ihn Scorp. Ist er nicht süß." Sie konnten Jayana babbeln hören, als sie ihren Freunden ihren Bruder vorstellte und Harry fühlte den Stolz in seiner Brust. Jayana hatte ihren Bruder seit dem ersten Moment geliebt und tat es noch immer. Nicht einmal gab sie ihm die Schuld für irgendwas.

„Harry. Vergiss es gleich wieder. Ich sehe dir an, dass du dich schon wieder dafür schlecht machst, dass du Jayana hier aufgezogen hast. Du hast nichts falsch gemacht." „Ich habe ihr so viele Möglichkeiten genommen." „Und all das auf dich genommen um sie zu schützen. Du hast dein bestes gegeben und deine Tochter besser aufgezogen, als jeder andere es je könnte. Du kannst stolz auf sie sein und ich bin stolz auf euch beide. Auf dich, weil du alles für sie gegeben hast und auf sie, weil sie ein ganz besonderes kleines Mädchen ist."

Harry schwieg. Er wollte Draco glauben, aber das führte nicht dazu, dass der kleine Funke an Zweifel verschwand. „Draco." Der sah auf und sah, wie seine Tochter, seinen kleinen Sohn diesmal an der Hand, auf ihn zukam. „Was gibt es?" „Das sind meine allerbesten Freunde Ben und Klara. Das ist Papas Geliebter Draco. Er nimmt uns immer mit auf Ausflüge." Harry lachte bei der leichten Röte, die sich über Dracos Wangen zog.

Normalerweise wäre es ihm nicht peinlich gewesen, er wäre vermutlich sogar stolz darauf so genannt zu werden, doch von der eigenen Tochter vor dessen Freunden war das doch noch einmal etwas ganz anderes. „Hallo Mister Draco." Kam es von den anderen beiden Kindern beinahe gleichzeitig und nun schmunzelte auch Draco. Die Kinder waren absolut anbetungswürdig.

„Sagt einfach Draco. So alt bin ich noch nicht." Die Kinder nickten und dann sah er sich am Ende von Jayanas grünen Augen. „Warum sind wir hier? Hier haben wir uns noch nie getroffen." „Weil ich eine Überraschung für euch habe. Möchtest du, dass ich sie euch zeige oder wollt ihr noch etwas spielen?" Jayana verzog nachdenklich das Gesicht, sah immer wieder zu dem Spielplatz und ihren Freunden. Zwischendurch landete ihr Blick aber immer wieder auf Draco.

„Die Überraschung." Draco nickte und stand auf. „Ich nehme an, dass die Überraschung nicht hier ist. Sollen wir euch zwei nach Hause bringen oder dürft ihr alleine hier bleiben?" wollte Harry von den beiden Kindern wissen, die nicht zu ihnen gehörten. „Wir dürfen hier bleiben. Mama holt uns nachher ab und wir bringen Ben nach Hause." „Dann ist gut." Harry wuschelte ihnen beiden durch die Haare, ehe sie Jayana umarmten und dann mit lautem Gejohle zu dem Klettergerüst stürmten.

„Dann lasst uns gehen. Es ist nicht sehr weit." Diese Aussage führte dazu, dass Harry sich den Kopf zerbrach, was Draco als Überraschung geplant hatte. Die letzten Wochen waren voll von unerwarteten, wundervollen Überraschungen gewesen, für ihn selbst, für seine Tochter, aber auch für Scorpius und Draco.

Sie hatten sich alle gegenseitig besser kennengelernt und so viel Neues entdeckt. Er hatte Seiten an Draco gefunden, die er so nicht gekannt hatte. Die beschützerische Seite, seiner kleinen Familie gegenüber. Die Faszination gegenüber so vieler Muggelsachen, die er vermutlich selbst erst entdeckt hatte. Die Geduld, die er mit Jayana und Scorpius aufbrachte und auch ihm gegenüber. Und seinen Mut neues zu wagen und auszuprobieren um sich Jayana näher zu fühlen und zu verstehen, was sie wollte.

Er würde wohl nie vergessen, wie steif Draco die ersten paar Minuten gewesen war, als er das erste Mal als Harrys Freund Sonntags mit im Park gewesen war. Er hatte sich bald entspannt, da die meisten der Eltern nicht groß reagiert hatten und den Kindern war es komplett egal gewesen. Er wurde sogar zum Mitspielen aufgefordert. Das war eine Erinnerung, die Harry immer ein Lächeln auf die Lippen zauberte.

Draco war zunächst wirklich zurückhaltend gewesen, weil er das Spiel nicht kannte und weil er keines der Kinder verletzen wollte, doch dann fing er sich in dem Spiel. Mit verwuschelten Haaren und einigen Grasflecken auf der Hose, aber mit glücklich leuchtenden Augen hatte er sich auf die Decke fallen lassen und mit den Kindern mit den Fingern Snacks aß. Das war eine von Harrys Lieblingserinnerungen, seit Draco wieder in seinem Leben war.

Eine kleine Hand, die sich in seine schob, riss Harry aus seinen Gedanken und er sah auf Scorpius hinunter, der ihn anlächelte. Harry erwiderte das Lächeln und schloss seine Hand beschützend um die des kleinen Jungen, der für ihn war wie ein leiblicher Sohn. Er war ein Teil ihrer Familie und er liebte ihn. Wie man den kleinen blonden Engel nicht lieben konnte, ging weit über sein Verständnis.

„Draco, was machen wir hier? Das ist eine Wohngegend." Harry kannte die Gegend. Die freistehenden Häuser, alle von Gärten umschlossen, waren die Zuhause von mehreren von Jayanas Freunden. Draco antwortete aber nicht, sondern drehte sich nur mit einem Lächeln zu ihm um. „Wenn ich dir das verrate, dann ist es ja keine Überraschung mehr." Damit drehte er sich wieder nach vorne, wo Jayana vor ihm her hüpfte und ihm etwas erzählte.

Harry überlegte einen Moment, dann nahm er Scorpius auf den Arm und beeilte sich Draco einzuholen. Erst neben den Blonden ließ er dessen Sohn wieder runter und ergriff Dracos Hand. Der blieb stehen und sah von ihren verschlungenen Händen zu Harrys grünen Augen. Aber dann begannen seine eigenen, grauen Augen vor Glück zu strahlen, als er begriff, was Harry mit dieser Geste sagen wollte.

Er zeigte in aller Öffentlichkeit, dass er zu Draco gehörte. Draco wagte es nicht mehr, Harry als seines zu bezeichnen, denn da war dieser richtig ausgerastet. Er sei ein Mensch und er gehöre nur ihm selbst. Er möge zu Draco gehören, aber niemals diesem. Draco hatte es sich gemerkt und Harry nicht wieder so bezeichnet.

„Wir sind da." Harry sah zunächst zu Draco, dann sah er sich um. Sie standen auf dem Gehweg, mitten in der Wohngegend und Harry sah nichts, was die Überraschung sein könnte. Bevor er aber etwas zu Draco sagen konnte, hatte der in seine Tasche gegriffen und reichte etwas, verborgen in seiner Faust, Jayana. „Magst du für uns aufsperren?"

Blonder EngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt