Mellis POV

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Den ganzen Heimweg gehen mir die Ratschläge durch den Kopf. Dass Klaas mich nur beschützen wollte, ist mir ehrlich gesagt überhaupt nicht in den Sinn gekommen. Aber deswegen war ich ja schließlich bei jemandem gewesen, der ihn seit vielen Jahren kennt.

Trotzdem muss ich mir noch eine weitere Meinung einholen. Aber das hat Zeit, denn in erster Linie möchte ich jetzt nur noch nach Hause.

Mein Schädel dröhnt, als ich leise meine Wohnungstür aufschließe.

Vielleicht ist Klaas auch schon lange weg, weil er eingesehen hat, dass ich komplett bindungsgestört bin und fast jeden Vorwand nutze, um meine Beziehungen zu torpedieren. Und außerdem bin ich nun mal eine zynistische, neurotische Zicke.

Doch von meinem Balkon aus höre ich die Stimmen von Bo und Klaas.

„Kumpel, du musst noch eine Menge über Melli lernen. Vor allem, sie nicht mit Samthandschuhen anzufassen. Sie ist stärker als du denkst. Klar hat das mit Josh sie fertig gemacht. Aber genau deswegen musst du immer absolut ehrlich zu ihr sein," vernehme ich die mahnende Stimme von Bo.

Wäre mir nicht so elendig zu Mute, müsste ich mal wieder darüber schmunzeln, dass mein bester Freund mich eben doch in- und auswendig kennt. Es bewahrheitet sich einfach immer wieder. Vor allem in solchen Situationen.

„Hast du eine Ahnung, wo sie sein könnte, wenn nicht bei dir?" höre ich Klaas in dem Moment fragen, in dem ich durch meine Küche Richtung Balkon gehe.

„Bo, lässt du uns bitte alleine? Ich melde mich nachher bei dir," bitte ich leise und ohne mich mit einer Begrüßung aufzuhalten.

Das Gespräch mit Klaas ist mir gerade wirklich mal wichtiger.

Als er uns nach einer kurzen Ermahnung, die ich gar nicht richtig zur Kenntnis nehme, alleine lässt, bildet sich in meinem Magen ein riesiger Knoten.

„Süße, wo bist du gewesen? Ich habe mir Sorgen gemacht," fragt Klaas mich vorsichtig.

Man könnte fast meinen, dass er Angst vor mir haben müsste. Doch außer seinem deplatzierten Beschützermist hat er sich bisher noch nichts vorzuwerfen.

„Ich habe mir Rat geholt. Die Situation hat mich einfach überfordert."

„Bei wem denn? Bei deiner Freundin?"

„Nein. Du glaubst mir nie, bei wem ich war."

Erschrocken sieht Klaas mich an. In seinem hübschen Kopf kann man es förmlich rattern hören, als er überlegt, bei wem ich denn nun war.

„Bitte sag mir jetzt nicht, dass du bei Vivian warst und ihr den Marsch geblasen hast," keucht er nach einigen Momenten.

„Der dämlichen Alten hätte ich nicht den Marsch geblasen. Die hätte ihre Suppe jetzt durch den Strohhalm schlürfen können, wenn ich dort gewesen wäre. Versuch's noch mal."

Erneut sitzt er grübelnd auf einem meiner beiden Sessel. Mittlerweile steckt er sich auch schon die zweite Zigarette an, die ich je in seiner Hand gesehen habe.

Auch danach habe ich meinen Ratgeber gefragt, woraufhin mir erklärt wurde, dass Klaas nur raucht, wenn er einen über'n Durst hat oder komplett unter Strom steht. Derzeit dürfte wohl letzteres der Fall sein.

Entsetzt treffen nun Klaas' grüne Augen auf meine blau-grauen. Und in seinem Blick liegt plötzlich ein Schimmer von Erkenntnis.

„Nein, oder? Das hast du nicht wirklich gemacht?"

„Kommt drauf an, was du denkst, was ich gemacht haben könnte," antworte ich gelassen. Denn letztlich habe auch ich mir nichts vorzuwerfen.

„Du warst bei Chris, oder?"

„Ja, war ich."

„Gott, Melli. Ist das dein Ernst? Kaum wird es mal ein bisschen stressig zwischen uns, flüchtest du dich in seine Arme? Nur um mir eins reinzuwürgen?" schreit Klaas mich nun halbwegs an.

Nun ist es an mir, ihn entgeistert anzusehen. Tickt der Kerl eigentlich noch ganz sauber? Davon mal ganz abgesehen, dass wir uns noch nicht wirklich darüber unterhalten haben, ob es schon wirklich exklusiv zwischen uns ist, hat er ja scheinbar mal so gar kein Vertrauen. Weder in einen seiner besten Freunde noch in mich.

„Bist du bescheuert? Ich sagte, dass ich mir Rat geholt habe und nicht, dass ich vögeln war. Wäre dämlich das zu machen nachdem du mir diese Geschichte erzählt hast. Du Idiot hast mir nur zu verstehen gegeben, dass Chris dich halt am besten kennt. Ich war für dich dort!!!"

Verwirrt, aber immer noch wütend starrt er mich an. Doch er scheint mich gar nicht richtig wahrzunehmen. Da ist scheinbar noch etwas anderes, was in ihm brodelt.

„Was hast du mir verschwiegen, Klaas? Ich merke doch, dass da noch etwas ist. Also raus mit der Sprache!" fordere ich ihn auf, denn Klaas selbst macht keine Anstalten etwas zu sagen.

„Chris war einer von Vivians Typen. Allerdings wusste er nichts von mir, bis ich sie einmal mit ins Studio genommen habe. Er muss dann gleich mit ihr Schluss gemacht haben. Aber er hat mir kein Wort gesagt, bis zum Schluss."

Okay, das ist harter Tobak. Das hat Chris mit keiner Silbe erwähnt.

Gedanklich schlage ich mir vor die Stirn, dass ich so dumm war ausgerechnet zu Chris zu rennen, um mir Tipps geben zu lassen. Doch ich war der Meinung, dass das gut ist, um unsere etwas angespannte Situation zu verbessern. Nun finde ich sie aber schlimmer als zuvor.

„Warum hat er dir das nicht erzählt?" möchte ich wissen.

„Wir waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht lange zusammen und Chris wusste angeblich nicht, ob es da schon etwas wirklich Festes war. Das glaube ich ihm grundsätzlich sogar. Aber trotzdem hätte er mir das sagen können, finde ich."

Einen gequälteren Gesichtsausdruck, als den von Klaas, habe ich bisher selten in einem Gespräch gesehen. Es muss ihm unsagbar schwerfallen, darüber zu reden. Wahrscheinlich sieht er auch deswegen durch mich hindurch.

Doch ein kleines bisschen kann ich auch Chris verstehen. Er wollte seinem Kumpel einfach nicht weh tun. Trotzdem bin ich wütend auf ihn. Dieser Penner hat mich absichtlich in die Falle, die ich mir zugegebenermaßen selbst gestellt habe, tappen lassen.

„Trotzdem solltest du wissen, dass ich mich sicher nicht in Chris' Arme flüchten würde. Nur weil ich einen Rat über dich einholen wollte, heißt das noch lange nicht, dass ich ihn plötzlich mag. Der Penner geht mir noch immer tierisch auf den Sack. Aber du bist mir wichtig. Deswegen will ich es nach Möglichkeit nicht versauen."

Und nun endlich fokussiert Klaas mich wieder und starrt nicht mehr ins Leere.

„Auch auf die Gefahr hin, dass du mir nicht glaubst, aber das ist das Schönste, was je eine Frau zu mir gesagt hat."

„Du hast Recht. Ich glaube dir kein Wort," lächle ich ihn an. „Trotzdem möchte ich gerne wissen, warum du so von mir denkst. Ausgerechnet mit Chris!"

Unruhig rutscht Klaas auf dem Balkonsessel hin und her. Er scheint nicht genau zu wissen, was er darauf antworten soll.

„Weil wir noch nicht darüber gesprochen haben, ob wir noch mit anderen ausgehen oder nicht. Und auf Tour hast du mir sehr eindrucksvoll gezeigt, wie du mit Stress umgehst."

Jetzt schlage ich mir tatsächlich die Hand vor die Stirn. Ich glaube meinen Ohren nicht zu trauen.

„Und du hast nicht einen Gedanken daran verschwendet, dass das nur auf dich zutreffen könnte? Dass ich nur mit dir meinen Frust so abbauen will? Nur weil ich noch keine verpflichtende Beziehung möchte, heißt das doch aber nicht, dass ich weiterhin mit anderen Kerlen vögeln will. In meinem Bett will ich definitiv nur dich haben," antworte ich empört.

„Dann wäre das ja jetzt geklärt. Und jetzt komm her und lass dich küssen," grinst Klaas mich an.

Dieser verdammte Mistkerl hat mich doch tatsächlich auf's Glatteis geführt um zu hören, was er hören will.

You're Sex on LegsWhere stories live. Discover now