Mellis POV

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Total gerädert und übernächtigt kommen wir am Nightliner, der vor dem Studio der Jungs wartet, an. Weder Bo und Sanny noch Klaas und ich haben diese Nacht sonderlich viel Schlaf bekommen.

Mein Obermieter und bester Freund hat mit meiner Freundin nach der Begegnung der 3. Art noch ordentlich das Bett zum Wackeln gebracht. So ungefähr sehen die beiden auch aus.

Und ich? Ich habe mir die halbe Nacht Gedanken gemacht, was ich in meinem früheren Leben verbrochen habe, um so ein beschissenes Karma verdient zu haben. Dadurch konnte auch Klaas nicht wirklich schlafen. Zum Glück haben wir im Bus genügend Zeit dafür.

Sandra hat sich dazu entschlossen den Tourteil in Groß Britannien kurzerhand mitzumachen. Wahrscheinlich hat Bo sie dazu überredet, da wir ja noch Semesterferien haben. Chris wurde bei der Entscheidung einfach mal übergangen.

Angepisst gesellt sich nun auch Ihre Lordschaft zu dem niederen Fußvolk. Er sieht nicht weniger übernächtigt aus als wir und ich frage mich insgeheim, ob seine blonde Ische ihm so zugesetzt hat oder er nur wieder total voll war. Wäre ja auch nicht das erste Mal.

Klaas' Arm ruht auf meiner Schulter und unwillkürlich zieht er mich näher an sich. Irritiert sehe ich zu ihm auf (jaja, ich habe heute mal nur Turnschuhe an). Doch als mein Blick hinter Chris fällt, schläft mir fast das Gesicht ein.

Wütend wende ich mich ab und beginne meine Taschen als erste in das Gepäckfach des Nightliners zu verstauen.

Ohne nochmals einen Blick auf die Gruppe hinter mir zu werfen, gebe ich den Pin ein und öffne somit die Tür. Mit großen Schritten eile ich die Stufen hinauf und verschwinde nach ganz oben zu den Kojen.

An der hintersten Sitzecke stoppe ich erst und lasse mich mit Tränen in den Augen auf das Polster nieder.

Kann er mich nicht einfach nur in Ruhe lassen? Wieso, verdammt nochmal, musste er mich ausgerechnet hier finden?

Ich höre, dass sich mir jemand nähert, jedoch habe ich mein Gesicht in meinen Händen vergraben. Nicht in der Lage mich zu rühren, verharre ich weiter in dieser Position.

Am Parfüm erkenne ich, dass es weder Klaas noch Bo oder Sanny sein können. Dann bleibt ja nur noch einer übrig, denn Tobi und Gerrit sind noch nicht da.

„Hey, Melli. Willst du reden? Bo, Klaas und deine Freundin kümmern sich unten um den ungebetenen Besucher."

Wortlos schüttle ich den Kopf. Ich werde mich sicher nicht Chris offenbaren. Warum auch? Wir sind ja nicht mal ansatzweise sowas wie Freunde.

„Habe ich das richtig verstanden, dass das da unten dein Vater ist?" fragt er weiter.

„Stiefvater. Mein Vater starb als ich etwa 10 Jahre alt war. Und mehr geht dich nichts an," erwidere ich scharf.

Ohne ein weiteres Wort nimmt Chris mich in den Arm und bietet mir somit eine Schulter zum Ausheulen. So sehr ich versuche mich zusammen zu reißen, es geht einfach nicht mehr und ich fange hemmungslos an zu Schluchzen.

Tröstend streicht Chris mir mit einer Hand über den Rücken. So empathisch und rücksichtsvoll habe ich ihn in den ganzen Wochen nicht einmal erlebt.

Plötzlich schiebt er mich ein Stück von sich weg und sieht mir in die Augen.

„Auch wenn ich die ersten Wochen ein absolutes Arschloch dir gegenüber war, ich bin jederzeit für dich da. Lord of the Lost ist eine Familie. Und da du mit Klaas zusammen bist und unseren Merch machst, gehörst du logischerweise dazu. Ab sofort sind die anderen und ich deine Brüder und Schwestern. Angekommen?"

„Jawoll, Chef," muss ich nun ein wenig lächeln.

Diese Worte sind ein bisschen Balsam für meine schon wieder ganz schön angeknackste Seele.

In der Gewissheit, dass seine Ansage angekommen ist, zieht Chris mich einfach wieder in seine Arme. Bebend vor unterdrückten Emotionen verstecke ich mich regelrecht an seiner Brust, bis Klaas auftaucht.

Etwas verwundert betrachtet er das sich ihm bietende Bild und runzelt die Stirn. Chris schiebt mich wieder von sich. Jedoch nur um mit Klaas die Plätze zu tauschen.

„Soll ich euch was zu trinken holen?"

„Ja, bitte. Habt ihr diesmal an den Wodka für mich gedacht?"

Grinsend dreht Chris sich um und verschwindet nach unten, wo sich eine kleine Küchenzeile befindet.

„Ist alles ok, meine Hübsche?" fragt Klaas mich nach ein paar Momenten des Schweigens leise.

„Nicht wirklich. Aber es geht schon wieder. Als Schulter zum Ausheulen ist euer Sänger gar nicht mal so übel. Und da er ja nun mein Bruder ist, wie er mir verklickert hat, muss ich mich wohl mit ihm arrangieren. Aber Familie kann man sich halt nicht aussuchen," antworte ich niedergeschlagen.

Dass mein letzter Satz ziemlich zweideutig zu verstehen sein könnte, fällt mir erst im Nachhinein auf.

„Ach, hat er mal wieder seine 'Lord of the Lost ist eine große Familie' Ansprache gehalten? Das hätte ich mir ja denken können," lacht Klaas auf.

Schmunzelnd sehe ich ihm in die Augen. Scheinbar hat Lord Arsch, wie Sandra ihn letzte Nacht so liebevoll getauft hat, das schon öfter gemacht.

„Trotzdem wird er sicher nicht mein bester Freund. Damit muss er sich abfinden. Es macht viel zu viel Spaß ihn auf die Palme zu bringen."

„Das Kompliment kann ich nur zurück geben," werden wir vom Treppenaufgang her unterbrochen.

„Das können wir auch gerne so beibehalten," fährt Chris grinsend fort.

Scheinbar haben Klaas und ich uns bezüglich seiner Gefühle für mich doch getäuscht. Wahrscheinlich hatte er nur ein kurzes Interesse an mir, weil ich ihm Konter gebe und er mich halt nicht haben kann. Das hoffe ich jedenfalls.

Als wir wieder alleine sind, rekapitulieren wir auch nochmals die letzte Nacht.

Wir fassen es beide nicht, dass mein Stiefvater mich hier gefunden hat. Es ist nicht so, dass ich mich direkt versteckt hätte. Jedoch habe ich schon vor Jahren den Namen meines Vaters, also meinen Geburtsnamen, wieder angenommen. Außerdem herrscht bei meinen Daten eine absolute Auskunftssperre.

Ich habe also keine Ahnung, wie er plötzlich vor meiner Wohnung auftauchen konnte. Und dann auch noch sturzbesoffen.

Hätten wir nicht die Polizei gerufen, wäre er vermutlich nie abgehauen ohne mich notfalls an den Haaren hinterher zu schleifen. Lediglich die Anwesenheit von Klaas und Bo haben bis zum Eintreffen der Polizisten schlimmeres verhindert.

„Denkst du, dass es für eine Bannmeile reicht?"

Nachdenklich sehe ich Klaas an. Sein Gedanke ist grundsätzlich gut. Leider sind seine Gewaltausbrüche aber schon zu lange her. Ich habe mich diesbezüglich schon vor langer Zeit von einem sehr fähigen Rechtsanwalt beraten lassen. Und da ich keinerlei Beweise für seine 'Züchtigungen' habe, würde das Verfahren eingestellt werden.

„Keine Chance. Ich war schon vor Jahren deswegen beim Anwalt."

Wir überlegen hin und her. Denn Fakt ist, dass mein Stiefvater nun womöglich immer wieder vor meiner Tür stehen wird.

„Ich habe eine Idee. Aber du musst mich ausreden lassen, versprochen?"

Mit einem Nicken signalisiere ich Klaas, dass ich damit einverstanden bin. Denn ich selber komme einfach nicht auf eine zufriedenstellende Lösung.

„Also: Du ziehst einfach bei mir ein. Ich habe eine riesige Wohnung. Du bekommst natürlich dein eigenes Zimmer. Und wir sehen es erst mal als eine Übergangslösung. Aber finden wird er dich bei mir sicher nicht. Was sagst du dazu, Babe?" erklärt er mir vorsichtig.

Bei Klaas' ersten Satz bin ich regelrecht zusammengefahren. Ich habe noch nie mit einem meiner Ex-Partner zusammengewohnt. Seine weitere Erklärung nimmt mir allerdings die Angst. Es ist gut für mich zu wissen, dass er meinen Einzug nicht als bindend ansehen würde.

Ohne ihm zu antworten, ziehe ich ihn einfach näher an mich heran und küsse ihn.

„Danke," flüstere ich ihm dann noch ins Ohr und lehne meinen Kopf an seine Schulter.

You're Sex on LegsWhere stories live. Discover now