29. Kapitel ☾

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Natura und Naturian

┌── 𑁍*̥˚── ──── 𑁍*̥˚─┐
E l i a n a
─── 𑁍*̥˚ ── ─── 𑁍*̥˚┘

Wir sind Geschwister, Elle."

„Wir sind Geschwister, Elle."

„Wir sind Geschwister, Elle."

Immer und immer wieder hallten ein und dieselben Worte durch meinen leergefegten Kopf. Wie ein Echo, zuerst laut und zum Ende hin immer leiser werdend. Er hatte es gesagt... Er hatte es gottverdammt nochmal gesagt!
Seit Stunden saßen wir einfach nur da und schauten uns an. Oder waren es nur Minuten? Ich wusste es nicht, ich hatte absolut kein Zeitgefühl mehr. Keiner sagte etwas, es blieb still. Jeder von uns hing seinen eigenen Gedanken hinterher. Er, Lucien, sollte mein Bruder sein? Das war schier unmöglich. Das war es doch, oder? Verzweifelt vergrub ich mein Gesicht in den Händen. Konnte mein Leben eigentlich noch komplizierter werden?

„Elle, sag doch bitte etwas", bat er leise flehend und durchbrach somit die eiserne Stille.

Ich hob den Kopf und im selben Moment kreuzten sich unsere Augen. Blau traf auf lila — Lila traf auf blau.

Überwältigt von seinen Augen, welche immer noch in einem hellen Lila schimmerten, wisperte ich kaum hörbar in den Raum: „Was soll ich denn dazu sagen?", und strich mir überfordert über die Stirn.

Ja genau, was sollte ich denn dazu sagen? Ich wusste es nicht. Mir fehlten die passenden Worte. Ich konnte nicht einmal beschreiben wie es mir ging.

Verwirrt zog er die Augenbrauen zusammen.
„Mit einer Umarmung hätte ich sowieso nicht gerechnet, aber vielleicht mit einigen Fragen wie zum Beispiel »Wie ist das möglich?« oder »Verarscht du mich gerade?«, doch von dir kommt überhaupt nichts desgleichen."

Trotz der brenzlichen Situation, zuckten plötzlich meine Mundwinkel nach oben. Wie eine Gestörte grinste ich vor mich her.

Ich hatte einen Bruder...

Erst jetzt realisierte ich was er mir gerade eigentlich offenbart hatte. Wir waren Geschwister. Wir waren wirklich Geschwister!

Meine Gefühle schwankten von einem Moment auf den anderen um. Ich verhielt mich wie eine Hormongesteuerte, aber was konnte ich denn bitte dafür? Nicht ich hatte mich dazu entschlossen das alles durchzumachen, sondern mein Schicksal. Es spielte mit mir und ich verlor andauernd. Ob es nun wirklich Verluste waren, welche ich machte, stand in den Sternen geschrieben. Also warum drehte ich das Spiel nicht einfach um? Eins stand auf jeden Fall fest: Jetzt war ich diejenige, welche dem Schicksal beim Verlieren zusah.

Schachmatt, Schicksal.

Wahrscheinlich erwartete das Schicksal von mir, dass ich komplett verzweifelte und all meine Prinzipien vergaß. Doch wieso sollte ich mich über etwas eigentlich so Schönes ärgern und die Zeit unnötig mit kochender Wut und unantastbarer Verzweiflung verschwenden? Stattdessen konnte ich doch auch einfach glücklich sein. Mich positiv zu diesem ungewöhnlichen Ereignis zeigen.

Entschlossen stellte ich mich meinem eigenen Schatten und sprang vom quietschenden Stuhl auf, ehe ich meine dünnen Arme um Luciens Hals schlang. Ich drückte mich ganz fest an ihn und sog seinen undefinierbaren, männlichen Duft ein.

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