Zwischen Schnee und Luftküssen

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Der Auftritt im Club stand kurz bevor. Am Tag vorher gingen Emma und Lukas nocheinmal alles durch und probten bei Lukas zu Hause. Wieder bekam Emma eine dicke Gänsehaut bei seinen lang gezogenen Tönen. Immer wieder fand sie seine Stimme faszinierend und aufregend zugleich.
Dank dem Winter und einem dicken Pullover konnte sie die Gänsehaut aber gut verstecken. In den letzten Tagen konnte sich Emma gut einreden, dass sie mit Lukas auf keinen Fall eine Beziehung eingehen kann, das alles nur auf geschäftlicher  und freundschaftlicher Basis ablaufen muss. Sich Sachen einreden konnte Emma ganz gut.
Nach dem gefühlten 20. Probedurchlauf, ging Emma zu Lukas und nahm ihm sein Mikrofon weg, mit dem Worten: "Ist gut jetzt! Du kannst das alles, das sind deine Songs, die singst du im Schlaf. Morgen wird alles rund laufen! Lass uns jetzt schlafen gehen und morgen nochmal vor wir los fahren testen!"
Lukas stimmte zu und ging in sein Schlafzimmer und Emma machte es sich auf ihrer Lieblingsecke auf dem Sofa bequem. Nach einiger Zeit weckten sie Schritte, die sich auf sie zubewegten. "Nicht erschrecken!", Flüsterte Lukas. "Was ist denn los?", sagte Emma zerknirscht. Er setzte sich neben sie und fing an: "Ich kann nicht schlafen, ich bin aufgeregt! Das ist mein erster Auftritt vor über 200 Leuten." Emma raffte sich auf und nahm Lukas' Hand, die sehr schwitzig und kalt war. "Bitte glaube mir, alles wird gut. Du bist ein super Sänger, charismatisch und super sympathisch. Die Texte sind gut und ich glaube kaum, dass dich jemand mit Tomaten abwerfen wird." Sie schaffte es ihn zum Lachen zu bringen. "Ich brauche Gesellschaft, magste mit in mein Schlafzimmer kommen? Ich schlafe auch auf dem Boden!", fragte Lukas zögerlich. "Nein, ich kann dein Wasserbett nicht leiden!", erwiederte Emma und sofort stand Lukas auf, holte sein Kissen und seine Decke und legte sich mit aufs Sofa. Die Nacht war sehr unruhig, beide redeten sehr viel und fielen immer nur kurz in einen Dämmerschlaf. Draußen ging langsam die Sonne auf. "Naja hatten wir ja eine super Nacht, richtig schöner ausgiebiger Schlaf!", sagte Emma leicht genervt und realisierte erst jetzt, das Lukas eingeschlafen war. "Wenigstens einer von uns kann schlafen", dachte sie sich, während sie sich einen dicken Pullover drüber zog und zu seinem Küchenfenster ging. Es hatte angefangen zu schneien und es lagen ein paar Millimeter Schnee in den Straßen Berlins. Sie liebte es.
Wenn Emma genervt war, hatte sie die schlechte Gewohnheit eine zu rauchen, dass passierte aber nicht oft. Sie brannte sich eine Zigarette am geöffneten Küchenfenster an und konnte kurz die Welt um sich herum ausschalten.
Plötzlich spürte sie eine Hand, die von hinten an ihre Hüfte fasste, begleitet mit den Worten: "Du rauchst?" Lukas war aufgestanden, wahrscheinlich hatte er auch nur einen kurzen Moment geschlafen. "Wenn ich genervt bin, Brauch ich ab und zu Mal ne Zigarette!", sagte Emma. Er ging zum Schrank und stand plötzlich auch mit Zigarette am Fenster und meinte: "Da haben wir was gemeinsam, dann rauchen wir jetzt zusammen!"
Beide standen die nächsten Minuten schweigend am geöffneten Fenster und beobachteten wie immer mehr Schnee fiel. Lukas nahm wahr, dass Emma sichtlich erfreut war, Mal Schnee in der Hauptstadt zu sehen, was nicht oft vor kam. "Zieh dich an, ich zeige dir meinen Lieblingsplatz!", sagte Lukas im ruhigen Ton. Emma überlegte beim letzten Zug an ihrer Zigarette und war hin und her gerissen. "Wir müssen noch ein wenig schlafen! Du hast heute einen Auftritt und mit so wenig Schlaf ist das doch scheiße!", Sagte sie schlussendlich.
"Wir schnappen jetzt frische Luft, denn die macht müde und dann haben wir immer noch Zeit ein wenig zu schlafen. Wir müssen doch erst so 19 Uhr losfahren. Das sind noch 12 Stunden. Ich werde heute auch nicht nochmal proben. Du hast Recht mit dem, was du gestern Nacht gesagt hast, das sind unsere Lieder und die kann ich im Schlaf singen.", sagte Lukas und stimmte Emma mit den Worten um, jetzt doch einen kleinen Spaziergang zu machen.
Der Schneefall wurde immer kräftiger und beide stampften durch die verschneiten Straßen von Berlin. Sie kamen an einem kleinen Park mit einem Teich an. Lukas lotste Emma durch ein Gebüsch an seinen Lieblingsort. "Hier ist nie jemand, weil keiner die Stelle kennt. Hier hat man seine Ruhe!", sagte Lukas, während er sich durch das letzte Gestrüpp kämpfte und Emma den Weg von Ästen frei hielt. "Wow!", sagte sie leise, während sie den Anblick genoss. Sie waren an einem kleinen Bachzulauf, der in den Teich mündete. Auf einer Erhebung konnte man das Gewässer gut einsehen. Auf den Ästen der Bäume lag Schnee und die Vögel suchten sich letzte Leckerlis auf dem Boden. Der Himmel war orange vom Morgenrot und die Schneeflocken rieselte leise vor sich hin. Autos und Menschen hörte man hier garnicht, es war absolute Stille. Am Bach lag ein großer Stein, den man als Sitzmöglichkeit verwenden kann und den Lukas, während sich Emma beeindruckt umschaute, bereits vom Schnee befreit hatte. "Setz dich!", sagte er und nahm neben Emma Platz. Nach einiger Zeit, in der beide einfach nur die Ruhe genossen sagte er: "Hier ist man alleine, den Stadtmenschen ist es zu umständlich sich durch das Gebüsch zu graben, außerdem sind alle zu hektisch um die schönen Dinge zu sehen. Bisher habe ich noch nie jemand diesen Platz gezeigt, du kannst dich geehrt fühlen!" Emma lachte. "Wirklich schön hier und das in Berlin! Danke dass du mir diesen Ort gezeigt hast." sagte sie und legte ihren Kopf auf seine Schulter und er seinen Arm hinter sie. Beide saßen dann wortlos eine halbe Stunde einfach nur da und genossen alles was gerade passierte. Lukas gähnte und meinte grinsend: "Siehst du, das meine ich... Frische Luft macht müde! Lass uns nach Hause und noch ein wenig schlafen."
Sie kämpften sich den Weg zurück aus dem Gebüsch und durch mittlerweile stressigen Straßen Berlins. Hier war nichts mit Ruhe. Straßenbahnlärm und Auto Hupen waren hier Alltag.
Als beide wieder in Lukas Wohnung ankamen und sich mit einer dicken Decke aufwärmten dauerte es auch nicht lange, dass beide einschliefen und ihren Schlaf endlich bekamen.
Gegen 17 Uhr klingelte Emma's provisorisch gestellter Wecker. Sie glaubte nicht dran, dass sie noch einmal so lange einschlafen würde, aber sicher war sicher. Mittlerweile wurde es draußen wieder dunkel und aus den Schneebedeckten Straßen ist ein Matsch geworden. Sie machten sich fertig und fuhren in den Club nach Brandenburg, in dem Lukas heute seinen Auftritt hatte.
In der Garderobe angekommen, wenn man es so nenne darf, denn es war eher eine Abstellkammer, machte Lukas' seine Stimme locker und war sichtlich aufgeregt. Das erkannte auch Emma, nahm ihn kräftig in den Arm und machte ihn Mut. Es war soweit, der Auftritt stand bevor, Lukas holte noch einmal tief Luft und knallte seine Lieder, besser als je zuvor raus. Emma stand im Zuschauerraum und filmte alles mit ihrem Handy. Das Video war ziemlich verwackelt, weil sie ordentlich mit feierte. Bei den knapp 250 Besuchern kam das Mini Konzert sichtlich gut an. Sie feierten, schwungen ihre Arme und hatten gute Laune. Nach dem Auftritt bedankte sich Lukas bei dem Publikum mit einem Verbeuger, schaute danach Emma an und schickte ihr einen Luftkuss an den Bühnenrand.
In der Garderobe trafen sich beide wieder, nachdem sich Emma durch die ganzen Leute quetschen musste. Mit lautem lachen fielen sich beide in die Arme und waren glücklich. "Du warst besser als je zuvor!" Sagte sie und Lukas genoss einfach den Moment, weil er alles so unglaublich toll fand.

Bitte einfach nicht wecken (Alligatoah FF) #Wattys2019Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt