Tierische Wochen

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Rock am Ring war noch Monate weit weg und zum ersten mal machte tatsächlich keiner Stress und es waren bis jetzt noch keine Proben oder dergleichen von Lukas und den anderen angesetzt. Das war ungewöhnlich, denn bei den letzten Touren wurde immer sofort geplant und geprobt, was das Zeug hielt. Emma hatte nicht's dagegen und groß planen musste sie diesmal auch nichts. Catering, Unterkunft und Zeitplan war alles straff von den Festival Leuten geplant, sodass sie nur ein Night Liner für die Fahrt buchen musste und das hatte auch noch Zeit.
Endlich konnte Lukas Interviewtermine wahrnehmen, die bisher nicht geklappt hatten, wegen der Akkordarbeit Tour oder Album Angelegenheiten.
Täglich fuhr er mit Emma zu Interviews und langsam waren beide zunehmend genervt von immer den gleichen Fragen, blieben aber gewohnt professionell.
Weihnachten nährte sich mit großen Schritten, sodass das Berliner Tierheim eine große Aktion plante, in Form einer Plakat Kampagne, welche verdeutlichen sollte, dass ein Tier kein passendes Weihnachtsgeschenk ist und alles strikt durchdacht werden muss, ob ein Tier wirklich in den Haushalt und Alltag passt.
Emma fand die Aktion Klasse und überredete Lukas dazu, da mit zu machen. Sie wusste, dass er sein Gesicht nicht für Werbung hinhalten will, aber es war ja irgendwie keine Werbung, sondern eher eine Aufklärungskampagne und für Aufklärung, auch wenn es nur sarkastische ist, war Lukas ja durchaus bekannt.
Es war der Tag gekommen, an dem das Fotoshooting sein sollte und Emma freute sich schon, da sie Tiere über alles liebte. Sie hatte sogar einiges an Tiernahrung und Spielzeug besorgt, welches sie als Spende übergeben wollte und auch tat.
Das Tierheim war nicht weit entfernt und alles lief außerhalb der Öffnungszeiten ab, sodass sie sogar einen guten Parkplatz bekamen, den es vor den Tierheim in der Regel nicht gab.
Sie betraten das Tierheim und wurden herzlich durch eine Mitarbeiterin begrüßt und sofort den Fotografen vorgestellt. In einem Raum mit weißen Hintergrund sollte das perfekte Foto für die Kampagne, für die auch andere prominente Leute posierten, aufgenommen werden. Die Mitarbeiterin, namens Anna, erzählte noch, wie die Plakate im Endeffekt aussehen würden und dann bekam Lukas seine Katze zugewiesen, die mit auf das Plakat sollte. Eine wunderschöne Perserkatze, die vermutlich nur im Tierheim war, da sie leider schon so alt ist und deswegen schlecht vermittelbar war. "Soll ich dich ein wenig rumführen? Mal ehrlich, der Fotograf ist wahnsinnig perfektionistisch, das kann dauern!", fragte Anna und da Lukas alleine mit dem Shooting zurecht kam, was anderes blieb ihm auch garnicht übrig, stimmte Emma zu.
Der Rundmarsch ging durch das Katzengehege, dann bei den Kleintieren vorbei und zum Schluss durch die Hundezwinger. Emma würde am liebsten jedes Tier einzeln adoptieren, doch das war nicht möglich, durch den Stress und die ganzen Reisen, die ihr Job mit sich brachte. Anna stand vor einem Zwinger mit Welpen, die noch sehr jung waren und wurde plötzlich traurig. "Oh nein, warum sind die denn hier?", fragte Emma sehr mitgenommen. "Die sind jetzt 8 Wochen alt und müssen noch mindestens 4 Wochen hier bleiben, ehe sie vermittelt werden können. Das sind deutsche Doggen, zum einen sind die schwer in Berlin zu vermitteln, wegen den kleinen Wohnungen und die fressen ordentlich, sodass das auch alles eine Geldfrage ist. Ihre Mutter ist bei der Geburt verstorben, und die Besitzer kamen nicht mit dem aufpeppeln klar, sodass sie bei uns gelandet sind.", Erklärte ihr Anna. Emma bückte sich an das Gitter und ein kleiner weißer mit schwarzen Flecken kam auf sie auf trollige Art und Weise in ihre Richtung. Anna fuhr fort: "Das ist Nana, sie ist leider taub, aber die offenste und aufgeweckteste von allen." "Darf ich vielleicht da rein und ein paar Kuscheleinheiten verteilen?", fragte Emma und bekam eine Zusage von Anna. Sie ging langsam in den Zwinger und Nana fing direkt an, mit ihrem Schnürsenkel zu kämpfen. Langsam setzte sie sich auf den beigen Fliesenboden und streichelte verzaubert die Welpen. Alle waren wie zu einem großen Ball zusammengerollt und zeigten wenig Interesse, nur Nana konnte nicht von Emma los lassen.
Lukas war zwischenzeitlich mit seinem Fotoshooting fertig und kam auch in das Haus, in dem der Hundezwinger der Welpen war. Einige Zeit blieb er unbemerkt in der Tür stehen und beobachtete seine Freundin, wie sie liebevoll mit der kleinen Dogge spielte. Er fand es schön, Emma so gelöst und glücklich zu sehen. Nana wurde müde und rollte sich im Schneidersitz vom Emma ein und auch Lukas machte sich nun bemerkbar und setzte ich zu ihr. "Ist ja niedlich!", sagte er und durfte sich die Geschichte über die Welpen von ihr anhören. Auch er war nun verzaubert, als ihn Nana über die Hand leckte. Der Fotograf stürmte herein und sagte nur: "Das Plakat ist fertig, wollt ihr euch es anschauen?" Beide stimmten zu und Emma legte den Welpen zurück zu seinen Geschwistern und beide verließen das Gehege.
Ein leises jaulen bewegte Emma dazu sich noch einmal umzudrehen und Nana stand mit verdrehten Kopf am Gitter. Sie atmete tief durch und streichelte ihn durch die Maschen ein letztes mal und redete ihm leise zu: "Ach du Süße, du findest schon dein richtiges zu Hause." Mit leicht gebrochenem Herz ging Emma Lukas hinterher um sich das Plakat anzuschauen.
Das Bild war schwarz - weiß und Lukas küsste die Katze auf den Kopf, die so wirkte, als ob sie grinsen würde. In großen orangenen Buchstaben stand darauf "Auch ein Alligatoah liebt Katzen" und darunter die Message, die das Tierheim verbreiten wollte. Beide akzeptierten diese Version und es konnte in den Druck gehen.
Emma lieferte noch ihre ganzen Spenden ab, die Anna dankbar annahm. Auf der Fahrt nach Hause kam Emma nicht mehr aus dem schwärmen raus.
Mittlerweile prahlten in ganz Berlin und in den sozialen Medien die Plakate von Tierheim und Lukas empfand es als komisch, dass er zu dem Zeitpunkt präsenter in Sachen Tierschutz, als bei Musik war. Er schwor sich so etwas nicht mehr zu tun, auch wenn es für den guten Zweck war. Lieber wollte er ab sofort öfter mal etwas spenden.
Endlich stand Weihnachten in den Startlöchern und Emma und Lukas würden ihr erstens Weihnachten zusammen verbringen, obwohl sie sich schon so lange kennen. Die Jahre davor haben beide bei ihren jeweiligen Eltern gefeiert und umso größer war die Freude, dass es dieses Jahr nun anders werden würde. Auch Steven würde Heilig Abend vorbei kommen, da er ja quasi mir zur Familie gehört.
Schenken wollten sich alle nichts, dass haben sie sich versprochen.
Emma genoss es, gemeinsam mit Lukas an Heilig Abend den Baum zu Schmücken, bei der Farbwahl der Kugeln hatte sie sich durchsetzt. Es wurden hellgrüne und weiße Kugeln aus Glas, was Emma wichtig war, liebevoll an den Baum gehängt und mit kleinen roten Weihnachtssternen kleine Eyecatcher mit verbaut. "Was ist mit Lametta?", fragte Lukas, der ganzen genau wusste, dass er Emma mit Lametta ärgern könnte. Sie blickte ihn böse an: "Ich hasse Lametta! Das weißt du!", fuhr sie ihn an und er musste herzhaft lachen.
Auch sie wusste, dass sie mit dem Spruch nur aufgezogen wurde. Die ganze Wohnung erschien jetzt sagt weiblich. Überall verbaute Emma weihnachtliche Deko Figuren, der große Weihnachtsbaum und Tannengirlanden auf den Schränken. Sie liebte Weihnachten und wenigstens einmal im Jahr musste sie mit der Deko restlos übertreiben.
Anders als bei anderen, gab zu Heilig Abend Hackbraten gespickt mit Mais, dazu Rotkraut und Knödel, den sich Emma zum Nachmittag hin wittmete. "Ich hole Steven ab!", rief Lukas in die Küche, der sich bereits seine Jacke anzog. "Kann der nicht laufen? Oder Straßenbahn fahren? Es sind nur zwei Stationen!", brüllte Emma zurück und Lukas beeilte sich aus der Wohnung zu flüchten, bevor Emma aus der Küche hinaus guckt. Er schaffte es rechtzeitig aus der Wohnung raus, ohne dass Emma noch weitere Fragen stellen konnte, denn gegen das Versprechen, hatte er für sie eine Überraschung, die er nun noch holen musste. "Schatz?", brüllte Emma, die keine Antwort erhielt und nun auch mitbekam, dass Lukas schon weg war. Irritiert klemmte sie sich wieder hinter den Herd und vergaß die Zeit, sodass sie garnicht mitbekam, dass Lukas knapp zwei Stunden unterwegs war, um angeblich einen Kumpel abzuholen, der nicht einmal einen Kilometer entfernt wohnte.
"Minze, wir sind da!", schrie Lukas ihr entgegen und bekam nur zu hören: "Setzt euch hin, gibt direkt Abendessen!" Emma ging fokussiert mit ihren Hackbraten Richtung Tisch um diesen abzustellen und erst danach wollte Steven begrüßen, welches aus einem besonderen Grund aber auch nocheinmal verschoben werden musste. Lukas stand in der Wohnzimmertür, als würde er irgendetwas zurück halten. "Was los? Setz dich hin!", forderte ihn Emma auf und er trat einen Schritt zur Seite. Was hinter ihm stand erwärmte Emmas Herz, ließ sie aber auch gegenüber Lukas leicht sauer werden. Er hatte Nana aus dem Tierheim geholt. Diese schaute Emma an und es schien, als würde sie sie erkennen. Tollpatschig rannte sie auf Emma zu und rutschte auf dem Holzfußboden immer leicht aus. Lukas und Steven hatten ihr eine grüne Schleife um den Hals gebunden und beobachteten die Situation mit Freude, in der Emma Nana auf den Arm nahm und liebevoll abknutschte und streichelte. "Hase, wir wollten und nichts schenken und dann schon garnicht einen Hund. Dafür ist unser Leben einfach nicht gemacht!", sagte Emma in Richtung Lukas. "Mir hat es das Herz zerissen, als du noch einmal vor dem Hundezwinger gekniet hast und das kleine Wesen dich so angeguckt hat. Klar wird das eine Herausforderung auf Tour aber das bekommen wir auch hin. Ich weiß, dass das eine deutsche Dogge ist und verdammt groß wird. Wir haben Platz, genug Geld für Futter und ein großes Auto indem sie mitreisen kann. Das wird schon alles! Außerdem werden wir selbst an langen Studiotagen dadurch gezwungen an die frische Luft zu gehen und das kann nicht schaden!", versuchte Lukas zu schlichten, während Emma die kleine Nana auf den Boden setzte und diese nun die Wohnung erkundete.
"Ich hoffe du hast Recht und alles wird einfacher als gedacht!", sagte Emma, die Lukas aber bei dem Anblick von Nana nicht böse sein konnte, dass er so eine wichtige Entscheidung ohne sie traf. Endlich konnte sie nun auch Steven begrüßen, der feierlich eine Hundekörbchen voll mit Futter und Spielsachen überreichte, als Weihnachtsgeschenk. "Ich komm mir so blöd vor, ihr schenkt mir hier was, obwohl wir gesagt haben, keine Geschenke! Ich habe nichts für euch!", sagte Emma enttäuscht. Lukas nahm sie in den Arm und meinte nur, dass der Hund ein Geschenk für die beiden sei, von daher kein richtiges Geschenk ist. Nana saß zwischen den Beinen der beiden, als sie sich verliebt küssten. "Jetzt sehr ihr aus, wie eine kleine Familie, selbst euer Kind ist euch wie aus dem Gesicht geschnitten!", scherzte Steven, der den Hackbraten anschnitt und für die Aussage sofort einen sanften Schlag auf den Hinterkopf von Lukas bekam. Es wurde gegessen und allen schmeckte es. Nana hatte inzwischen auch schon einen neuen Lieblingsplatz. Sie saß vor dem Aquarium und schaute interessiert den Fischen zu. Ein niedlicher Anblick, den Emma sofort festhalten musste. Auch das Körbchen riss sich Nana direkt unter den Nagel und schlief darin, als hätte sie nie woanders gelebt.
Weihnachten war mittlerweile vorbei und auch Lukas und Emma haben sich an den Hund in ihrem Leben gewöhnt. Schnell beherrschte sie einige Kommandos, die sie ihr liebevoll über Wochen lernten, obwohl sie dachten, dass das alles etwas länger dauern würde, dadurch, dass Nana taub war. Doch es klappte alles Bilderbuchmäßig. Die ruhige Art der kleinen und das ziehen am selben Strang bei der Erziehung ermutigte Lukas etwas zu sagen, was Emma überraschte: "Wir wären die perfekten Eltern, weißt du das?" Emma schaute ihn geschockt an: "Kinder sind doch anders als Hunde. Kinder passen einfach nicht in unser Lebensstil. Nana kann man mitnehmen, mit Baby geht das alles nicht. Auf Touren oder Auftritten, Terminen, mit Hund funktioniert das, aber ein Kind braucht ganz andere Aufmerksamkeit!"
"Irgendwann möchte ich aber ein Kind oder Kinder mit dir, du bist meine Frau des Lebens, dann kann man ja auch die Karriere hinten an stellen. Es dreht sich nicht im er nur alles um Musik!", sagte er und überraschte Emma damit noch mehr, den seine Karriere war ihm heilig und solche Worte waren neu.
"Es passiert, wenn es passiert!", sagte Emma und wollte dieses Thema ersteinmal hinter sich lassen. Klar hatte sie sich auch immer Kinder gewünscht, aber sie liebte ihr Leben so, wie es gerade war. Sie schob, um auf ein anderes Thema zu kommen direkt hinterher, dass sich die beiden und die Trailerpark Jungs jetzt erst einmal auf die Festivalsaison und die Akkordarbeit Tour vorbereiten müssen, denn mittlerweile war es Frühling und die Festivals waren nicht mehr allzuweit entfernt. Lukas akzeptierte diese Aussage schweigend und ließ sie mit seinem Kinderwunsch ersteinmal in Ruhe.

Bitte einfach nicht wecken (Alligatoah FF) #Wattys2019Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt