Zweifel an der Beziehung

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Es war ein Viertel Jahr seit Lukas' Geburtstag vergangen und es passierte garnichts mehr. Keine Zärtlichkeiten, kaum Küsse, selten nette Worte. Lukas verbrachte nur noch im Studio, obwohl nur noch ein Lied auf dem Album fehlte.
Emma fühlte sich einsam und alleine, nur Hund Nana war für sie jede Minute da.
Immer wieder überlegte sie sich, was sie bloß falsch gemacht haben könnte. Ihr fiel aber rein garnichts ein. Die täglichen gemeinsamen Abendessen kamen auch nur noch alle zwei bis drei Tage vor.
Emma war nicht der Typ, die Probleme gegenüber Lukas laut auszusprechen. Immer wieder dachte sie sich, dass es alleine an der vielen Arbeit liege, die Lukas erledigte. Doch damit verarschte sie sich nur selber.
Sie fiel in alte Muster ihrer Mobbing Zeit und so kroch sie sich selber in ihr Schneckenhaus zurück und ließ die ganze Situation nur noch laufen. Damit ist sie in der ganzen Phase damals im Job ganz gut zurecht gekommen, sodass es psychologisch logisch war, dass sie das tat. Trotzdem gab sie es nie auf, sich wieder Lukas anzunähern. Immer wieder versuchte sie ihn zu küssen, hatte aber das Gefühl, dass er alles nur wiederwillig zu ließ. Emma wurde immer trauriger und ruhiger. Immer wieder verschwand sie in den winterlichen Weiten des Waldes mit Nana um zu grübeln. Auch Janine bekam mit, dass mit Emma irgendwas nicht stimmt, obwohl sie immer das Beste gab, gute Laune vor zu spielen.
"Was ist los mit dir?", fragte Nine, als sie wieder bemerkte, dass Emma nicht ganz anwesend war. "Ach alles gut!", versuchte Emma das Thema zu abzuweisen. "Schwachsinn, natürlich hast du was! Du gehst nur noch alleine mit Nana raus, man sieht euch nicht mehr wild knutschen. Irgendwas habt ihr doch!", erwiderte Nine in einem groben Ton. Emma atmete genervt aus, erklärte ihr, wie die Situation gerade ist und fing fast an zu weinen. Nine verstand nicht, wie es zu dieser Situation kommen konnte und auch Emma war restlos überfragt. Obwohl sie noch nicht richtig an ihrem Tümpel angekommen waren, meinte Emma: "Los, lass uns umdrehen!" Janine stimmte schweigend zu und konnte die Depri Phase von Emma nachvollziehen. Sie wusste nicht, wie sie ihr helfen könnte, sie kam irgendwie nicht an Emma dran. So entschloss sie sich über Facebook Steven anzuschreiben, mit der Hoffnung, dass er Emma besser erreichen konnte, da die beiden die besten Freunde waren.
Sie schrieb:
Hallo Steven,
Hier ist Janine, die Nachbarin von Lukas und Emma.
Ich schreibe dir in der Hoffnung, dass du mit Emma reden kannst... Sie ist schrecklich deprimiert und irgendetwas stimmt auch in der Beziehung der beiden nicht.
Hoffentlich liest du das bald.
LG
Da die beiden auf Facebook nicht befreundet waren, landete die Nachricht in den "sonstigen" Eingang von Steven und nur durch ganz großen Zufall bekam Steven die Nachricht doch schnell zu Gesicht. Sofort versuchte er Emma anzurufen, die aber keine Lust darauf hatte und die Anrufe gekonnt ignorierte. Auch Lukas konnte er nicht erreichen, der eh immer das Handy aus hatte, wenn er im Studio war. Auch Emma schaltete nach endlosen Anrufversuchen von Steven ihr Handy aus.
Steven schrieb Janine zurück um zu erfahren, wann die beiden immer Gassi gehen würden, denn das war der einzige tägliche Termin, dem Emma noch zuverlässig nach ging.
Am nächsten Tag machte sich Steven auf in das Dorf, parkte weiter weg, damit Emma nichts bemerkte und ging zu Janine um gemeinsam mit ihr auf Emma und Nana zu warten.
Pünktlich 15 Uhr klingelte es bei Janine an der Haustür und Emma stand mit Nana vor der Tür. Sie erblickte Steven, der hinter Janine in der Tür erschien und sagte genervt: "Was wird das denn jetzt? Musste das sein, Nine?" Steven übernahm das Wort: "Ja das muss sein!" Nine vertraute Steven ihre Hunde an, sodass heute Steven die gewohnte Runde mitgehen konnte. Bedenken hatte Janine deswegen nicht, denn Steven war der größte Hundefreund, den sie kannte. "So jetzt Tacheles, was los?", sagte Steven, der schon oft ein guten Rat für Emma, sowie auch Lukas parat hatte. "Ich will dich damit nicht nerven, wir müssen das auch irgendwann mal selber in den Griff kriegen!", versuchte Emma das Thema vom Tisch zu bekommen.
Doch Steven gab keine Ruhe, sodass sie ihm erzählte, dass sich Lukas immer mehr distanziert und sie keine Ahnung habe, wieso. Er verstand die Welt nicht mehr, sonst hat Lukas ihm alles anvertraut und noch vor zwei Wochen hatten sie telefoniert und alles schien in Ordnung, was es offensichtlich nicht war. "Ich weiß nicht, ob das noch alles ist, was ich will... Was mich erfüllt...", sagte Emma plötzlich auf dem nach Hause Weg. "Was soll das denn jetzt heißen? Willst du jetzt alles weg schmeißen, weil es einmal schlecht läuft? Das kann nicht dein Ernst sein!", sagte Steven enttäuscht. Emma kämpfte mit den Tränen und antwortete: "Es liegt ja nicht an ihm. Mich nervt, dass er Tage lang nur im Studio hockt und nicht ansprechbar ist. Nächstes Jahr geht es wieder auf Festivals und danach auf Tour. Klar ist es schön, quer durchs Land zu Reisen und auf Festivals neue Leute kennenzulernen, aber irgendwie ist es immer der gleiche anstrengende Ablauf. Entweder er ist im Studio oder probt mit euch oder den Jungs. Ich Fall irgendwie hinten runter. Er will Kinder, wie soll das funktionieren?" "Wenn ihr Kinder hättet wäre er anders...", versuchte Steven irgendwie zu schlichten. "Nein, dass glaube ich nicht, er verfällt zu schnell in alte Muster zurück! Erinnerst du dich, als vor zwei Jahren Nana zu uns kam? Da hat er noch gesagt, dass ist perfekt, so werden wir gezwungen mal den Kopf an der Frischen Luft frei zu bekommen! Seit drei Monaten war er nicht einmal mit beim Gassi gehen, weil er sofort im Keller verschwindet. Zu meinem Geburtstag hast du mit ihm geredet, dass er wenigstens zum Abendessen immer da sein soll. Mittlerweile passiert das nur noch zwei bis drei mal die Woche, die anderen Tage holt er sich das Essen ins Studio. In letzter Zeit komm ich mir wie so ein Übel vor.", sagte Emma und brach nun in Tränen aus und heulte Rotz und Wasser. "Das wusste ich alles nicht!", sagte Steven leise und nahm sie tröstend in den Arm. "Ich rede mit ihm!", sagte Steven und streichelte Emma über den Rücken. "Kannst du tun, aber was soll das bringen? Verbesserung für ein Viertel Jahr? Ich liebe ihn abgöttisch, aber damit kann ich einfach nicht leben!", sagte Emma tief traurig und enttäuscht. Jetzt wurde Steven grober im Ton und meinte: "Jetzt reicht es, wir setzen uns zu jetzt dritt an einen Tisch und reden über alles. Das kann doch nicht sein, dass das jetzt den Bach runter geht." Emma sagte dazu garnix und heulte leise weiter vor sich hin, als die beiden zurück liefen.
Emma ging mit Nana ins Haus, als Steven Janine ihre Hunde zurück brachte.
Kurze Zeit später verschwand Steven bei Lukas im Keller und Emma konnte es nicht lassen, sich in den Garten zu setzen, trotz der niedrigen Temperaturen und eine zu rauchen. Nana bemerkte scheinbar auch, dass etwas nicht stimmte und wich Emma keinen Zentimeter von der Seite. Immer wieder, so schien es, schaute Nana Emma mitleidig an und legte ihren Kopf auf Emma's Schoß. Hunde haben ja bekanntlich ein Gespür für so etwas.
Geschlagene zwei Stunden später kam Steven mit Lukas im Schlepptau in den Wintergarten und setzten sich an den Tisch. Emma, die immer noch im Garten saß bemerkte dies, atmete tief durch, wischte sich die letzten Tränen aus den Augen und ging dann zu den beiden.
Steven begann: "Jetzt sitzen wir alle an einem Tisch, jetzt redet verdammt noch einmal miteinander!" Emma schaute Lukas mit ihren rot verheulten Augen an und fragte: "Was ist los mit dir? Hab ich dir was getan?" Er schüttelte nur den Kopf. Emma wurde rauer im Ton: "Sprich mit mir, was ist los?" Lukas zögerte und Steven gab ihn einen Schubs mit den Worten: "Jetzt sag ihr schon was los ist! Ihr seid seit sechs Jahren ein Paar, es kann doch nicht so schwer sein, über Probleme und Sorgen zu reden." "Es liegt nicht an dir Schatz, dass ich mich distanziere!", sagte Lukas fast flüsternd. Emma schaute ihn gebannt an und sah, wie ihm eine Träne über die Wange lief. Nach kurzer Zeit sprach er weiter: "Ich kämpfe gerade mit Druck und damit muss ich alleine zurecht kommen!" "Das ist doch Schwachsinn! Wir sind ein Paar, dass heißt, wir reden auch über die unschönen Dinge und geben uns gegenseitig Halt! Was hast du denn für Druck?", versuchte Emma ihn klar zu machen. "Alles halt... Das Album muss passen, sonst sind wir finanziell am Ende und ich möchte nicht, dass du wieder irgendwo als Verkäuferin uns den Lebensunterhalt finanzierst und ich irgendwo anders arbeite. Ich bin bald 30, bis dahin wollte ich Kinder, dich ich sehe selber ein, dass Kinder mit diesen Jobs quasi unmöglich sind. Ich überlege halt momentan viel und hab dich deswegen vernachlässigt. Das ist nicht in Ordnung, dass weiß ich selber!", sagte Lukas und immer mehr Tränen tropften von seiner Nase auf den Tisch. Emma versuchte stark zu bleiben und nicht wieder zu weinen. "Hase, dann müssen wir uns halt überlegen, wie es weiter gehen soll. Es ist nicht Sinn und Zweck der Sache, sich durch ein Album kaputt machen zu lassen.", sagte sie und nahm seine Hände. Er schwieg und deswegen sagte Emma: "Es klingt vielleicht hart, aber es gibt auch noch andere Wege Geld zu verdienen. Musik ist ein hartes Pflaster, dass habe ich nun auch kennengelernt." Steven saß schweigend neben den beiden und fand es sehr berührend, wie die beiden wieder langsam aufeinander zu gingen. Lukas schaute Emma an und meinte: "Du hast Recht, lass uns gemeinsam einen Plan machen, wie es nach der Tour 2019 weiter geht. Denn so kann ich das auch nicht mehr." Emma nickte, ging zu ihm rüber und beide umarmten sich innig. Dabei flüsterte sie ihm ins Ohr: "Beim nächsten mal vertraust Du mir vorher deine Gefühlswelt an, ich bin doch kein Unmensch. Wir finden für alles einen Weg." Direkt nach dieser Umarmung ging Emma weiter zu Steven um auch ihn zu umarmen und auch ihm flüsterte sie etwas ins Ohr: "Ich glaube ohne dich wären wir nie solange zusammen geblieben, oder auch garnicht erst zusammen gekommen! Danke!!!" "Alles gut, dafür sind beste Freunde da!", sagte er und grinste sie zufrieden an.
Steven fuhr nach Hause und Lukas und Emma saßen an dem Tisch und wussten immer noch nicht, wie sie jetzt miteinander umgehen sollten. Lukas rettet die Situation und meinte: "Darf ich dir ein Lied vom Coveralbum vorspielen?" Emma nickte und freute sich auch mal wieder eine Rolle in seinem Leben spielen zu dürfen. Außerdem hatte sie das Coveralbum noch nie zu Ohren bekommen.
Beide nährten sich nun langsam wieder an.

Bitte einfach nicht wecken (Alligatoah FF) #Wattys2019Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt