Piercings

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Soyalas Sicht

Verdattert verließ ich das Haus, nachdem ich Liam wieder an seine Eltern übergeben hatte. ‚Was verrücktes tun‘ das war einfach nicht ich, ich tat niemals etwas verrücktes, aber vielleicht hatte Blake recht und es war an der Zeit etwas zu ändern.

Es war noch nicht spät und wie ich so durch die Straßen schlenderte, kam ich an einem Studio vorbei, das Tätowierungen und Piercings machte. Ich blieb stehen und sah durchs Schaufenster, der Laden schien leer. Ich erinnerte mich daran wie ich vor ein paar Jahren vor einem ähnlichen Laden stand und Larry mir eine Standpauke hielt, dass so etwas abartig sei und er mich dann weiterzog. Doch dieses Mal war Larry nicht hier, er konnte mich nicht weiterziehen und so schob ich die Tür auf und das kleine Glöckchen kündigte meinen Besuch an. 

Der große Mann am Tresen sah von seiner Zeitschrift auf, er war von oben bis unten tätowiert und hatte mehrere Ringe in seinen Ohren. „Wie kann ich helfen?“, fragte er und seine Stimme klang durchaus freundlich. Ich brauchte noch einige Sekunden, bis ich mein Kopf davon überzeugt hatte, dass ich das richtige tat. „Ich würde mir gern ein Piercing stechen lassen“, sagte ich und hoffte das meine Stimme nicht zu unsicher ist. „Klar dann komm doch mal mit nach hinten“, ich folgte ihm und sah mich im Laden um, an der Wänden hingen Urkunden von verschiedenen Tattoo Wettbewerben. Er zeigte auf einen Stuhl und ich setzte mich.

Nachdem ich ihm erklärt hatte, was ich denn gerne hätte, war er dabei sich die Gummihandschuhe überzuziehen. Als er dann neben mir stand, war ich wirklich nervös. Jetzt gab es kein Zurück mehr, wegrennen nicht möglich. Er desinfizierte meine Nase und betäubte die Haut mit etwas kältespray. Den Stich merkte ich kaum, es war schneller vorbei als ich dachte und doch standen mir die Tränen in den Augen, aber nicht vor Schmerzen, sondern diesem seltsamen Gefühl, wenn man sich in die Nase kneift. Ich wischte mir die Tränen weg und ging mit Tommy, wie sich raus gestellt hatte nach vorn um zu bezahlen.  „Beim nächsten Mal vielleicht ein Tattoo“, zwinkerte er mir zu, als ich ihm die zwanzig Dollar Note reichte. „Ich ziehe es ernsthaft in Erwägung“, grinste ich und verließ den Laden.

Ich trat in die strahlende Sonne Arizonas und atmete die trockene Wüstenluft tief ein. In diesem Moment fühlte ich mich so gut wie schon lange nicht mehr, es kam mir vor als wäre ich frei. Dieses Gefühl hatte ich schon lange nicht mehr und erst jetzt merkte ich wie sehr ich es vermisst hatte. Mein Mut, Selbstbewusstsein, meine Kraft, meine Lebensfreude, all das kehrte in diesem Moment zu mir zurück und plötzlich war es wie eine Sucht, ich wollte mehr, mehr von diesen völlig verrückten Dingen, mehr von diesem Ausbruch aus dem Käfig. Ich lief die Straße hinunter und hoffe, nein ich wusste, da würde noch so viel mehr kommen.

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