Kapitel 2

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»Verdammt noch mal, Luca, bist du bald fertig? Wir müssen los. Ich will nicht als Letzter auf dieser Party erscheinen.«

Die Stimme seines Freundes bohrte sich unangenehm in Luca Summersons Ohr. Er hatte gehofft, dass er vielleicht doch noch um diesen Abend herumkommen, Derek sich erbarmen und alleine gehen würde. Aber das sah nicht danach aus.

Seufzend knöpfte der junge Mann sein dunkles Hemd zu und zog eine ebenso dunkle Weste darüber. Dann fuhr er sich noch mal mit den Fingern durch die fast schulterlangen, weißblonden Haare und stieg die Treppe hinunter. Als er das Wohnzimmer im Parterre des Hauses betrat, sah sein Mitbewohner, der es sich derweil auf dem Sofa bequem gemacht hatte, auf. Er musterte den Blonden von oben bis unten und zog dann eine Augenbraue hoch.

»Dein Ernst, Luca? Gehen wir auf eine Beerdigung oder auf eine Gartenparty? Hast du auch andere Klamotten als immer nur dieses dunkle Zeug?«

Der Angesprochene verdrehte die Augen und ließ sich auf einen der beiden Sessel fallen: »Was willst du von mir? Ich kann auch gerne zu Hause bleiben. Ich hab eh keinen Bock auf diese dumme Fete und gehe nur dir zuliebe mit. Außerdem ist mir nach wie vor nicht nach hellen, fröhlichen Sachen. Tyler ...«

»... Tyler ist seit über zwei Jahren tot, Luca. Irgendwann solltest du vielleicht mal versuchen, damit abzuschließen. Meinst du nicht?«, fiel Derek ihm ins Wort.

Sein Gegenüber anfunkelnd, stand der Blonde auf.

»Ja, mein Bruder ist seit über zwei Jahren tot, aber wie lange ich um ihn trauere und wann und ob ich bereit bin, ihn loszulassen, das musst du schon mir überlassen.«

Derek senkte den Blick und schwieg. Auch wenn er es nicht nachvollziehen konnte, hatte Luca natürlich recht. Es war seine Sache und niemand hatte das Recht, sich einzumischen.

»Tut mir leid«, murmelte Derek zerknirscht.

»Schon gut. Vergiss es einfach. Lass uns gehen.«

Gemeinsam verließen sie das Haus und machten sich zu Fuß auf den Weg zu der besagten Gartenparty, die von einem Freund Dereks ausgerichtet wurde und nur eine halbe Stunde zu Fuß vom zu Hause der beiden entfernt stattfand.

Während sie nebeneinander den Weg entlang liefen, telefonierte der Dunkelhaarige mit einer Freundin, Luca hingegen hing seinen Gedanken nach. Für ihn war es ein Graus, unter vielen Menschen zu sein. Seit dem Tod seines Bruders hatte er sich sehr zurückgezogen und einen großen Teil seiner freien Zeit alleine zu Hause vor dem Computer verbracht. Ansonsten war er meist draußen in Reading, eine gute Autostunde von London entfernt, auf dem Gestüt seines Onkels Alan gewesen, und hatte lange Ausritte mit seinem Pferd unternommen.

Das sollte sich allerdings jetzt ändern, das hatte der junge Mann sich fest vorgenommen. Dieses dauernde Absondern von Allem und jedem musste aufhören. Sein Onkel hatte ihm schon die Hälfte des Gestüts übertragen, damit Luca etwas Sinnvolles mit seiner Zeit anstellte, wie Alan zu sagen pflegte, und um ihn von seinen trüben Gedanken abzulenken. Dafür war er ihm mittlerweile auch dankbar, obwohl er anfangs nicht begeistert von der Idee gewesen war. Und diese Gartenparty, zu der sein Kumpel ihn gerade schleppte, sollte ein weiterer Schritt in Richtung dieser Veränderung sein - Leute treffen und sich mit ihnen abgeben. Luca hatte sich zwar mit Händen und Füßen gewehrt, dort mit hinzugehen, aber Derek hatte den längeren Atem gehabt und ihn so lange genervt, bis er schließlich eingewilligt hatte.

»Was grübelst du schon wieder?«, die Stimme seines Freundes riss den Blonden aus seinen Gedanken, »Wir sind da.«

Luca hob den Blick. Ja, sie waren da ... Das war nicht zu überhören. Laute Musik dröhnte ihnen entgegen, als sie den parkähnlichen Garten des Hauses durch ein kleines, hölzernes Tor betraten. Während Derek sich sofort in das Getümmel auf dem von einer hohen, weißen Mauer umfriedeten Gelände stürzte, blieb Luca erst einmal stehen und sah sich um. Der oder die Gastgeber hatten alles mit unzähligen Ballons, Lampions und Pechfackeln dekoriert. Lichterketten waren zwischen den Bäumen aufgehängt worden. Es gab einen riesigen amerikanischen Grill und auf zwei großen Tischen standen etliche Schüsseln mit Salaten und kleinen Häppchen. Des Weiteren gab es Alkohol in rauen Mengen - von Bier über Sekt und Wein bis zu den härteren Sachen, wie Whiskey, Tequila und Wodka. Die Gäste hatten sich quer über den ganzen Garten verteilt, standen in kleinen Gruppen herum, tranken, aßen, rauchten oder unterhielten sich einfach nur. Die meisten aber tummelten sich auf der zur Tanzfläche umfunktionierten Veranda des Hauses. Die Musik kam aus riesigen Lautsprechern, die irgendjemand unter dem Vorsprung des Daches aufgehängt hatte.

VAMPIRES Book of Eternity I. - White BirdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt