Alan Summerson wartete mit Lady Amelia Bramlett im Schatten der gewaltigen Eiche, die schon seit der Errichtung des Herrenhauses vor diesem stand, als Willow mit Sebastian im Schlepptau um die Ecke beim Roundpen bog.
Die junge Frau konnte schon von Weitem sehen, dass ihr Arbeitgeber mit dem Fuß wippte. Noch etwas mehr und er würde anfangen, sich selbst aufzuessen wie ein Oktopus. Alan brauchte dringend etwas gegen Stress.
»Da bist du ja, Willow!«, herrschte der Mann sie an, als sie nahe genug waren.
»Ja. Ich war nie weg«, knurrte die Rothaarige, bemühte sich aber um ein freundliches Gesicht. Alan zog nur die Braue hoch und blickte sich dann um.
»Und wo ist Luca? Was treibt ihr denn alle?«
»Mir scheint, hier weiß der Kopf nicht, was der Schwanz tut?!«, Lady Amelia schürzte die Lippen.
Der Gestütsbesitzer zuckte leicht. »Ah, doch, bei einer so großen Anlage kann es schon mal passieren, dass man sich aus den Augen verliert, Sie verstehen das sicher. Willow, würdest du für uns ein paar Stühle holen, damit wir uns setzen können, bitte?«
Die junge Frau zog fast unmerklich einen Schmollmund, auf den nur der Butler reagierte, der noch immer an ihrer Seite stand, aufrecht und kerzengerade wie ein Baum. Man konnte den Eindruck gewinnen, er würde zu diesem Anwesen gehören.
»Verzeihen Sie, ich helfe Ihnen«, sagte Sebastian zu Willow. Alan hatte sich mit einem feinen Lächeln wieder Lady Amelia zugewandt, die mehr aussah, als hätte sie in eine Zitrone gebissen. Ihr schien es nicht zu passen, hier herumsitzen zu müssen, ohne zu wissen, wo ihr kostbarer rumänischer Gast abgeblieben war.
»Danke«, murmelte die Rothaarige und wollte sich gerade der Garage zuwenden, wo immer ein paar ordentliche Gartenstühle aufbewahrt wurden, als Lady Bramlett wieder das Wort ergriff.
»Meine Kehle ist ganz ausgedörrt. Ist es noch heißer geworden?«
Alan, ganz der formvollendete Kriecher, stoppte Willow. »Wärst du so freundlich, auch noch Gläser und Mineralwasser zu holen, bitte?«
Die Angesprochene nickte abgenervt und drehte sich um, wo sie einen stummen Fluch ausstieß. Wenn die werte Madame etwas trinken wollte, sollte sie in die Reithalle gehen, da standen noch immer der Krug und die benutzten Gläser, die sie oder Luca später würden wegräumen können. Hätte die Bramlett nicht im Haus etwas trinken können, wo sie schon eine halbe Stunde mit Alan dort herumgehangen hatte?
Wo war Luca, der Nichtsnutz, wenn sie seine Hilfe brauchte? Statt sich hier um seine Kundin zu kümmern, machte er Unfug und sie, Willow, konnte nicht mal etwas tun, um ihn hervorzuholen. Nicht, solange Mylady hier auf dem Hof herumhing und jedes Wort wie ein Adler aufschnappte, das man sagte. Willow musste sie irgendwie loswerden.
»Kommen Sie, Miss, ich helfe Ihnen mit den Stühlen.«
»Ah, kann ich Sie bitten, die zu holen? Sie stehen in der Garage. Ich würde dann schnell hineingehen und die Getränke holen. Ich bedauere echt, dass Sie hier mit anpacken müssen, obwohl sie eigentlich ein Gast sind ...«
»Es besteht kein Grund dafür, Miss. Das ist mein Beruf. Ich helfe gern, wenn ich es kann.«
Die junge Frau lächelte den Diener an. Seine Hilfsbereitschaft rettete ihr gerade wirklich den Hintern. Luca würde sie die Ohren langziehen, wenn der wieder auftauchte!
Sie reichte Sebastian den Schlüssel für den Schuppen und machte kehrt, um zügig in die Küche des Herrenhauses zu laufen. Schnell bestückte sie ein sauberes Tablett mit einigen Gläsern und stellte eine Handvoll der praktischen kleinen Getränkeflaschen dazu, die Alan bei Meetings immer seinen Geschäftspartnern anbot. Es war deutlich leichter als die Servierplatte, die Graf Viktors Butler bis in die Reithalle hatte tragen müssen.
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VAMPIRES Book of Eternity I. - White Bird
Vampire- derzeit pausiert- Graf Viktor Draganesti, durch die Jahre seiner Existenz überdrüssig geworden, lebt so vor sich hin, pendelt zwischen Rumänien und England hin und her und vertreibt sich die Zeit mit Abendgesellschaften, Klavierkonzerten und Party...