Kapitel 10

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Luca zog Willow zur Seite, während Alan sich abwandte und sich mit Sebastian auf den Weg machte. Lady Bramlett hatte ihre Aufmerksamkeit erneut Viktor gewidmet und schwärmte ihm volltönend von ihren Pferden vor und der Junge wusste, er hatte noch einen Moment.

»Ist was?«, fragte die junge Frau überrascht, als der Blonde nach ihrem Arm griff.

»Ja ... nein ... kannst du die beiden in die Halle begleiten? Ich muss noch mal kurz in den Stall, ich muss ...«

»Sag schon«, flüsterte Willow, doch Luca presste nur die Lippen zusammen.

»Nee, schon gut. Ich wollte ... nur schnell 'nen anderen Sattel für Midnightdancer holen. Du weißt doch, dass der so schnell Druckstellen bekommt ...«

Während er das sagte, linste er über die Schulter seiner Freundin und diese konnte deutlich spüren, dass Midnights eventuelles Wundscheuern nicht der Grund dafür war, warum der Jugendliche unbedingt wegwollte. Es stimmte zwar, dass der Vollbluthengst zu Satteldruck neigte, wenn die Ausrüstung nicht perfekt an ihn angepasst war, aber Lucas Verhalten deutete darauf hin, dass diese Erklärung nur ein Vorwand war, um hier wegzukommen. Nur warum? Die junge Frau konnte sich keinen Reim darauf machen, aber da ihr Freund nichts sagen zu wollen schien, knurrte sie leise und versetzte ihm einen leichten Stoß. »Okay, dann verschwinde. Ich mach das hier schon. Aber wenn du mir nachher nicht alles haarklein erzählst, kannst du was erleben!«

»Danke«, flüsterte Luca, schon in der Bewegung sich herumzudrehen und lief eilig über den Hof davon.

»Gibt es ein Problem, Miss Bennett? Ich dachte, die Tiere stünden bereits parat?« Lady Bramlett sah dem blonden Jugendlichen nach und wandte sich anschließend mit hochmütigem Gesichtsausdruck an die rothaarige junge Frau, die freundlich - und ein wenig krampfhaft - lächelte.

»Ja, das tun sie, Mylady. Luca holt für Ihren Hengst einen geeigneteren Sattel, damit Midnightdancer sich nicht unwohl fühlt«, griff sie die hanebüchene Begründung ihres Freundes auf, »Sie können mir solange schon einmal in die Reithalle folgen und Platz nehmen. Darin ist es wesentlich kühler, was auch Ihren Tieren zugutekommt. Die vertragen diese Wärme nämlich nicht gut.«

»Miss Bennett, sehr freundlich, aber Sie brauchen mich nicht über Pferde aufzuklären, ich weiß selbst genug darüber«, entgegnete Lady Amelia nur spröde.

‚So?', dachte Willow und ließ den Blick über die Adlige wandern, ‚und warum lässt du dann deine Tiere in der größten Hitze antanzen, Mylady?'

Die junge Frau schluckte jedoch jegliche Erwiderung herunter, denn der Umgang mit affektierten Alleswissern gehörte in ihrem Job leider dazu und sie wusste, dass es nichts bringen würde, sich mit dieser Person anzulegen. Allerdings bemerkte sie ein weiteres Mal den amüsierten Blick des Grafen, der etwas hinter der Lady stand und inzwischen die Sonnenbrille abgenommen hatte. Seine fast schwarzen Augen blitzten fröhlich, als hätte er nur zu gern laut gelacht, doch tat es vermutlich nicht, weil er nicht unhöflich sein wollte. Er ließ den Blick über den Platz wandern und Willow wurde das Gefühl nicht los, dass der Graf nach Luca Ausschau zu halten schien.

Wenn es nicht so absurd wäre, würde sie tatsächlich denken, dass der Adlige und ihr bester Freund einander kannten. Luca war geradezu davongelaufen und als er den Mann zuerst gesehen hatte, war aus seinem leicht sommerlich gebräunten Gesicht jede Farbe gewichen.

Ihr war hier ganz gehörig etwas entgangen und auf Lucas Erklärung war sie mehr als gespannt. Willow seufzte leise und deutete Lady Bramlett und deren Begleiter an, ihr hinüber zur Reithalle zu folgen ...

-

Luca schloss die Stalltüre hinter sich und lehnte sich einen Moment an diese. Das Atmen fiel ihm schwer und tat in der Brust weh, weswegen er die Augen schloss und versuchte, sich zu beruhigen.

VAMPIRES Book of Eternity I. - White BirdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt