Kapitel 21

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Die junge Frau starrte für einen Moment ungläubig in die dunklen Augen des Butlers, bevor sie sich einen Ruck gab und zur Räson rief. Wenn Willow weiter so glotzte, musste er irgendwann denken, sie war ein bisschen doof.

Mühsam sammelte sie etwas Selbstsicherheit zusammen und lächelte Sebastian an, der adrett wie schon beim Besuch auf dem Gestüt vor ihr stand, die Jacke seines Herrn über dem Arm.

»Das mit Ihrem Fuß tut mir schrecklich leid. Ich hoffe, ich hab Sie nicht verletzt?!«

Der Butler schenkte ihr ein feines Schmunzeln, das für einen Moment seine perfekten Zähne aufblitzen ließ.

»Nein, Miss Bennett. Bei Ihrer zarten Gestalt war es mir ein Vergnügen, im Weg gestanden zu haben.«

Willow machte einen Schritt zur Seite, um Sebastian durchzulassen, während sie seinen Rücken fixierte. Flirtete der Butler mit ihr? Die Äußerung hätte sie bei jedem anderen Mann als eine Anmache verstanden, doch sie konnte sich nicht vorstellen, dass dieser so vornehm wirkende Diener solch plumpe Absichten verfolgte. Trotzdem konnte sie nicht verhindern, dass ihr das Blut in die Wangen stieg. Sie glühten bestimmt mit ihren Haaren um die Wette.

»Ich bin überrascht, Sie hier zu treffen, Miss«, zwang der Butler sie, ihn erneut anzusehen. Willow lächelte und schob sich eine Strähne hinter das Ohr.

»Na ja, ich glaube, ich bin nicht so ganz legal hier. Eingeladen waren nur Mr. Summerson und Luca, doch der hat mich als seine Begleitung mitgebracht ... Lady Bramlett schien das nicht zu gefallen.« Die Rothaarige lachte leise auf.

»Machen Sie sich nichts daraus. Ich bin auch nur geduldet als der Schatten meines Herrn. Es würde«, Sebastian blickte sich um, es wirkte verschwörerisch, »mich nicht wundern, wenn Mylady nicht einmal wüsste, wie ich heiße, obwohl mein Herr mich permanent beim Vornamen nennt.« Er lächelte und deutete ihr an, den schmalen Flur wieder zu verlassen, nachdem die Garderobenfrau Graf Viktors Jackett verstaut und Sebastian dessen Handy eingesteckt hatte. Sein Herr hatte es natürlich in der Innentasche vergessen, er machte sich wenig aus diesem technischen Schnickschnack.

»Sebastian«, murmelte Willow leise vor sich hin, »schwer vorzustellen, dass jemand diesen Namen vergisst.« Sie lächelte.

»Nicht, wenn man bedenkt, wie viele Männer so heißen«, lachte der Butler und zuckte mit den Schultern.

In dem hübschen Eingangsbereich blieb Willow stehen und ließ den Blick schweifen. Es sollte eigentlich ein Leichtes sein, den hellblonden Schopf ihres Freundes zu finden, doch sie suchte vergeblich.

»Ich fürchte, ich bin gestrandet«, murmelte die junge Frau und seufzte.

»Offenbar hatte Ihr junger Freund den gleichen Einfall wie mein Herr, nämlich verschwinden und sich verstecken. Er hatte es sehr eilig, aus dem Haus zu kommen, als er ihn bemerkt hatte. Es ist fast ein Lustspiel, dabei zuzusehen. Wie eine Komödie von Shakespeare.«

»Hoffentlich mit einem besseren Ende für sie als für dessen Figuren.« Willow grinste den Butler leicht an, bevor sie tief Luft holte. »Kann ich ... Sie vielleicht zu einem Drink überreden? Als Entschädigung für den geprellten Zeh? Oder ist Ihnen das nicht erlaubt?«

»Ein Glas Limonade ist immer gestattet.«

Während die beiden sich unterhielten, hatten sie den Salon durchquert und waren an der Bar zum Stehen gekommen, an der Graf Viktor erst vor kurzer Zeit durstig zwei große Gläser geleert hatte. Der Butler ließ seinen Blick durch die offenen Türen in den Garten wandern und obwohl der Abend sich allmählich über das Anwesen legte, konnte Sebastian deutlich erkennen, dass sein Herr nicht mehr an dem Partypavillon wartete.

VAMPIRES Book of Eternity I. - White BirdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt