Der Mann gab einen animalischen Laut von sich und fiel nach hinten. Dabei verlor er sein Messer, welches ein Stück weiter am Boden liegen blieb. Schlagartig wusste ich, was zu tun war. Ich schlängelte mich über die Erde in Richtung Messer. Doch der Fremde reagierte auch schnell und packte mich am Knöchel. Ich schrie auf und versuchte seine Hand von mir abzuschütteln, aber er ließ nicht locker. Ich holte aus und trat ihm ins Gesicht. Augenblicklich war mein Fuß wieder frei. Endlich konnte ich meinen Arm ausstrecken und nach dem Messer greifen und es anschließend schützend vor mich zu halten. „Warum tut ihr sowas?“, schrie ich meinen Angreifer an. Aus seinem Mund tropfte Blut. „Das ist einfach nur krank!“ Der Mann begann zu lächeln und ich konnte erkennen, dass ich ihm ein paar Zähne ausgeschlagen hatte. Langsam stand er auf und bewegte sich in meine Richtung. Was mache ich jetzt? Noch immer das Messer vor mich gehalten starrte ich ihn an und bewegte mich nach hinten. Genau in dem Moment, als ich aufspringen und wegrennen wollte, stürzte sich der Mann abermals auf mich. Diesmal umschlossen seine Hände meine Kehle und drückten zu. Sein Mund war zu einem Grinsen verzehrt, sodass das Blut von seinen Zähnen direkt in mein Gesicht tropfte. Zuerst war der Druck nicht stark, doch dann drückte er immer fester zu. Ich wusste, dass es der einzige Ausweg war, deshalb tat ich was getan werden musste. Ich stach zu.
Sofort ließ der Druck um meine Kehle nach und ich holte tief Luft. Trotzdem fühlte es sich an, als würde mich das Gewicht des Mannes erdrücken. Ist das gerade wirklich geschehen? Ist er tot? Jedenfalls rührte sich mein Angreifer nicht mehr und seine Augen starrten mich weitaufgerissen an. Oh Gott! Er ist tot! Ich bekam Panik und keuchte. Mein Herz pochte so schnell, als würde es gleich explodieren. Ich fühlte etwas Klebriges an meiner Hand. Blut. Sein Blut. Wie in Trance zog ich das Messer, welches ich tief in seinen Hals gestochen hatte, wieder heraus. Anschließend hielt ich es wieder fest umklammert in der Hand. Mit aller Kraft drückte ich den Körper ein Stück weg, damit ich mich wegrollen konnte. Panisch zog ich mich ein paar Meter weiter und setzte mich auf. Die Leiche lag nun mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden. Trotz der Entfernung konnte ich die Einstichstelle erkenne. Noch immer lief dunkelrotes Blut aus ihr heraus. Mir wurde schlagartig schwindelig und ich kippte zur Seite, woraufhin ich mich übergeben musste. In meinem Magen war zwar praktisch nichts, trotzdem musste ich würgen. Plötzlich wurde mir schlagartig bewusst, was ich getan hatte. Ich hatte einen Menschen umgebracht. Ich bin eine Mörderin. Verzweifelt begann ich zu weinen und stand auf. Ich musste von hier weg. Meine Füße liefen los und trugen mich davon. Ich hatte keine Ahnung wohin ich eigentlich rannte aber das war mir egal. Immer wieder schrie ich Nick’s Namen so laut ich konnte, aber ich blieb auch nicht nur eine Sekunde stehen. Die Äste zerkratzen mein Gesicht und ich stolperte über Wurzeln und Steine. Mir war gar nicht bewusst, dass ich noch immer das Messer in der Hand hielt, aber auch das war mir egal.
Vor lauter Tränen sah ich gar nichts. Ich rannte wie blind umher und es grenzte an ein Wunder, dass ich nicht schon längst gegen einen Baum gelaufen war. Das kann doch nicht wahr sein! Der Verrückte, das Blut, das Messer…Auf einmal packten zwei Hände meine Taille und zogen mich zu Boden. „Ally, was ist passiert?“ Es ist Nick! Ich weinte hemmungslos weiter. „Ally!“ Nick begann mich zu schütteln. Die Worte brachen aus mir heraus: „Ich hab ihn umgebracht!“ Ich hörte auf zu weinen und sah Nick an. „Von was redest du?“ Ich gab ihm keine Antwort, stattdessen drehte ich meinen Kopf zur Seite und erkannte, wo wir uns befanden. An dem Ort, wo die Überlebenden in alle Richtungen geflohen waren, auf dem Schlachtfeld. „Ich hab ihn umgebracht!“, sagte ich erneut. Diesmal reagierte Nick nicht. „Er wollte mich umbringen, also hab ich ihn erstochen. Ich bin eine Mörderin!“ Ich steckte meine Hand mit dem Messer aus. Nick starrte es fassungslos an. Dann nahm er es mir aus der Hand. „Ich wollte das nicht, Nick, glaub mir!“ Ich schluchzte auf. „Shhh.“, Nick drückte mich an sich. Sein gleichmäßiger Herzschlag beruhigte mich ein wenig. „Ich hab einen Menschen umgebracht Nick! Ich hätte nie gedacht, dass ich dazu in der Lage wäre!“ „Es war Notwehr und damit wir hier überleben, müssen wir schreckliche Dinge tun.“ Ich war erstaunt wie gefasst, Nick damit umging.
Ich fühlte mich schwach und lag einfach nur am Boden da. An meiner Hand spürte ich das eingetrocknete Blut. Wann wache ich aus diesem Traum endlich auf? Nick lag neben mir und drückte mich fest an sich. Er gab mir Zeit, das Geschehene ein bisschen zu verarbeiten. Doch das konnte ich nicht, denn ich konnte nicht glauben, dass das wirklich geschehen war. Ich spürte seinen warmen Atem in meinem Nacken und drehte mich zu ihm rüber. Seine blauen Augen blitzten auf. Ich war froh darüber, dass er nichts sagte. Er blickte mich einfach nur an. Wahrscheinlich gab Nick mir Zeit, bis ich von selber aus reden wollte. Ich kann mit dem Gedanken nicht mehr weiterleben! Ich will nach Hause und das Alles vergessen können! Aber mir war klar, sollte ich jemals wieder zurückkehren, würde mein Leben nicht mehr wie vorher sein. Ich habe einen Menschen umgebracht! Einen Menschen! Sein Blut klebt an meinen Händen… Ich begann zu zittern.
„Nick, ich kann damit nicht weiterleben!“ „Hättest du das nicht getan, würdest du an seiner Stelle dort liegen!“ „Aber…Ich bin eine Mörderin!“ „Hier draußen geht es ums nackte Überleben!“ „Das schlimme ist, ich habe dabei nichts gefühlt, Nichts. Ich habe es einfach getan.“ Ich betrachtete meine verletzte Hand. In der Mitte klaffte das Fleisch auseinander. Das war er! Er hat mich verletzt! Etwas in meinem Inneren veränderte sich schlagartig. Meine Angst verwandelte sich in Wut. Wut auf diese verrückten Dschungelbewohner, die uns umbringen wollen. „Sie werden nicht locker lassen bis sie uns alle umgebracht haben, stimmt’s?“, fragte ich Nick. „Nicht, wenn wir ihnen zuvor kommen!“
DU LIEST GERADE
The Island
HorrorEs sind 249 Passagiere an Board der Boeing 777, darunter eine Schulklasse aus Chicago. Was mit Spaß beginnt, endet in reinstem Horror, als das Flugzeug in ein heftiges Gewitter gerät und über einer Insel mitten im Pazifik abstürzt. Die Jagd kann beg...