Kapitel 7

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Ich stieß nicht auf Zurückstoßung. Stattdessen erwiderte er meinen Kuss. Es war sanft und süß. Einfach süß. So hatte ich es mir immer vorgestellt. So hätte das Rummachen mit Joey sein sollen. Weniger fordernd, sondern süß und zart. Es tat gut. Sogar Lucas verschwand endlich ganz und gar aus meinen Gedanken. „Na hast du endlich richtig Spaß?“ Na ja, ganz wurde ich ihn wohl nicht los. Sogar in meiner Gedankenwelt musste er noch dumme Kommentare zu meinem Leben abgeben. „Mara, ich will ja keine Spaßbremse sein, aber hier läuft gerade jemand rum, der die Ausweise kontrolliert und du bist immer noch minderjährig.“ „Was?“, verwirrt löste ich mich von Jörn. Mit einer hochgezogenen Augenbraue und verschränkten Armen stand Lucas neben uns. Jörn peilte die Lage schneller als ich: „Oh Mist. Ja, das passiert hier ab und an.“, er stand auf, „wir sollten durch den Hintereingang verschwinden. Sie kontrollieren auch beim Rausgehen am Hauptausgang, wenn wir Pech haben.“ Häää. Ich bin immer noch voll durch den Wind. Lucas griff meinen Arm: „Danke, zu zweit kommen wir besser durch die Menge. Komm jetzt Mara wir verschwinden hier.“ Er wollte mich mit sich ziehen. „Warte.“, ich riss mich los. „Wie sehen wir euch wieder?“, fragte ich Jörn in aller Eile. Diesmal packte Lucas meinen Arm bestimmter: „Ich habe mit Yannik Nummern ausgetauscht. Das klappt schon irgendwie. Los jetzt!“ Lucas zog mich regelrecht hinter sich her und so konnte ich dem blonden Jungen nur noch kurz winken, bevor wir zwischen den tanzenden Leuten verschwanden.

Draußen an der frischen Luft wollte Lucas weiterhetzen, doch ich blieb erst einmal stehen um tief durchzuatmen. Das Leben konnte so schön sein, wenn man es nur genießen wollte. Die Lust war nach dem heißen Tag und der noch drückenderen Hitze im Club angenehm kühl. Mein Herz klopfte noch immer wie wild in meiner Klopf, mein ganzer Kopf spielte verrückt. Hatte ich ihn wirklich geküsst? Einfach so? Obwohl ich ihn gerade einmal ein paar Stunden kannte und außer seinem Namen eigentlich nichts über ihn wusste? Aber was heißt ihr „eigentlich“? Neben seinem Namen kannte ich nur sein Alter. Das war alles. Trotzdem hatte es mir gefallen. Ich würde es jetzt nicht unbedingt als „den Kuss“ bezeichnen, aber ziemlich gut war er schon gewesen. Strahlend sah ich meinen Begleiter an: „Danke. Der Abend war echt unglaublich. Die ganze Zeit hier in London ist echt unglaublich. Danke dafür. Danke für alles!“ Er wirkte erstaunlich nüchtern und schien meine Begeisterung nur wenig zu teilen: „Kein Problem. Pass nur auf, dass du am Ende nicht zu einer richtigen Hamilton wirst.“ Es brauchte eine Weile bis die Botschaft seiner Worte bei mir ankam. Schockiert sah ich ihn an: „Möchtest du mich gerade wirklich auf eine Stufe mit meinen Brüdern stellen? Lucas! Das war ein Kuss! Ich habe nicht vor, dass jetzt zur Gewohnheit werden zu lassen und jeden Abend mit jemand anderem rumzumachen!“ Er zuckte mit den Achseln: „Ich mein ja nur. Du kanntest den Typ keine fünf Stunden.“ Jetzt war ich wirklich entrüstet: „Na und? Die Blondine an deinen Lippen kanntest du wohl kaum länger als fünf Minuten! Was ist denn eigentlich dein Problem? Du hast mir den Typen doch mehr oder weniger ausgesucht und geklärt.“ Er machte eine genervte abwerfende Handbewegung und legte einen Arm um mich: „Ach egal. Lass endlich zurück ins Hotel verschwinden.“ Widerwillig ließ ich es zu. Schlau wurde ich aus seinem Verhalten aber nicht. Was zum Teufel ging in diesem Jungen nur vor? Nie konnte man es ihm recht machen!
Zurück im Hotel war jeder Groll schon wieder vergessen und obwohl es bereits drei Uhr in der Früh war, war, zumindest in meinem Fall, an Schlaf nicht zu denken. Die kalte Dusche, ich war zu faul gewesen zu warten bis das Wasser langsam warm geworden war, hatte ihren belebenden Teil dazu getan. In einem riesigen T-Shirt und Unterwäsche saß ich auf dem Doppelbett, als Lucas, der mir wie immer den Vortritt überlassen hatte, selber aus dem Bad kam. Er trug nur eine graue Jogginghose und die Kombination von seinem Oberkörper und den nassen Haaren konnten einen wirklich stolz machen ihn einen besten Freund nennen zu dürfen. Wach strahlte ich ihn an: „Und was machen wir jetzt?“ Er zog die Augenbrauen zusammen: „Jetzt? Schlafen würde ich sagen.“ Schwungvoll landete mein Kopfkissen in meinem Schoss, bevor er sich selbst auf seinen Teil des Bettes warf, sich in seine Decke wickelte und das Licht ausknipste. Ich knipste es wieder an: „Ich kann jetzt nicht schlafen.“ „Dann lass es halt, aber lass mich damit in Ruhe.“, er knipste das Licht wieder aus. „Nein.“, ich machte das Licht wieder an, „Ich will jetzt Reden. Egal über was. Bloß nicht schlafen, das kann ich jetzt echt nicht.“ Er seufzte: „Dann such dir jemandem am Handy oder so. Außerdem braucht man zum Reden wirklich kein Licht.“ Schon war es wieder aus. Im Dunkeln lehnte ich mich über ihn rüber und begann nach seinem Handy zu tasten. „Was machst du da Mara?“, fragte er in einem Tonfall den ich nicht zuordnen konnte. „Ich suche dein Handy.“, im selben Moment fand ich es, „Ah ich habe es!“, und kletterte zurück auf meine Seite des Bettes.  Ein Seufzen. „Was willst du mit meinem Handy?“ „Schauen ob Yannik schon geschrieben hat.“, nach einer Woche intensiven Zeit Verbringens mit ihm kannte ich seinen Code. „Denkst du ich kann schon nach Jörn fragen?“, überlegte ich. Die Antwort brauchte ein bisschen. „Nein.“ Ich war gerade dabei eine Nachricht an Yannik zu formulieren Hi hier ist Mara an Lucas Handy. Seid ihr alle schon gut rausgekommen? Das ist übrigens meine Nummer. Kannst du sie Jörn bitte weiterleiten? Wann sehen wir uns alle wieder? Stockte bei seiner Antwort jetzt aber: „Aber warum denn nicht?“ „So funktioniert das mit One Night Stands nicht.“, er klang, als versuche er einem kleinen Kind etwas geduldig zu erklären. „Einem One Night Stand? Ich habe doch gar nicht mit ihm geschlafen.“, ich sah das Problem noch nicht so ganz. Ein erneutes Seufzen: „Gut. Für dich war das also scheinbar keine einmalige Sache. Für ihn vielleicht aber schon. Er hatte die Chance ein heißes Mädchen zu küssen und hat sie ergriffen. Das mit euch hat keine Zukunft, falls du das gedacht hast.“ „Denk ich doch gar nicht!“, verteidigte ich mich, „Aber einmalig muss es doch trotzdem nicht bleiben. Ich kann ja schlecht jeden Abend mit einem anderen Typen rummachen.“ „Also willst du lieber jeden Abend mit dem Gleichen rummachen?“, er gluckste, „ich glaube nicht, dass Jörn nach so kurzer Zeit schon bereit für ne Beziehung ist.“ „Ich will ja auch keine Beziehung mit ihm.“, erklärte ich geduldig und schickte die Nachricht doch ab, „nur ein bisschen Spaß haben.“ „Und statt mit dem Typen, mit dem du sowieso die ganze Zeit unterwegs bist eine Freundschaft Plus Beziehung anzufangen, schnappst du dir lieber den nächst besten in der U-Bahn?“, fragte er. Jetzt hatte ich tatsächlich doch noch seine ganze Aufmerksamkeit bekommen, obwohl er doch hatte schlafen wollen. „Mit dir kann ich nichts anfangen.“, erklärte ich, „sowas geht nicht unter besten Freunden.“ Am Ende würde ich mich außerdem nur schon wieder in ihn verlieben und darauf hatte ich wirklich auch keine Lust. „Ach ja?“ „Ja.“, die Situation wurde mir mit einem Mal unangenehm und ich begann mich fest in die dünne Decke zu wickeln. „Ich versteh dich nicht.“, stellte er trocken fest. Das war ja mal was ganz Neues. „Das überrascht mich jetzt wirklich nicht.“, formulierte ich die Essenz meiner Gedanken um. „vor nicht mal einer Woche hast du mich quasi angefleht mit dir zu schlafen, und jetzt würdest du lieber mit einem fast völlig fremden eine Freundschaft Plus Affäre anfangen, als mit mir?“, er sagte die Frage nur so dahin. Selbst völlig in Gedanken. Jetzt war ich froh, dass es dunkel war und ich ihn nicht ansehen musste. Dieses Mal sprach ich meine Gedanken nicht aus. Du hast Recht. Vor einer Woche noch hätte ich alles mit dir getan, aber du hast mich zurückgewiesen. Ich war dir zu unschuldig. Warum also willst du es jetzt? Weil ich mit irgendeinem Typen im Club rumgemacht habe? In meinen Augen ergab das alles keinen Sinn und ich war froh, dass er nichts mehr sagte und der Schlaf mich bald übermannte.

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