Kapitel 19

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So wie auch beim letzten Mal verließ Lucas mich auch diesmal in der frühen Morgendämmerung. Das wäre der optimale Zeitpunkt für mich gewesen noch ein paar Stunden Schlaf, die ich mit ihm nicht bekommen hatte, nachzuholen und etwas weniger verschlafen in den Tag zu starten. Dieser Plan ging leider nicht auf. Bis zu meinem Wecker Klingeln um acht Uhr lag ich wach in meinem Bett und hatte nichts Besseres zu tun als meine Decke anzustarren und mich gelegentlich herumzuwälzen. Meine Gedanken kreisten sich die ganze Zeit, um den Jungen, der mich in der Nacht besucht hatte. Ich dachte an seine zwei großen warmen Hände auf meinem Körper und dann, mit einem Stich in meiner Brust, dachte ich an meine Gefühle für ihn, und dass er sie niemals erwidern würde. Die restliche Woche verging ohne einen weiteren Besuch von Lucas. Tagsüber war ich in der Uni, abends traf ich mich mit Michelle und ging dann früh ins Bett. Bailey war die gesamte restliche Woche bei Tim und musste wohl nur vormittags, wenn ich bereits in einer Vorlesung war, kurz reinschneien und sich umziehen. Jedenfalls bekam ich sie die gesamte Zeit überhaupt nicht zu Gesicht.

Erst vor der Party am Wochenende waren wir wieder gleichzeitig in der WG. Wir brezelten uns auf, berichteten uns von der vergangenen Woche und glühten mit Michelle für die Party vor. Dann gingen wir auch schon los zur Party.

Als wir ankamen, war es bereits ziemlich voll und die Stimmung der Anwesenden deutlich angeheitert. Bailey wurde nahezu sofort nach Betreten des Verbindungshauses von Tim entdeckt und verdrückte sich mit ihm in Richtung Klos. Michelle und ich konnten uns daraufhin nur ansehen und lachend die Köpfe schütteln. Für uns ging es zur Tanzfläche. Wir hatten jede Menge Lust uns mal wieder so richtig auszuschütteln. Angeheitert genug, um dies vor jeder Menge fremder Leute zu tun, waren wir offensichtlich auch schon. Als Michelle von einem Typen angequatscht wurde, den sie ganz offensichtlich ebenfalls interessant fand, verdrückte ich mich Richtung Bar. Dort traf ich tatsächlich auf Bailey die sich mit meinem Bruder Ian unterhielt.

„Mara!", quietschte sie, „sieh Mal, wen ich gefunden habe!" Ich lachte über ihren Überschwung an Freude. Eine solche Begeisterung über ein Wiedersehen mit meinem Bruder hatten beim zweiten Mal nur sehr wenige Mädels. „Hi Ian", begrüßte ich meinen großen Bruder mit einer Umarmung. „Hi kleine Schwester. Was geht?", breit grinste er mich an. Lachend schüttelte ich den Kopf: „Scheint, als hätte meine Mitbewohnerin dich gefunden." Bailey hob die Augenbrauen: „Ich ihn? Oh nein, er hat mich angemacht, als ich eben was zu trinken holen wollte." „Sie hat mich dann direkt aufgeklärt warum sie weiß wer ich bin.", vervollständigte Ian die Geschichte. Lachend schüttelte ich den Kopf. Wow. Das waren mir ja zwei. Immerhin hatte Ian Bailey nicht auf dem Männerklo getroffen, wo sie zuvor noch mit Tim gewesen war.

„Hallo Ian, Hallo Bailey.", begrüßte uns von hinten eine mir nur allzu bekannte Stimme. Lucas zur Begrüßung legte er mir kurz eine Hand auf die Schulter und grinste zu mir runter: „Hi Mara." Dann beendete er die Berührung auch schon. Der Kontakt war so unschuldig, dass sich nicht einmal, dass wohlige Schauern sich in mir ausbreiten konnte. Zum Glück schien niemand der anderen das kurze verblüffte Runzeln zu bemerken, dass sich auf meine Stirn legte. Schnell hatte ich mein Gesicht wieder unter Kontrolle. Ian schlug fast schon freundschaftlich mit Lucas an: „Hey Mann. Ich habe mich noch gar nicht bedankt, dass du dich im Sommer so lieb um meine kleine Schwester gekümmert hast. Danke." „Habe ich doch gerne gemacht!", Lucas lachte sein tiefes Lachen und da war es. Das angenehme Schaudern, dass mich sonst nur bei seinen Berührungen überkam. Jetzt reichte also schon sein lachen. So viel also zum Thema nur Freunde sein. Vielleicht sollte ich sicherheitshalber doch ein wenig Abstand zu ihm wahren. Ein kurzes Lächeln von ihm genügte und ich hatte den Gedanken schon wieder vergessen. Nein. Ich würde genießen, was ich bekommen konnte.

„Was hältst du davon Mara?"

Erschrocken blickte ich indie Runde. Mist ich war ja echt völlig in Gedanken gewesen. Worüber hatten siegeredet? Vorsichtig lächelte ich meine zwei Freunde und meinen Bruder an: „Ähhja klar. Ich sehe das genauso wie ihr." Ian nickte: „Gut, dann ist es alsoabgemacht. Nur noch Partys hier bei Lucas Verbindung und auswärts nur, wenn er oderich dabei sind. Dann kann er ab und zu den eifersüchtigen Macker rauslassen undeasy du wirst von allen Typen und vor allem von Joey in Ruhe gelassen." Bittewas? Solange konnte ich doch gar nicht abgelenkt gewesen sein. Bailey schienwohl die einzige gewesen zu sein, die mitbekommen hatte, dass ich überhauptnichts mitbekommen hatte, denn sie schenkte mir kopfschüttelnd ein leichtesLächeln. Ian schlug bei Lucas ein und verabschiedete sich von uns: „Na dann bisbald Leute. Mara, ich denke hier sollte es kein Problem sein, aber halt dichauswärts bitte an den Plan, den wir mit Lucas ausgemacht haben." Damitverschwand er in der Menge und ließ mich vollkommen sprachlos zurück. Ich fingBaileys Blick auf, der zu sagen schien, keine Sorge ich erkläre dir Zuhause,was du verpasst hast. Dann lächelte sie traurig: „Schade, dass dein Bruderschon wieder abhaut. Er sieht sooo gut aus!" Lucas lachte: „Lass dich nicht vonseinem Beschützer Dasein gegenüber Mara täuschen. Ian ist definitiv kein Typfür mehr als eine Nacht." Bailey lachte: „Ach, als ob mich das Stören würde.Und selbst wenn. Eine Nacht mit mir und jede andere wird in langweilen." Siezwinkerte verschwörerisch. „Kannst auch gerne Mal bei mir übernachten",zwinkerte Lucas zurück. Mir blieb das Herz stehen. Spielerisch schlug Baileygegen seine Brust: „Schlag dir das Mal schön aus dem Kopf. Weder bist du meinTyp noch bin ich gerne eine Lückenbüßerin. Wir beide junger Mann, spielen aufganz anderen Ebenen." Sie alberten nur rum. Oder? Ja sie albern nur herum. Dennochfühlte ich mich wie im falschen Film. Was ging hier gerade ab. Da war ich Malzwei Minuten mit den Gedanken woanders und Zack verstand ich die Welt nichtmehr. Endlich schaffte ich es wieder mich zu fangen: „Leute, jetzt hört endlichMal auf mit dem Unsinn. Ich glaube ich brauche noch ein Bier!" Naja, immerhinschaffte ich es einigermaßen mich wieder zu fangen. Gekonnt war der Versuch wiederins Gespräch zu gelangen auf jeden Fall nicht. Lachend drückte mir Bailey statteinem Bier ein Glas Wasser in die Hand: „Mensch Mara. Bei deinerAufmerksamkeitsspanne reicht es bei dir für heute mit Alk." Ich glaube, sie wusstewas mein eigentliches Problem war. Ich war ihr dankbar für die willkommene Ausrede,die mich aber leider direkt einen besorgten Blick von Lucas kostete: „Ich habegar nicht mitbekommen, dass du schon so gut dabei bist. Wenn du möchtest,bringe ich dich nach Hause. Ich habe heute keine Aufgaben mehr auf der Party."Dankbar nickend nahm ich das Angebot an.


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