Kapitel 12

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Ich entschied, dass die beiden sich auch ohne mich ganz gut unterhalten können würden und wenn sich der Erdboden schon nicht für mich auftat, so konnte ich wenigstens durch eine Türe verschwinden. Ich verabschiedete mich also mit der Begründung, dass ich unbedingt etwas Wasser trinken müsse. Die Küche war schnell gefunden. Zum Glück hatte ich schon zuvor beim Vorbeigehen bemerkt. Hier war die Musik zumindest ein wenig leiser als im Hauptraum und auch die Dichte an anwesenden Leuten nahm ab. Erleichtert atmete ich durch. Keine Ahnung, was mir in dem Moment besser tat: Aus dem Gedränge der Leute raus zu sein oder aus der Situation mit Bailey und Lucas. Nachdenklich füllte ich mir einen sauberen Becher mit Wasser und genoss die kühle Flüssigkeit. „Alles okay?", legte sich eine warme Hand auf meine Schulter. Erschrocken fuhr ich herum: „Lucas! Würdest du bitte aufhören immerzu direkt hinter mir zu spawnen? Das ist echt super anstrengend!"

Er lachte: „Ich versuche es. Aber dann renn bitte nicht die ganze Zeit vor mir weg! Hatte schon Angst deine Nacht endet so wie in London überm Klo. Ich habe nämlich deutlich besseres zu tun als dauernd deine Haare zu halten."

Ich verdrehte die Augen: „Ha ha. Nein, keine Sorge. Ich bin zwar gut dabei, aber da ist noch Luft nach oben."

„Sicher? Du bist wirklich schnell abgehauen und das zweimal in Folge."

„Ja. Musste nur schauen ob bei Bailey alles okay ist und dann ist mir eingefallen, dass ich auf einen Kater gut verzichten kann."

Ich sah ihm an, dass er mir nicht glaubte, aber bereit war die Ausreden für das erste zu akzeptieren. Mit ein bisschen Glück hatte er das Ganze bis morgen vergessen und würde nicht mehr darauf zurückkommen.

„Apropos Bailey", sagte er, „sie meinte ich soll dir ausrichten, dass sie mit Tim noch woanders hin ist. Du aber auf keinen Fall allein nach Hause gehen darfst."

Ich seufzte: „Mist. Hat sie dir auch gesagt, wie ich dann nach Hause kommen soll?"

Sein Grinsen war riesig und ich boxte ihm gegen die unfair harte Brust: „Ich glaube sie meinte du sollst jemanden abschleppen und nicht, dass sie sich Sorgen macht.", dann wurde sein Blick ernster, „Andererseits würde es mir Sorgen machen, wenn du jetzt allein über den Campus läufst."

Da ich wirklich keine Lust mehr auf Stehen hatte, drückte ich mich mit den Armen auf die Küchentheke hoch und überschlug die Beine: „Ja, es ist halt auch ne halbe Stunde von hier." Das erhöhte Sitzen verlieh mir wieder genug Sicherheit über die Lage. Ich blickte Lucas in die Meerblauen Augen: „Ich kann mir also entweder ein Taxi rufen, du begleitest mich eben nach Hause oder..." „... du schläfst hier. Bei mir.", beendete er meinen Satz.

Ich zog meine Brauen skeptisch zusammen: „Ian und Louis wären nicht sonderlich begeistert."

Er kam einen Schritt auf mich zu, stützte seine Hände rechts und links von meinem Hintern ab und beugte sich so nah an mich heran, dass sich unsere Nasenspitzen fast berührten: „Keine Lust mehr Spielchen zu spielen, um deine Brüder in den Wahnsinn zu treiben Mara Schatz?"

Seine Stimme war nur ein Raunen, welches auf meinen Armen eine Gänsehaut verursachte und mir einen Schauer durch meinen Körper jagte. Einen verdammt guten Schauer. Es kostete mich einen Augenblick, bis ich mich wieder so weit gefasst hatte, dass ich ihm antworten konnte. Einen Augenblick, der sich ewig anfühlte, da wir uns die gesamte Zeit gegenseitig fixierten.

Zärtlich folgte ich mit den Fingern seinen markanten Gesichtszügen und zog sie erst kurz vor seinen Lippen wieder zurück. Wenn er mich verrückt machte, konnte ich das auch.

„Ich glaube, dass käme nicht so gut an, wenn du ein Mädel abschleppst und es liegt schon eine andere in deinem Bett.", raunte ich ihm entgegen.

Ich hatte gehofft, dass er jetzt endlich wieder ein bisschen Distanz aufbauen würde, damit diese blöden Schmetterlinge in meinem Bauch aufhörten Faxen zu machen.

Fehlanzeige.

Ein kleines Lächeln stahl sich auf seine Lippen: „Gegen einen Dreier habe ich nichts einzuwenden." Seine Lippen waren wunderschön. Perfekt geschwungen, anziehend, zum Dahin Schmelzen.

Ich schob ihn zur Seite und sprang von der Küchentheke: „Vergiss es." Er hatte mich Schachmatt gesetzt. Warum flirtete er mit mir? Er war doch derjenige der ständig das Wort Freundschaft betonte.

„Das war ein Scherz Mara!", er hielt mich am Arm zurück bevor ich verschwinden konnte, „Ich habe nicht vor heute irgendjemanden abzuschleppen. Ich bin Mitveranstalter. Da habe ich mich um Aufgaben zu kümmern und nicht die Gäste flachzulegen. Außerdem habe ich ein großes Bett. Da können wir bequem drin schlafen. Du musst mich nicht einmal berühren."

Was ist, wenn ich dich berühren will? Er missinterpretierte mein Zögern: „Ganz notfalls kann ich dich auch nach Hause begleiten. Dann tausche ich eine Kassenschicht."

Es war keine gute Idee hier zu übernachten. Bei ihm zu übernachten. Sein ganzes Bett würde nach ihm riechen, was nicht besonders hilfreich war, für mein irregeführtes Herz. Ich würde nur länger brauchen, um über ihn hinweg zu kommen. Andererseits konnte es mich noch einmal unsere Zeit zu zweit in Europa führen lassen. Ich konnte seine Nähe noch einmal genießen. Und ich wollte keine Umstände machen. Das war selbstverständlich der ausschlaggebende Grund für meine Entscheidung: „Okay. Ich schlafe hier."


Be my Peter PanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt