Weg 1 - Trennung

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Auf einmal kam ihr eine verrückte Idee. „Sind dir deine Pläne wirklich so wichtig? Wir könnten auch einfach alles hinter uns lassen und irgendwo neu anfangen. Toussaint soll um diese Jahreszeit wunderschön sein oder wir bereisen die Welt..", argumentierte Yennefer.

„Ist das dein Ernst?! Habe ich dir nicht gerade deutlich klar gemacht, dass ich um keinen Preis aufgeben werde.", schrie Philippa sie an und ließ die Tür wütend aus den Angeln reißen. Yennefer hatte genug. Wütend und verletzt, rannte sie aus der Hütte, drehte sich noch einmal um und rief hämisch: „Viel Spaß beim reparieren der Tür. Mit dieser genialen Aktion, hast du dir eigentlich nur selbst geschadet. Denk bloß nicht, ich würde die Reparatur bezahlen.", bevor sie aufgebracht davonlief, wobei sie es schaffte trotz allem würdevoll auszusehen.

Einsam blieb die ältere Zauberin in der Hütte zurück. Sie konnte nicht mal mehr weinen. Die Kälte, die ihr Herz bereits umschmeichelt hatte, ergriff nun vollkommen von ihr Besitz und sie war nur noch entschlossener, ihre Pläne in die Tat umzusetzen.

Ohne weiter zu zögern packte sie alles, was sie benötigte zusammen und machte sich auf den Weg, zu einer Waldlichtung, auf der sie das Ritual durchführen wollte, mit dem sie das magische Gift in Emhirs Kreislauf bringen würde. Sie hatte eine Möglichkeit gefunden das Gift aus bereits im Körper vorhandenen Stoffen zusammenzusetzen, und den Zauber soweit verbessert, dass sie dazu nicht in seiner Nähe sein musste. Sie benötigte nur einige Tropfen von Emhirs Blut, welche ihr Keira unauffällig beschafft hatte, indem sie ihm erzählt hatte, sie brauche es für Studien, um zu verhindern, dass eine seit neuestem kursierende Seuche auch auf ihn übergriff. Natürlich war er misstrauisch gewesen, doch er fürchtete Krankheiten, mehr als er zugab, weshalb er schließlich doch zugestimmt hatte.

Der Nachteil des Zaubers, wenn man ihn aus größerer Entfernung wirkte, war allerdings die Dauer. Je weiter man entfernt war, desto länger dauerte es, bis sich die Wirkung zeigte. Die Lichtung, auf der die Zauberin soeben angekommen war, war sehr weit von Emhirs derzeitigem Sitz entfernt. Es würde mindestens zwei Wochen dauern, bis er überhaupt etwas bemerkte, dann würde alles recht schnell gehen.

Schweigend traf Philippa nun alle Vorbereitungen für den Zauber, atmete noch einmal tief durch und begann dann mit der Durchführung. Alles klappte tadellos. Fast ein wenig zu einfach dachte sie nur, als sie alle Spuren beseitigte und zurück zur Waldhütte ging. Flüchtige Erinnerungen an eine gewisse schwarzhaarige Frau, streiften ihre Gedanken und versetzten ihrem Herzen einen kurzen Stich, bevor die Kälte wieder zurückkam.. Was würde sie überhaupt tun, wenn sie erreicht hatte, was sie wollte? Die Zauberin fühlte sich plötzlich so einsam wie nie zuvor..

Yennefer hatte inzwischen ein Portal geöffnet und war nach Novigrad gereist. Dort hatte sie sich bei einer alten Frau einquartiert und half dieser dafür im Haushalt. Sie hasste Hausarbeit, und nachdem sie nun gerade erst über Geralt hinweg war, tat ihr die Trennung von Philippa noch zusätzlich weh. Es war anders gewesen. Sie hatte auch Geralt geliebt, aber auf andere Weise. Sie konnte es nicht wirklich erklären, was zwischen ihr und dem Hexer gewesen war, vielleicht war es nur, die erotische Leidenschaft gewesen, die sie immer wieder zu ihm hingezogen hatte, der Rausch körperlicher Begierden, oder einfach Dankbarkeit, weil er sie nie aufgegeben hatte. Natürlich war da auch noch die gemeinsame Fürsorge für Ciri, die jedoch war nun Erwachsen und brauchte sie nicht mehr so, wie früher. Philippa jedoch fühte sie sich wirklich verbunden, mehr als das. So etwas hatte sie noch nie empfunden. Es war nicht nur körperliches Verlangen. Mit Philippa verbanden sie Ziele, gemeinsame Leidenschaften und Interessen, gemeinsame Ideale und dieses unerklärliche Gefühl von Vertrautheit. Die andere Zauberin war ihr ähnlich. Sie hatte sie verstanden, konnte ihre Gefühle und Ängste nachvollziehen und Yennefer hatte sie verstanden. Sie begann, wie schon einige Male zuvor, leise zu weinen und verfluchte dieses verdammte Schicksal oder einfach nur den Zufall. Wäre sie doch nur nicht solange in der Waldhütte geblieben, oder gar nicht erst dort gelandet, hätte sie nur nicht zugelassen, dass sich erneut jemand in ihr Herz schlich. Wütend warf sie ihr Kissen gegen die Wand und stieß einen Schrei aus, nur um dann wieder zu weinen. Doch nun war es zu spät. Sie musste nach vorne blicken. Allmählich beruhigte sie sich wieder. Immerhin blieb ihr noch Ciri, falls diese sich irgendwann mal wieder blicken ließ. Gedankenverloren streichelte sie die schwarze Katze, die seit einer Weile im Haus herumstrich..

Vertrauen - Lass die Waffen fallenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt