Weg 1 - eine helfende Hand

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Ein Geräusch im Wandelgang weckte Keiras Aufmerksamkeit. Sie ging dem sofort nach und sah gerade noch wie sich ein Portal hinter Philippa schloss. „Guten Tag! Ich brauche deine Hilfe. Und warum warst du nicht im Wald? Kam die Nachricht nicht an? Du weißt, dass es momentan gefährlich für mich ist, hier aufzutauchen.", sagte diese ohne Umschweife. „Wobei brauchst du Hilfe? Emhir hast du doch schon vergiftet, er zerbricht sich bereits den Kopf, warum er seit einigen Tagen an einer bisher unbekannten Krankheit leidet. Er wird wohl bald das zeitliche Segnen. Ich war nicht im Wald, weil ich hier einiges zu tun habe. Ich bin nicht dein Laufbursche, den du jederzeit herbestellen kannst, wenn dir gerade danach ist. Deshalb trifft es sich gut, dass ich dich hier antreffe, denn ich wollte dir ohnehin mitteilen, wie es unserem teuren Kaiser geht.. Also sonst noch irgendetwas wichtiges?", fragte Keira. Sie hatte die andere Zauberin noch nie so aufgebracht erlebt. „Erinnerst du dich an Mircalla? Offenbar lag ich mit meiner Vermutung, dass sie eine Spionin ist, richtig. Sie wollte die Loge unterwandern und mit den gesammelten Informationen die Macht ergreifen. Scheinbar ist ihr das Warten auf einen möglichen Beitritt zu lange geworden und sie hat entschieden ihre Strategie zu ändern. Jetzt hat sie Yennefer entführt und versucht mich zu erpressen. Natürlich werde ich ihr die Loge nicht kampflos überlassen, also bleibt mir nichts anderes übrig, als Yennefer zu befreien.", konstatierte die Zauberin. „Und was genau hat das mit mir zu tun?", fragte die blonde Frau gelangweilt. „Ich werde mich mit Sicherheit nicht in Gefahr begeben, um dir bei einer waghalsigen Rettungsaktion zu helfen.", fügte sie noch an. „Das musst du auch nicht. Ich brauche nur einen Ortungszauber. Ich erinnere mich, dass du einen sehr Guten kanntest. Hast du damit nicht mal einen 'verlorenen' Liebhaber aufgespürt, der dir etwas gestohlen hatte? Ich brauche diesen Zauber. Falls du sonst noch irgendetwas hilfreiches beitragen könntest, wäre ich dir auch überaus dankbar, denn ich bin ratlos. Beinahe jeden Zauber habe ich ausprobiert und ich schaffe es einfach nicht mehr über ihren Aufenthaltsort herauszufinden.", antwortete die ältere Zauberin. Keira nickte nur und begab sich in ihre Kammer. Nach kurzer Zeit erschien sie wieder mit einem Buch in der Hand. „Das dürfte es sein. Du findest den Zauber in dem Kapitel 'Finden von Verlorenem', wie poetisch.", bemerkte Keira, während sie ihr das Buch hinhielt, nur um es dann gleich wieder wegzuziehen und anzumerken: „Dafür schuldest du mir irgendwann einen Gefallen und falls irgendetwas schief geht, dann hast du das Buch nicht von mir." Die andere Zauberin nickte nur und riss ihr das Buch aus der Hand. „Ich habe es eilig. Meine Zeit ist begrenzt.", sagte sie nur schnell.

„Sehr interessant. Wirklich, sehr interessant. Ich wusste nicht, dass sich die Loge so leidenschaftlich um den Schutz ehemaliger Mitglieder bemüht.. Oder steckt da vielleicht mehr dahinter? Hat sie dich so sehr in ihren Bann gezogen? Ich hab es doch gleich gewusst, als ich euch neulich gesehen habe!", kommentierte die blonde Frau schelmisch. „Das ist nichts was dich etwas angehen würde!", antwortete die andere Zauberin nur kühl, bevor sie durch ein Portal wieder verschwand.

Endlich! Sie hatte es geschafft eine Hand frei zu bekommen. Sie war darüber so erfreut, dass sie beinahe laut aufschrie, teilweise allerdings wahrscheinlich auch vor Schmerzen, denn es war nicht einfach gewesen die Hand zu befreien. Sie würde ihre Hand später mit Magie heilen, doch zunächst hatte sie andere Sorgen. Sie ließ einen Blitz aufflammen. Was für ein Gefühl endlich wieder ihre Magie zu spüren. Ein kurzer Zauber und die zweite Hand war ebenfalls frei. Nun musste sie die Tür öffnen. Vermutlich war diese auch magisch verschlossen, also würde ein Zauber wohl nicht funktionieren. Die schwarzhaarige Frau machte sich auf die Suche nach etwas Schwerem. Mit dem Hocker könnte es gehen.

Einige kräftige Schläge gegen die Tür und sie sprang auf. Zum Glück ein morsches altes Teil, dachte die Zauberin. Damit war sie allerdings noch nicht entkommen. Sie fand sich in einem langen Gang wieder, der sich am Ende in drei weitere aufteilte. „Verdammt!", rief sie nun doch laut, wobei man es im ganzen Gang wieder hallen hörte. Wie sollte sie nur den Weg nach draußen finden? Was wenn sie sich nur verlaufen würde? Dann fiel ihr ein, dass sie auch einfach ein Portal öffnen konnte. Offenbar war sie durch die schmerzende Hand, ein wenig neben der Spur. Die Zauberin versuchte ein Portal zu öffnen, doch es funktionierte nicht, worauf sie einen wütenden Seufzer ausstieß. Diese hinterhältige Katze! Sie hatte vermutlich einen Zauber gewirkt, der die Magieströme für das Öffnen von Portalen, sowie Ortungszauber blockierte. Unsicher sah sich die Zauberin um. Vielleicht würde sie mit einem Orientierungszauber mehr Erfolg haben. Sie sprach die Worte des Zaubers und stellte sich den Ausgang vor. Sofort begannen die Steine in einem der drei Gänge zu leuchten. Erleichtert atmete sie auf und schlug den angezeigten Weg ein. Hätte der Spruch auch nicht funktioniert, wäre ihr nichts anderes übrig geblieben, als irgendeinen Gang zu nehmen, in der Hoffnung Mircalla nicht in die Arme zu laufen und irgendwo raus zu kommen. Sie lief zunächst langsam, da ihr ein wenig schwindelig war und  die Schmerzen in ihrer Hand mit jedem Schritt zunahmen, als sie jedoch ein Knacken hinter sich hörte, begann sie zu rennen. „Ich glaube es nicht! Ich, Yennefer von Vengerberg, laufe vor einer blutigen Anfängerin, die mir nicht nur in der Magie sondern auch an Lebenserfahrung deutlich unterlegen ist, weg, wie ein ängstliches Kind vor dem bösen Wolf.", dachte sie genervt, doch um sich einem Kampf zu stellen, selbst mit einer schwächeren Magierin, fehlte ihr momentan die Kraft, weshalb sie keine andere Möglichkeit hatte als wegzulaufen. Sie rannte und rannte, doch der dunkle Gang schien kein Ende zu nehmen, während sie das Gefühl hatte jeden Moment umzufallen, denn sie hatte seit Tagen nichts gegessen. Einen Augenblick hielt sie inne und lehnte sich an eine Wand. Das Atmen fiel ihr schwer. Schon wieder hatte sie das Gefühl alles würde sich drehen. Sie musste sich zusammenreißen und weiterlaufen. Es hatte keinen Sinn länger hier zu verweilen, davon schien ihr nur noch schwindeliger zu werden. Sie riss sich zusammen und ging weiter. Das leuchten des Zaubers wurde langsam schwächer, da ihre Kraft merklich nachließ und sie konnte nun kaum noch etwas erkennen. Plötzlich stieß sie unsanft gegen eine Mauer, nein, eine Person. "Verflucht nochmal, Mircalla hat mich gefunden!", war ihr erster Gedanke und Panik kroch in ihr hoch. Die Person griff unsanft nach ihrem Arm. „Endlich habe ich dein Versteck entdeckt und jetzt sag mir wo sie ist! Warum ist es hier überhaupt so dunkel? Bringt die ach so furchteinflößende Entführerin keinen Beleuchtungszauber zustande und hat kein Geld für Kerzen?! Du musst wohl wirklich verzweifelt sein.", schimpfte eine Stimme, die Yennefer sehr vertraut war. „Philippa!", rief sie erleichtert und konnte sich nicht davon abhalten der anderen Frau um den Hals zu fallen, so froh war sie in diesem Augenblick sie zu sehen.

Die andere Zauberin, war zunächst verwirrt, als „Mircalla", sie umarmte, doch dann erkannte sie endlich, dass es sich um Yennefer handelte und erwiderte die Umarmung kurz, bevor sie sich von der anderen Frau löste. Es kostete sie wahnsinnig viel Überwindungskraft, die jüngere Frau nicht einfach wieder an sich zu reißen und zu küssen, so erleichtert war sie,  diese unversehrt vorzufinden. „Wir haben uns getrennt! Das wäre unangebracht!", erinnerte sie sich, außerdem war es ratsamer diesen Ort schleunigst zu verlassen. „Ist mit dir alles in Ordnung?", fragte Philippa besorgt. „Natürlich. Mir geht es bestens. Eine Entführung die Woche soll gut für die Figur sein, habe ich mir sagen lassen. Was machst du eigentlich hier?", antwortete die schwarzhaarige Frau, die sich nun wieder gefasst hatte. „Ach ich dachte mir, ich gehe mal wieder, ein bisschen in den Katakomben unter Ard Skellig spazieren.. Was meinst du wohl?! Ich bin hier, um dir aus der Patsche zu helfen. Natürlich hätte ich dich auch hier lassen können, aber Mircalla setzt die Loge unter Druck und wir müssen natürlich unsere ehemaligen Mitglieder beschützen.", antwortete Philippa, wobei sie geschickt verbarg, dass das hier nichts mit der Loge zu tun hatte.  „Ich habe alles im Griff! Wie du siehst, bin ich bereits auf dem Weg nach draußen und brauche deine Hilfe nicht!", stellte Yennefer klar. „Wie du meinst.. Jetzt lass uns hier endlich verschwinden.", sagte die ältere Frau und wollte gerade loslaufen, als die schwarzhaarige Zauberin sich mit benebeltem Blick an den Kopf fasste, worauf ihre Beine plötzlich nachgaben. Die andere Frau war gerade noch rechtzeitig bei ihr, um sie aufzufangen. „Ich brauche nur eine kurze Pause! Lass mich los. Ich kann allein gehen!", ertönte sofort Yennefers Protest. „Ich sehe doch, dass du das nicht kannst, und angesichts der Tatsache, dass du eine Woche in diesem Loch festsaßt, ist es auch kein Wunder, wenn dir schwindelig ist. Hier wachsen überall giftige Pilze. Man sollte erkennen, wann man seine Schwächen eingestehen und Hilfe annehmen sollte! Also ich werde dich jetzt stützen, damit wir endlich zum Ausgang kommen.", sagte Philippa in einem Tonfall, der keine Widerrede duldete. „Soso alles im Griff.."; fügte sie noch leise an, während sie gemeinsam Richtung Ausgang strebten..

Vertrauen - Lass die Waffen fallenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt