Weg 1 - Erpressungsversuch

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Da Philippa nicht tatenlos herumsitzen konnte, während sie darauf wartete dass Emhir verendete, begab sie sich häufig in ein novigrader Badehaus, um dort weitere Verbündete zu treffen. Dort hörte sie sich außerdem, nach den neuesten Informationen und Gerüchten  um. Bisher hatte offenbar noch keine Neuigkeit über eine seltsame Krankheit des Kaisers die Runde gemacht. An diesem Tag war sie schon sehr früh aufgebrochen, weshalb das Badehaus „zur tanzenden Nymphe" noch fast leer war. Die einzigen bisherigen Gäste, waren einige Dirnen, die in einer Ecke kicherten, sowie ein älterer Herr, der soweit sie wusste keiner von den bekannteren Adligen war. Die Zauberin hatte sich gerade in einem der Badezuber niedergelassen und versuchte nun, bis interessantere Besucher einträfen, ein wenig zu entspannen. Es gelang ihr jedoch nicht. Sobald sie die Augen schloss, erschien das Bild der schwarzhaarigen Zauberin erneut in ihrem Kopf. Sie konnte beinahe den Duft nach Flieder und Stachelbeeren riechen. Sie seufzte sehnsüchtig und verspürte erneut einen Stich im Herzen, beim Gedanken daran, dass es wohl ein für alle mal vorbei war. Das war nicht das Einzige was sie davon abhielt zu entspannen. Sie hatte die ganze Zeit irgendwie das ungute Gefühl, dass etwas nicht stimmte, abgesehen von ihrem gebrochenen Herzen natürlich, aber die Zauberin war zu stolz, um zuzugeben wie viel ihr Yennefer bedeutet hatte. Gelangweilt fuhr sie mit ihrer Hand durch das Wasser und beobachtete die kleinen Wellen, die dabei entstanden.

Eine junge Frau trat ein. Irgendwoher kannte Philippa diese Frau, aber am Eingang war es zu dunkel um das Gesicht richtig zu erkennen. Als diese näher trat erkannte Philippa, um wen es sich handelte. „Mircalla!", zischte sie und wollte schon aufspringen. „Fürs erste bin ich keine Gefahr für dich", bemerkte die andere Frau nur ruhig, bevor sie sich neben der Zauberin im Badezuber niederließ. Da Philippa erneut Anstalten machte aufzuspringen, hielt die junge Frau sie unsanft am Handgelenk fest. „Ich habe mit dir zu sprechen. Danach kannst du immer noch verschwinden, aber ich glaube, was ich zu sagen habe wird dich interessieren.", sagte diese.  „Was sollte das so interessantes sein, das du zu berichten hast? Du hattest deine Chance. Falls du immer noch der Loge beitreten willst, kann ich dir nur sagen, dass das nicht geschehen wird, solange ich noch etwas zu sagen habe. Nicht nachdem du versucht hast mich und Yennefer umzubringen. Ich vermute du hast auch in meinen Angelegenheiten herumgeschnüffelt.", antwortete Philippa spitz.

Mit einem hinterhältigen Grinsen erwiderte die junge Frau beiläufig: „Nunja.. Ich habe eine gewisse verlorene schwarzhaarige Zauberin bei einer alten Frau gefunden. Ich denke was ich gefunden habe, kann ich wohl behalten. Nicht? Was meinst du? Ihr Herz würde doch eine hervorragende Bereicherung für meine Sammlung darstellen. Oder? Ich hatte schon immer etwas übrig für makabere Inneneinrichtung.. Die Knochen geben bestimmt hervorragende Kochlöffel ab und der Schädel einer Zauberin, geht auf dem Schwarzmarkt wahrscheinlich sogar als Reliquie durch.."

Philippa wurde Leichenblass. Sie hoffte inständig, dass das nur eine Finte war, konnte Mircalla aber nur schwer einschätzen. Falls sie das ernst meinte, konnte die Zauberin nur hoffen, dass es noch nicht zu spät war.  „Was willst du von mir? Geld? Einen Zauber aus meinem persönlichen Repertoire? Macht? Oder soll ich für dich etwas erledigen?", fragte sie und versuchte dabei unbeeindruckt zu klingen. Es war nicht klug Mircalla wissen zu lassen, dass diese ihre Schwachstelle gefunden hatte, aber was blieb ihr anderes übrig? Sie würde Yennefer nicht einfach dieser Irren überlassen. „Na bitte, so lässt es sich doch verhandeln.", erwiderte Mircalla zufrieden. „Du willst dein Liebchen zurück und ich will deine Pläne. Was meinst du lässt sich da machen? Ein Tauschgeschäft hätte für beide beteiligten einen Vorteil. Nicht? Ich lasse sie frei, wenn du im Gegenzug dein Vorhaben aufgibst Emhir zu stürzen und mir verrätst, wie du das anstellen wolltest. Außerdem wirst du mich zur Anführerin der Loge machen und irgendwohin verschwinden, wo du keine Bedrohung darstellst, andernfalls würde ich dich und dein Herzchen finden.. Ich wäre dann wohl sehr ungehalten..", zählte sie ihre Bedingungen auf.

Wütend und schockiert darüber, dass Mircalla von ihrem Versuch Emhir zu stürzen wusste, aber was hatte sie erwartet, dieser Mann hatte überall seine Spione, versuchte die Zauberin sich wieder zu sammeln. Moment mal, was wollte die Gräfin überhaupt mit ihren Plänen? Das war keine gewöhnliche Spionin des Kaisers. Vermutlich intrigierte sie selbst gegen ihn und wollte nur etwaige „Probleme" aus dem Weg schaffen, um selbst freie Bahn zu haben. Wie dem auch sei, das war nicht ihre Angelegenheit. Sie atmete noch einmal tief durch, bevor sie langsam und darauf bedacht sich ihre Sorge um Yennefer nicht anmerken zu lassen, antwortete: „Dir ist hoffentlich klar, dass ich das nicht sofort entscheiden kann. Ich muss an das wohl der Loge denken und außerdem eine glaubwürdige Ausrede für meinen plötzlichen Abtritt erfinden, falls ich auf den Handel eingehe. Mal abgesehen davon, dass du mir keinen Beweis geliefert hast, dass Yennefer wirklich bei dir ist. Woher weiß ich, dass du mir nicht irgendwelche Ammenmärchen erzählst?".

„Ich gebe dir eine Woche, um alles zu durchdenken und die Angelegenheiten der Loge zu Regeln. Fordere dein Glück nicht heraus, wenn du irgendetwas versuchst oder dir länger Zeit lässt, schicke ich sie dir in Stücken zurück.", antwortete die hinterlistige Frau, während sie gelangweilt ihre Fingernägel betrachtete.  „Was den Beweis angeht.. Welchen Zeh hättest du denn gerne?", fügte sie voller Bosheit hinzu, worauf sie ein leichter Stromschlag zusammenzucken ließ. „Wage es nicht ihr auch nur ein Haar zu krümmen, sonst wirst du mich wirklich kennenlernen! Man wird als Zauberin nicht durch nette Worte so alt..", versuchte die ältere Zauberin sie einzuschüchtern. „Meinetwegen sollst  du deinen Beweis haben.", antwortete die Gräfin, die nun doch etwas verunsichert wirkte. Sie zog eine abgeschnittene schwarze Haarsträhne hervor und reichte sie der älteren Frau. Diese nahm die Strähne und betrachtete sie kritisch, um dann festzustellen: „Das beweist gar nichts, die könnte von jedem sein, sogar von dir, deine Haare sind fast genauso dunkel.". Mircalla seufzte genervt und murmelte etwas in einer alten Sprache, worauf die Strähne aufleuchtete und auf dem Wasser ein Bild entstand. Es zeigte einen fast ganz dunklen Raum, in dem jemand mit Dimertitiumfesseln, an eine Wand gekettet war. Als das Bild schärfer wurde konnte man eindeutig Yennefer erkennen. Philippa ließ sich den Schreck nicht anmerken und versuchte unauffällig etwas zu finden, was darauf hinwies wo sich der Raum befinden könne. Leider war da nichts, was ihr Aufschluss geben konnte. Der Raum war dunkel und leer. Mit einer Handbewegung ließ Mircalla das Bild wieder verschwinden. „Wir treffen uns in einer Woche wieder hier..", sagte sie, bevor sie aufstand und verschwand.

Mit einem verzweifelten aufseufzen, ließ Philippa sich tiefer in das mittlerweile nur noch lauwarme Wasser sinken und schlug wütend auf die Wasseroberfläche. Dann sammelte sie sich wieder. Noch war nichts verloren. Sie hatte es geschafft Zeit zu gewinnen. Sie würde mithilfe eines Zaubers herausfinden, wo sich die jüngere Zauberin befand und diese dann befreien. Mal abgesehen davon war Yennefer auch nicht gerade hilflos und auf den Kopf gefallen. Vielleicht hatte sie in der Zwischenzeit auch schon eine Möglichkeit gefunden sich selbst zu befreien. Auf keinen Fall würde Philippa die Loge und ihre Pläne kampflos aufgeben! Sie war noch immer fest entschlossen alles zu tun was nötig war, um ihre Ziele zu erreichen. Sie konnte nun definitiv nicht länger hier sitzen und Löcher in die Luft starren. Die Zeit lief ihr davon. Sie stand auf, nahm sich ein Handtuch, sowie ihre Kleidung und lief Richtung Ausgang. Die Haarsträhne hatte sie noch immer in der Hand. Mit dieser Haarsträhne würde ihr ein Ortungszauber wirklich leicht fallen. Was für ein lächerlicher Anfängerfehler von Mircalla. Die Zauberin hoffte, dass dies nicht ihr einziger Fehler war. Die Gräfin war immerhin schlau genug gewesen, Yennefer Dimeritiumfesseln anzulegen, sodass diese ihre Magie nicht verwenden konnte. Was wenn sie auch Vorkehrungen gegen Ortungszauber getroffen hatte? Fürs erste blieb Philippa nichts anderes übrig, als zu hoffen, dass Mircalla nicht so umsichtig gewesen war. Immerhin schien diese noch ziemlich jung zu sein. Wahrscheinlich hatte sie gerade erst ihre Ausbildung zur Zauberin beendet. Die Zauberin schätzte das Alter der jungen Frau auf höchstens 50 Jahre, was für Zauberinnen wirklich nicht viel war. Vermutlich war es einfach ihr jugendlicher Leichtsinn, der sie übermütig werden ließ. Eine junge unerfahrene Zauberin, die glaubte sich, nun, da sie ein wenig Macht besaß, mit den Großen messen zu können. Trotzdem machte Philippa sich wahnsinnige Sorgen dass diese Irre Yennefer etwas antun könnte, weshalb sie keine Zeit verlor und sofort ein Portal zur Waldhütte öffnete, wo sich ihre gesamten Zauberutensilien befanden.

Vertrauen - Lass die Waffen fallenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt