Onkel Jim und ich sitzen noch um 22 Uhr an den Fotos. Mittlerweile sind alle gegangen.
Die Fotos sind tatsächlich ziemlich gut geworden und ich hoffe, dass Shawn etwas mit ihnen anfangen kann.
„Ich wusste immer, dass du Talent dafür hast, Katie."
Ein sanftes Lächeln liegt auf seinen Lippen. „Danke. Es macht auch wirklich Spaß. Mehr als das... eigentlich kann ich es gar nicht beschreiben."
Ich lasse mich auf den Stuhl fallen, den Blick auf ein Foto von Shawn gerichtet. Er blickt in die Kamera. Unzählige Fans werden bei diesem Anblick dahinschmelzen. Es ist, als würde er direkt in ihre Seelen starren.
Die Hand meines Onkels schnipst vor meinen Augen und ich zucke blinzelnd zurück.
„Kann es sein, dass du ihn vielleicht... magst?"
„Wen?"
Er verdreht die Augen. „Du bist genau wie dein Vater. Nie siehst du das offensichtliche."
Auch jetzt weiß ich nicht, was er meint.„Es war der absolute Wahnsinn, Spence."
Ich lasse mich neben ihn auf die Couch fallen. „Wirklich. Ich hatte so eine Angst, dass er irgendwelche Star Allüren hat, aber die hat er nicht."
Mein Halbbruder greift neben sich in die Chips Tüte. „Also bist du jetzt ein Fan von ihm?"
Lachend sehe ich ihn an. „Blödsinn. Aber er war ein guter erster Weltstar Kunde. Ich hoffe ihm gefallen die Fotos genauso gut wie mir."
Ich lege meine Beine auf den Tisch, überkreuze sie und schaue auf den Fernseher, in dem Werbung läuft. Spencer kaut geräuschvoll auf seinen Chips und sobald dieses Geräusch verklingt, ist da das rascheln, wenn er in die Tüte greift. „Habt ihr auch Nummern getauscht?"
Es fällt mir wirklich schwer mir ein „Tausch du erstmal Nummern mit Jenny" zu verkneifen, also ramme ich mir vorsichtshalber den lila lackierten Daumennagel in den Zeigefinger. Ein bisschen zu fest.
„Was ist das denn für ne Frage?"
Unauffällig versuche ich, mir meinen Zeigefinger anzusehen. Autsch. Das hat wehgetan. Ein kleiner Abdruck ist zu sehen.
„Na ja, Onkel Jim hat irgendwas angedeutet."
Heute hat Spencer mich nicht abgeholt, deswegen bin ich etwas verwirrt von der Aussage und frage ihn, wann er mit Onkel Jim gesprochen hat.
„Dad hat mit ihm telefoniert. Da gab es wohl einen etwas intimeren Moment?"
Ich bin froh, dass meine Eltern und Ella schon im Bett liegen. „Ich weiß nicht was das war.", sage ich und schiebe meine Hand in die Chips Tüte, obwohl ich das wahrscheinlich besser lassen sollte. Ich war schon seit Wochen nicht mehr im Fitnessstudio, habe mich beim Schreiben von Essays mit Nervennahrung vollgestopft und habe ein wenig Angst, zugenommen zu haben.
Meine Mom beteuert immer, dass ich eine sehr gute Figur habe, aber ich hab immer noch ein bisschen mit mir zu kämpfen und achte sehr penibel darauf, dass ich nicht zu viel esse. Als ich in die Pubertät gekommen bin, habe ich ein wenig zugenommen, die kindliche Figur war weg und die Kurven kamen. Mittlerweile bin ich zwar relativ zufrieden, aber wie gesagt... ich achte immer noch darauf, was ich zu mir nehme.
Ich lasse die Chips zurück in die Tüte fallen und klopfe mir die Hände ab.
Spencer mustert mich, hält aber den Mund.
Wir sitzen schweigend nebeneinander und ich erwische mich dabei, wie ich an den Moment zurückdenke, in dem Shawn seinen Arm um meine Taille geschlungen hat. Das alles war so unfassbar surreal.
Ich warte immer noch darauf, dass mich jemand kneift und ich aufwache. Aus dem schönsten Traum, den ich jemals hatte.
Spencer dreht seinen Körper zu mir. „Komm schon, Kate. Ich bin neugierig."
Ein lachen entfährt mir. „Gute Nacht, Spencer."
Ich gehe die Treppen zu meinem Zimmer hoch und warte noch immer darauf, dass mich jemand aus einem langen Schlaf weckt. Erst jetzt, wo ich mit meinen Gedanken völlig alleine bin, realisiere ich, was da heute Abend passiert ist. Shawn und ich wollten uns küssen.
Und nicht Shawn aus meiner Parallelklasse in der High School, sondern Shawn Mendes. Einer der größten Sänger seiner Generation.
Meiner Generation.
Ich brauche viel länger als gewohnt im Badezimmer, und als ich mich schließlich ins Bett fallen lasse, bin ich immer noch ganz aufgewühlt. Wie kann es sein, dass ausgerechnet er das Bedürfnis hat, mich zu küssen?
Nicht mal die Jungs aus der Schule haben mich bei Wahrheit oder Pflicht gewählt um mich zu küssen. Wieso also sollte es Shawn Mendes tun? Ich kaue auf meiner Unterlippe herum.
Da Jim die restlichen Angelegenheiten dieses Auftrages erledigen wird, stehen die Chancen schlecht das ich Shawn jemals wieder sehen werde.
Seufzend drehe ich mich zur Wand. Da ich noch keinen Freund hatte, kann ich schlecht einschätzen, ob sich so eine Kleinigkeit wie ein Kuss Richtung Beziehung entwickeln könnte. Deswegen sollte ich mir vermutlich nicht irgendwelche Sachen ausmalen. Vielleicht ist Shawn auch einfach so wie all die anderen Jungs in unserem Alter. Hauptsache ein Mädchen küssen. Und er könnte wirklich jede küssen.*
An diesem Samstag morgen sitze ich bereits um acht Uhr in der Küche und trinke einen Kaffee, während ich auf meinem iPad durch die Fotos streiche, die ich gestern Abend mit einem Instagram Model gemacht habe. Das Shawn Mendes Shooting liegt nun schon eine Woche zurück und mittlerweile bin ich wieder auf dem Boden der Tatsachen gelandet. Was auch immer da war, es war nur eine Moment Aufnahme.
Ab und zu klicke ich auf das Herz, um ein Foto zu meinen Favoriten hinzuzufügen. Später kann ich es dann in einen Ordner verschieben und sie auf meinem MacBook oder im Studio etwas zu bearbeiten.
Gerade hebe ich meine Tasse an den Mund, da klopft es am Fenster. Beinahe verschlucke ich mich, stehe dann aber auf und trete an das Fenster. Vor mir, oder besser gesagt, vor unserem Haus, steht Jenny. Sie grinst als sie mich sieht. Mit der Hand deute ich Richtung Tür.
„Bist du bescheuert?", frage ich belustigt. Jenny drängt sich an mir vorbei.
„Die Frage ist: bist du bescheuert? Warst du heute schon am Handy?"
Gemeinsam gehen wir zurück in die Küche. Der Rest des Hauses ist noch still. „Ich bin vor einer viertel Stunde aufgestanden."
Als Jenny mein iPad erblickt, muss sie lachen. „Um zu arbeiten. Alles klar.", unbeteiligt wischt meine Freundin durch die Fotos.
„Wieso bist du überhaupt schon wach?"
Ich setze mich wieder auf den Hocker und nehme ihr mein iPad weg.
„Musste mit dem Hund eine Runde gehen. Und dann hab ich meinen Feed gecheckt, als der gute sein Geschäft verrichtet hat.", sie lehnt sich lässig an die Theke und greift nach einem Apfel der in unserem Obstkorb liegt. „Shawn Mendes hat ein Bild gepostet und dich darauf verlinkt."
Ich scheitere erneut an dem Versuch, einen Schluck von meinem Kaffee zu trinken. „Bitte was?"
Aber da ist Jenny schon abgelenkt. Mein Halbbruder steht in Boxershorts vor ihr, das Handy in der Hand.
„Hi.", haucht Jenny. Und Spencer gibt ebenso entzückt zurück: „Hi."
Räuspernd stehe ich auf. „Also... er hat mich verlinkt?"
Jenny ist noch immer nicht wirklich da und ich habe das Gefühl, dass Spencer seinen Bauch einzieht um noch definierter zu wirken. „Wer?", fragt sie.
„Shawn.", beantwortet Spencer die Frage. „Er hat dich gestern Nacht markiert. Warst du denn noch gar nicht an deinem Handy?"
Ich schüttele den Kopf und entscheide, dass nun der perfekte Moment ist um die beiden allein zu lassen. Ich sprinte die Treppe nach oben, stolpere fast über den Teppich und stecke,im Zimmer angekommen, dass Kabel aus dem Handy.
Aufgeregt schalte ich den Flugmodus aus und mein Handy kommt eine ganze Minute lang überhaupt nicht zur Ruhe.
Unzählige Kommentare auf Instagram ploppen auf, die einzige Benachrichtigung die ich nicht ausgestellt habe. Mit knapp Zweitausend Abonnenten, habe ich die „Gefällt mir" Benachrichtigungen ausgestellt, aber da ich so wenige Kommentare bekommen habe, habe ich davon abgesehen diese Funktion auszustellen. So kann ich den Leuten sofort antworten. Laut Onkel Jim ist Kommunikation wichtig.
Nervös öffne ich Instagram. Viertausend Abonnenten. Hundertfünfzig Kommentare. Unzählige „Gefällt mir" Angaben und tatsächlich ein: „shawnmendes hat dich auf einem Foto markiert."
Ich tippe den Beitrag an. Es ist das Foto, auf dem Andrew die Flasche nicht gefangen hat.
„thanks to @katereedphotos"
Mein Herz schlägt unfassbar schnell. Kurzerhand rufe ich meinen Onkel an, ungeachtet der Uhrzeit.
„Hast du ihm die Fotos geschickt?"
Er hustet. „Was?"
„Shawn Mendes? Die Fotos. Hast du sie ihm schon geschickt?"
Onkel Jim und ich hatten uns darauf geeinigt, dass er den restlichen Prozess übernimmt. Bild bearbeiten, eine Auswahl zusammenstellen, an den Kunden schicken. Kleinere Kunden übernehme ich selbst, aber so große Aufträge müssen ohne jeglichen Fehler sein.
Im Hintergrund höre ich jemanden, Tante Shannon, etwas sagen. Ziemlich verschlafen. Und ziemlich leise. „Das ist meine Affäre.", scherzt mein Onkel. „Sie heißt Kate."
Ich verdrehe die Augen und höre meine Tante lachen. „Nun sag schon. Also ich vermute mal ja, weil er mich ja auf Instagram markiert hat, aber... das ist so aufregend, Onkel Jim. Ich hab zweitausend neue Abonnenten, dabei hab ich kein Bild von ihm gepostet. Darf ich das überhaupt ohne seine Einwilligung?"
Jetzt lacht mein Onkel. „Beruhige dich mal, Katie. Er war mit der Auswahl der Fotos mehr als zufrieden und hat uns nach Einwilligung gefragt, sie zu posten. Beziehungsweise... sein Manager. Und ich habe für dich entschieden."
Mit der Hand fahre ich mir durch die Haare.
„Und natürlich darfst du Bilder posten, du hast sie schließlich gemacht. Du bist der Erzeuger, Süße."
Ich Wippe mit den Beinen. „Okay. Und sorry das ich euch beim schlafen gestört habe."
Er wimmelt ab, legt auf und ich begebe mich zurück nach unten.
Das Bild, das mich erwartet ist herrlich.
Spencer trägt jetzt doch ein Shirt. Er und Jenny lehnen an der Kücheninsel und trinken Kaffee. Ich bin kurz davor ein Foto zu machen, um es an Chase zu schicken, kann mich aber noch gerade so zusammenreißen.
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Shawn Mendes: We keep this love in a photograph
FanfictionKatherine Reed studiert an der NYU Tisch Fotografie und arbeitet nebenbei in dem Fotostudio ihres Onkels. Das „Reed Photography" ist eines der besten Fotostudios in New York und fotografiert unter anderem auch für die Vogue. Als ihr Onkel möchte, da...