5.

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Ich nehme zwischen Adrian und Chase in der Mensa Platz. Brittany und Ashlyn sitzen uns gegenüber.
„Und wie ist er so?", fragt Brittany an mich gewandt, während sie ihr Tablett absetzt.
„Na ja, ziemlich nett. Aber du weißt ja... Kunden sind Kunden. Wir können uns ja schlecht eine Meinung über ihn bilden."
Sie steckt einen Strohhalm in ihr Tetrapack Saft. „Ja, aber du würdest ja merken ob er ein Arschloch ist, oder nicht."
Ashlyn verdreht die Augen und zieht ihr Haargummi fester. Da Brittany letzte Woche krank war, hatte sie noch nicht die Möglichkeit mich zu fragen wie es gelaufen ist. Außerdem ist sie jetzt noch neugieriger, schließlich hat Shawn mich auf seinen Bildern markiert.
Mittlerweile habe auch ich ein paar der Fotos gepostet, was mir nur noch mehr Follower eingeheimst hat. Das alles ist unfassbar surreal.
„Mhm, na gut.", sage ich und rücke mir die Portion Nudeln zurecht. „Also ein Arschloch ist er nicht."
„Aber...?", hakt sie nach. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass Chase sie missbilligend mustert. Er redet zwar unheimlich gern, aber bei Leuten die noch mehr wie ein Wasserfall reden, würde er am liebsten gehen. Und Brittany redet tatsächlich sehr sehr viel. Wenn sie einmal eine Frage hat, hört sie auch nicht auf.
„Ich glaube, wenn es ein aber gäbe, hätte Kate es dir nicht vorenthalten.", wirft Adrian ein und richtet den Blick auf mich. Dankbar lächele ich ihn an. Mit der Hand fährt er sich durch die goldbraunen Locken und zwinkert.
„Es war auf jeden Fall toll.", sage ich abschließend. „Das er diese Fotos postet ist eine ziemliche Ehre, aber ich muss jetzt trotzdem wieder tief stapeln, schätze ich."
Adrian zuckt mit den Achseln. „Ich glaube um so einen Job würden wir uns alle prügeln. Das ist ein richtig guter Ansatz, du musst ja jetzt nicht direkt...", er zieht eine Grimasse „keine Ahnung, Beyonce fotografieren. Shawn reicht ja erstmal."
Ashlyn nickt zustimmend. „Vielleicht hat er ja auch so einen Gefallen an dir gefunden, dass er dich noch mal engagiert."
Mit meiner Gabel spieße ich mir Nudeln auf und schiebe sie mir in den Mund. „Wir werden sehen."

Als unsere Kurse vorbei sind, begleitet Chase mich zum Fotostudio meines Onkels.
„Ohne Witz, Brittany geht mir so auf den Sack. Unfassbar. Wie kann man so viel reden."
Lachend schüttele ich den Kopf. „Du redest auch so viel."
Liebevoll boxe ich ihn gegen die Schulter. Mit hochgezogenen Augenbrauen sieht er mich an.
„Zugegeben, sie ist ein bisschen nervig .", stimme ich schließlich zu.
Wir betreten den Laden. „Hallo!", rufe ich.
„Sei ehrlich, Kate.", er stemmt die Hände in die Hüften. „Aber du würdest doch merken ob er ein Arschloch ist.", zitiert er sie. Ich lache laut los. „Das war echt bemerkenswert dämlich."
Wir gehen nach hinten in den Personalraum.
Laut meinem Onkel darf auch Chase hier seine Fotos oben in den Büros bearbeiten. Im Gegensatz zu mir arbeitet Chase aber nicht in einem Fotostudio, sondern im Eiscafé seiner Eltern. Es liegt in der Nähe des Central Parks und ist stets gut besucht.
Trotz seiner Arbeit dort hat er sehr viele Kunden und seine Fotos sind atemberaubend schön.
Ich lege meine Jacke auf einen der Stühle ab.
„Hätte Adrian das nicht unterbunden, hätte sie noch mehr Stuss von sich gegeben.", sage ich noch.
Chase setzt sich auf den Tisch. „Apropos Adrian. Hat er noch mal versucht dich auf einen Kaffee einzuladen?"
Ich verdrehe die Augen. „Ich mag Adrian, aber er nimmt doch alles, was nicht bei drei auf dem Baum ist."
Wir gehen nach vorne. Chase sieht nicht gerade überzeugt von meiner Antwort aus. Ich setze mich hinter den Computer, um dann Chase anzusehen.
„Sieh mal, mit Adrian ist das so. Ich find ihn wirklich total süß und hübsch und er scheint auch wirklich sehr sehr nett zu sein, was ja wirklich nicht unwesentlich ist, aber..."
Seufzend zucke ich mit den Achseln. „Er hatte doch wirklich schon sehr viele aus dem Studiengang und ich möchte jemanden, der so Sprunghaft ist, nicht als ersten Freund haben."
Chase legt von hinten die Arme um mich. Ich lehne den Kopf gegen seine Brust.
„Irgendwann kommt der eine, bei dem du von Anfang an ein gutes Gefühl hast."
Jetzt muss ich lachen. „Okay, so verzweifelt bin ich nun auch nicht, danke."
Mein bester Freund löst sich von mir und geht dann nach oben, um an seinen Fotos zu arbeiten.
Da ich nicht weiß wo Onkel Jim oder einer der Angestellten ist, muss ich hier wohl oder übel die Stellung halten.
Als ich gerade unseren Terminkalender durchgehe, klingelt die Türe und signalisiert mir, dass jemand reingekommen ist.
„Einen Moment bitte.", sage ich, um einen meiner Termine ins Handy zu übertragen.
Schließlich blicke ich auf und falle tatsächlich fast vom Stuhl, als ich realisiere, wer hier vor mir steht.
Shawn.
„Oh, hallo." Langsam richte ich mich auf und sehe das schöne Lächeln auf seinem Gesicht.
„So sieht man sich wieder.", sagt er.
Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Eine Zeit lang stehen wir einfach nur da und Lächeln uns an. Dann fällt mir ein, dass er ein Kunde ist.
„Was führt dich hierher? Was kann ich für dich tun?"
Shawns Blick wandert nach oben zu den Büroräumen, von denen aus man die Eingangshalle sehen kann. Die riesigen Fenster geben dem Gebäude noch mal eine hellere Atmosphäre. Chase sitzt an einem Computer, meinen Onkel habe ich immer noch nicht entdeckt.
„Ich wollte deinen Onkel etwas fragen."
Die Hände in die Hosentaschen gesteckt, lächelt er immer noch.
Er möchte meinen Onkel höchstpersönlich etwas fragen?
Fragend hebe ich die Augenbrauen.
„Na ja, es geht dabei um dich. Oh, das klingt falsch."
Wir lachen über diese Aussage, verfallen dann allerdings wieder in Schweigen. Mit der tätowierten Hand fährt er sich durch das dichte Haar.
„Sag es doch einfach.", schlage ich vor. „Schlimmer als „Die Fotos gefallen dir doch nicht" kann es nicht sein."
Shawns Blick wirkt überrascht. „Oh Gott, ich wollte nicht das du das denkst. Deine Fotos sind hervorragend, wirklich. Deswegen bin ich ja hier."
Wieder legt sich ein Grinsen auf mein Gesicht. Auch Shawn muss wieder Lächeln.
Wenn das so weiter geht, kommt dieses Gespräch nie zu einem Ende. Ich streiche mir eine Strähne aus dem Gesicht.
„Leider weiß ich nicht wo mein Onkel ist, aber ich denke ich werde es ihm ausrichten können."
Er richtet den Blick wieder nach oben und fragt mich, ob Chase ein Kollege ist.
„Oh nein, er ist ein guter Freund von mir, seit der High School. Momentan studieren wir zusammen."
Wieder klingelt es. Andrew, Shawns Manager, steht plötzlich neben uns. Die beiden Grüßen sich, dann hält Andrew mir die Hand hin. Ich ergreife sie.
„Nun, ist Mr Reed da?"
Ich schüttele den Kopf. „Ich habe leider keine Ahnung, wo er ist, habe Shawn aber schon gesagt, dass Sie es ruhig mir sagen können. Dann gebe ich es weiter."
Insgeheim habe ich die Hoffnung, dass sie wie viele andere Kunden, eine Bewertung abgeben möchten. Je mehr gute Bewertungen unsere Fotografen haben, desto häufiger werden sie gebucht. Ein Kommentar von Shawn Mendes würde mir ich sehr zu gute kommen.
Shawn sieht Andrew erwartungsvoll an. „Nur zu.", sagt dieser.
„Ich wollte dich, Katherine, fragen, ob du nicht vielleicht Interesse daran hättest, mit mir auf Tour zu gehen. Als Fotografin."
Perplex starre ich ihn an. „Wie bitte?"
„Natürlich nur wenn du möchtest."
Shawn sieht mich fast schon flehend an.
„Ich... ja. Ich meine, ja, super gerne..."
Andrew mustert mich und fragt ob es ein aber gibt.
„Ich muss natürlich mit meinem Onkel sprechen. Und meinen Eltern. Aber grundsätzlich lautet meine Antwort ja."
Die beiden sehen mich an, als hätte ich sie darum gebeten, mir einen Gefallen zu tun.
Shawn stützt seine tätowierte Hand auf der Theke ab. Ich schaue mir die feinen Linien an und stelle mir vor, wie es wohl wäre, wenn ich sie mit meinen Fingerkuppen entlang fahren würde.
Als ich bemerke, dass Shawns Blick auf mir liegt, steigt mit Röte ins Gesicht. Er grinst mich an. Die Sorte Grinsen, dass er meine Reaktion amüsant findet.
Seine Hand zuckt zurück, als die Klingel der Tür erneut geht. „Katie! Ich hab was feines gekauft."
Mein Kopf bewegt sich in Richtung der Tür und mein Onkel steht da, ein Paket in der Hand. So groß, dass es sein Gesicht verdeckt.
Vorne auf dem Paket ist der iMac Pro abgebildet und ich hoffe wirklich, dass er ihn mit dem Auto abgeholt hat. Mit so einem großen Ding vorm Gesicht, wäre es ein Wunder, dass er hier heile angekommen ist.
Er kommt ein paar Schritte rein, stellt den Mac ab und erblickt dann unsere Kunden.
Ich habe beinahe das Gefühl, dass ich von hier aus sehen kann, wie sich eine Schweißperle auf seiner Stirn bildet. „Ah, guten Tag. Wie kann ich euch helfen? Oder hat Katherine euch schon weitergeholfen?"
Vor Kunden nennt er mich ausnahmslos Katherine. Obwohl ich ihm tausendmal gesagt habe, dass ich mich auf meinen Profilen immer nur Kate nenne.
„Oh ja, schon irgendwie. Aber die Angelegenheit geht sie auch etwas an."
Jims Blick huscht zu mir. Ich grinse.
„Okay, dann kommen Sie einfach mit in mein Büro. Katherine, würdest du den Computer in den Personalraum bringen?"
Ich nicke und gehe auf den Karton zu. Shawn beobachtet mich. „Ich helfe ihr eben, dann komme ich nach."
Andrew lächelt ihm zu, und Onkel Jim erklärt ihm, wo er lange gehen muss. Als könnte ich ihm das nicht erklären.
Die beiden gehen und zusammen mit Shawn trage ich den Mac nach hinten.
„Hättest du das alleine geschafft?", fragt Shawn mich.
Ich sehe ihn an. „Ich hätte es vermutlich geschoben."
Tatsächlich ist das Ding recht schwer. Shawns Oberarme sind angespannt und ich muss aufpassen, dass ich nicht zu sehr hinstarre.
Mein Handy klingelt in meiner Hosentasche, als wir den Computer im Personalraum abstellen. Ich ziehe es heraus.
Es ist Chase. „Was ist?", melde ich mich.
„War das da unten Shawn Mendes?"
Ich rolle mit den Augen. „Du bist ein Spinner. Komm einfach runter und schau's dir von nahem an."
Shawn lacht als ich auflege. „Ich hoffe es ging um den Computer und nicht um mich."
Grinsend stecke ich mein Handy wieder weg. „Da muss ich dich leider enttäuschen."
Er fährt sich durch die Haare. „Okay. Hm.", er zögert ein bisschen bevor er weiterspricht.
„Ich vertraue dir jetzt einfach mal, Katherine. Ich gebe dir meine Nummer... falls du Fragen hast, oder so."
Erneut fische ich mein Handy aus der Hosentasche. Wir tauschen Nummern aus. Und als ich hochgucke steht Chase in der Tür und fächert sich mit der Hand Luft zu.
Dann verschwindet er hinter dem Türrahmen, wartet fünf Sekunden und kommt rein.
"Oh, da ist ja der neue Mac. Herrlich!"
Er begutachtet ihn und stellt sich dann völlig unbeeindruckt von Shawns Anwesenheit neben mich. „Ach, guten Tag. Ich bin Chase."
Chase streckt Shawn die Hand entgegen. Shawn hat seinen Blick auf mich gerichtet und nimmt sie entgegen.
„Shawn, freut mich. Ich muss dann wohl mal nach hinten."
Ich biete ihm an, ihn zu begleiten, aber er wimmelt ab. Als er verschwunden ist, klatscht Chase in die Hände.
„Wow. Wahnsinn. Was geht denn bei euch ab?"
Ich schüttele bloß den Kopf.

Shawn Mendes: We keep this love in a photographWo Geschichten leben. Entdecke jetzt