9.

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Aufgebracht stolpere ich aus dem Lokal.
Bis Shawn aufgekreuzt ist, war alles okay. Ich hatte mich mit dem Gedanken angefreundet, ein Date mit Adrian zu haben.
Aber alles was er gesagt hat, war einfach nur widerlich. Bei einem Date sollte es nicht direkt um Sex gehen. Und wie muss ich überhaupt die „Was hat er dir versprochen?" Frage verstehen? Er tut fast so, als würde Shawn mich mit Sex bezahlen. Ich schätze Shawn zwar nicht so ein, als würde es ihm auf so etwas ankommen, aber in ihn reingucken kann ich nicht. Wer weiß, was er sich von meiner Arbeit erhofft. Vor allem habe ich mich selbst schon gefragt, ob er mir seine Nummer nur aus beruflichen Gründen gegeben hat.
Ich fische mein Handy aus der Hosentasche, weil ich es unbedingt wissen muss.
Mit zittrigen Fingern tippe ich eine Frage.

Darf ich dich etwas fragen?

Wer weiß wann er antwortet. Morgen. Übermorgen. Vielleicht auch gar nicht.
Kurz muss ich mich orientieren und laufe dann intuitiv nach links, obwohl ich keine Ahnung habe wie ich von hier aus nachhause komme.
Die ganze Zeit denke ich über das nach, was Adrian gesagt hat. Ich bin so in meine Gedanken vertieft, dass ich komplett erschrecke, als mich jemand an der Schulter packt und mich zu sich umdreht.
Atemlos sehe ich in Adrians Gesicht.
„Es tut mir leid. Das... ich bin ein Idiot."
Adrian nimmt die Hand von meiner Schulter. „Ja, das bist du.", sage ich mit fester Stimme. „Du reduzierst mich auf mein Aussehen, Adrian. Du tust so, als würde Shawn nur wollen das ich ihn fotografiere, weil er mit mir schlafen will. Ich habe ihn fotografiert. Er kann mit so vielen Mädchen schlafen wie er will, dass ist mir egal. Wer sagt überhaupt, dass ich mit ihm schlafen will?", frage ich gereizt.
Er sieht mich beinahe verzweifelt an. „Ich kann nicht mehr tun, als mich zu entschuldigen."
Ich antworte ihm nicht, als er mich fragt ob ich ihm verzeihe, bejahe aber seine Frage, ob er mich nachhause bringen soll.

Zuhause angekommen, laufe ich schnurstracks in mein Zimmer und pfeffere meine Handtasche samt Handy auf mein Bett. Adrian und ich haben kein weiteres Wort miteinander gewechselt, obwohl er manchmal den Mund geöffnet hat. Anschließend hat er immer mit dem Kopf geschüttelt um dann doch nichts zu sagen.
Mit beiden Händen fahre ich mir durch die Haare. Ich kann nicht glauben, dass Adrian so etwas denkt. Seine Entschuldigungen sind völlig an mir abgeprallt.
Als mein Handy vibriert, setzt mein Herz eine Sekunde lang aus. Mitten in meinem Zimmer bleibe ich stehen, dann packe ich meine Handtasche und hole das Handy heraus.

Jederzeit.

Erst jetzt fällt mir auf, dass ich die ganze Zeit über die Luft angehalten haben muss. Schnell lasse ich die Luft meinem Mund entweichen, nur um neue einzunehmen. Dann ertönt plötzlich mein Klingelton. Wonder Woman's Wrath. Als Spencer und ich den Film im Kino gesehen haben, habe ich ihn gleich danach eingestellt.
Shawn Mendes steht auf dem Display.
Gespannt höre ich den Klängen zu, weil ich mich nicht traue, mein Handy in die Hand zu nehmen und den Anruf entgegen zu nehmen.
„Katherine Reed.", melde ich mich. So als wüsste er nicht, wer am anderen Ende der Leitung ist. Meine Eltern haben mir damals beigebracht, mich mit Katherine zu melden, weil sich niemand für meinen Spitznamen interessiert.
„Du wolltest mich etwas fragen?"
Ich bin überrascht davon, dass er gleich zur Sache kommt. Das er mich überhaupt anruft.
Langsam setze ich mich auf den Rand meines Bettes.
„Weißt du, ich frage mich ob... ob es einen Grund gibt, warum du mich bei der Tour dabei haben willst. Einen anderen als meine Fotos."
Am anderen Ende ist es still. Ich stelle mir vor, dass er auch auf der Kante eines Bettes sitzt. Irgendein Hotelzimmer Bett, viel zu groß für eine Person.
Shawn räuspert sich. „Du meinst, ich habe irgendeinen Fotografen gekündigt, damit ich...?"
Er muss den Satz nicht vollenden, damit ich weiß was er meint. Er meint das, was Adrian auch gesagt hat. Nach einer kurzen Pause spricht er weiter. „Wer hat dir das eingeredet?"
Es ist ein ganz merkwürdiges Gefühl mit ihm zu telefonieren. Wirklich viele Gespräche haben wir noch nicht geführt und ein Telefonat ist so ein „Next-Level-Feeling". Zwar geht es um das berufliche, aber eben auch um das zwischenmenschliche.
„Adrian.", antworte ich schließlich verspätet und werfe einen Blick auf die Magnetwand, die über meinem Schreibtisch hängt. Generell ist mein Zimmer eher schlicht eingerichtet. Wenn man reinkommt, geht man sofort auf das Bett zu, das unter meinem Fenster steht. Gegenüber von meinem Bett steht mein Kleiderschrank, daneben ein Regal aus derselben Kollektion.
Neben der Tür steht mein Schreibtisch, die Wände sind grau gestrichen.
Spencer bezeichnet mein Zimmer immer als langweilig eingerichtet. Auf seinem Schreibtisch steht ein riesiger Mac, an den Wänden hängen Poster von Batman Begins und Star Wars. Von der Aufteilung her, ist es allerdings ähnlich eingerichtet, weswegen ich ihn immer auf meine Magnetwand Hinweise. Meiner Meinung nach, hat sie den selben Stellenwert wie seine Poster.
Ich mustere das Foto, dass ich mit einem gelben Magneten festgemacht habe. Es ist dasselbe Motiv, dass ich für das Alltags Projekt in der Bibliothek geschossen habe, nur dass auch ich jetzt an dem Tisch sitze, neben Adrian und Chase. Ashlyn hatte eine ähnliche Fotoidee wie ich, wollte aber unbedingt noch eine Frau auf ihrem Bild haben. Auf meinem Bild konzentrieren sich Adrian und Chase auf ihre Arbeit, auf ihrem Bild lachen wir alle in die Kamera. Mir hat das Bild so gut gefallen, dass sie mir einen Ausdruck davon geschenkt hat. Ich kann nicht glauben, dass Adrian mir wirklich zutraut, ich hätte diesen Job nur angenommen, um erzählen zu können, dass ich mein erstes Mal mal mit Shawn Mendes hatte.
Seine Entschuldigungen sind für mich bloß leere Worte. Das was er gesagt hat, kann er nicht mehr zurücknehmen.
Am anderen Ende der Leitung schnalzt Shawn mit der Zunge. „Dein Date?"
Ich schließe die Augen. „Jein. Das ist schwierig."
Jetzt kann ich ein Lachen Vernehmen, dass mein Herz etwas schneller schlagen lässt. „Er hat mich jetzt schon sehr oft nach einem Date gefragt, aber ich habe immer abgelehnt. Heute hab ich mich dann überreden lassen und ja... ich hätte meinen Standpunkt vermutlich nicht ändern sollen."
Eine Zeit lang schweigt Shawn, so als würde er abschätzen, was er sagen könnte. „Dann hat er seine Chance jetzt wohl vertan.", sagt er schließlich. Ich nicke zustimmend, bis mir einfällt, dass er nicht neben mir sitzt. Obwohl es sich ein kleines bisschen so anfühlt.
„Schätze schon...", sage ich also seufzend. „Ich freue mich übrigens auf die Tour. Sehr sogar."
Shawn schmunzelt. „Ich mich auch. Und ich bin ziemlich sicher, dass deine Fotos sehr gut werden."
Ich bedanke mich bei ihm für seine Worte und dann erzählt er mir von der letzten Tour und den aufregenden Städten, die er besuchen durfte. Er erzählt vom Musik machen und was es ihm bedeutet, macht mir versteckte Komplimente, indem er sagt, dass ich in Fotos das widerspiegeln kann, was er in Musik ausdrückt.
Als ich schließlich auflege, ist es nach Mitternacht und obwohl der Abend so blöd angefangen hat, schlafe ich mit einem Lächeln auf den Lippen ein.

Shawn Mendes: We keep this love in a photographWo Geschichten leben. Entdecke jetzt