22.

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Von einer unheimlich guten Wärme umhüllt, wache ich auf. Mein Gesicht liegt an Shawns Brust gelehnt und seine Arme sind fest um mich geschlungen.
Ich bin schon lange nicht mehr so glücklich aufgewacht. Ich schließe die Augen wieder und sauge den Moment in mich auf, kuschele mich ein wenig enger an ihn heran.
Shawns Mund entweicht ein wohliger Seufzer und seine große Hand streichelt über meinen Rücken. „Guten Morgen.", flüstert er. „Wie geht es dir?"
„Gut.", murmele ich und es stimmt sogar. Ich wusste nicht, dass er alles war was ich gebraucht habe um mich endlich wieder gut zu fühlen. Vor meinem Krankenhausaufenthalt wusste ich aber auch nicht so wirklich, dass ich mich schlecht fühle.
Shawn rückt ein wenig von mir ab und begutachtet mein Gesicht. „Es sieht... dunkel aus.", kommentiert er meinen Kiefer.
Ich muss ein lautes Lachen unterdrücken.
„Okay. Danke für die Information.", antworte ich sarkastisch.
Eine Weile ist es still zwischen uns, aber auf dem Gang draußen kann ich Stimmen hören. Ich beiße mir auf die Unterlippe. „Und jetzt?"
Liebevoll streicht mir Shawn eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Jetzt machen wir uns frisch und dann gehen wir frühstücken."
Er drückt mir einen Kuss auf die Lippen. Und ich bin unheimlich dankbar für diese Normalität.
Das was wir jetzt haben scheint eine Beziehung zu sein. Und obwohl ich dachte, dass mein Job das verrückteste auf der Welt ist, liege ich falsch. Das verrückteste ist, dass mein erster Freund überhaupt Shawn Mendes ist. Und das wir in einem Bett liegen.
Der Gedanke ist so absurd, dass ich das Bedürfnis habe mich ganz fest zu kneifen um aufzuwachen.
Die ganzen Geschehnisse der letzten Tage können unmöglich wahr sein.
Meine Eifersucht gegenüber irgendeinem Mädchen in einem Club, die Panikattacke am Flughafen, der Schlag von Alice in mein Gesicht, die Tatsache, dass Shawn mir seine Gefühle gesteht. Wer zur Hölle soll das denn Bitteschön glauben?
Es ist die eine Sache, wenn ich etwas für ihn empfinde. Das ist schon fast eine Selbstverständlichkeit bei seinem Anblick und seiner liebevollen Art. Aber das er etwas für mich empfindet?
Einer kleinen Fotografie Studentin aus New York? Unvorstellbar.
„Worüber denkst du nach?"
„Über uns.", wispere ich und schmiege mein Gesicht in die Kuhle zwischen Schulter und Kiefer
„Ich denke auch ständig über uns nach. Seitdem wir uns das erste mal begegnet sind, denke ich nur darüber nach, wie es wäre, alle Zeit der Welt mit dir zur verbringen."
Ich schlucke schwer. „Das..."
Mit der Hand streicht er mir über die Wange. „Das ist überhaupt kein Unsinn. Und jetzt geh ins Bad, damit wir frühstücken können."

Noch immer mit einer rosaroten Brille auf der Nase, verlasse ich frisch geduscht das Badezimmer. Meine Haare sind noch ein bisschen feucht, aber das macht nichts.
Ich hab mich sogar geschminkt und jetzt kann man meinen blauen Fleck nur noch erahnen, wenn man ganz genau hinsieht.
Ein Dankeschön an Foundation mit extra hoher Deckkraft.
Shawn sitzt auf dem Bett und sieht konzentriert auf seinen Bildschirm. Sein Gesicht wirkt angespannt und ich werde augenblicklich etwas panisch.
„Alles okay?", frage ich und streiche behutsam die Bluse mit den großen, blauen und weißen Streifen glatt.
„Könntest du mir vielleicht das hier erklären?", bittet er mich und hält mir das iPhone vor die Nase.
Langsam tapse ich barfuß auf ihn zu, knie mich  vor ihm aufs Bett und nehme das Handy in die Hand. Dann erst kann ich mich dazu überwinden, einen Blick drauf zu werfen.
Was ich sehe, schockiert mich. Irgendein Fan Account hat zwei Videos von Brian und mir aneinander geschnitten.
Einmal sehe ich, wie Brian mich am Flughafen auf die Schläfe küsst. Und dann sehe ich Ausschnitte vom gestrigen Konzert. Wieder küsst er mich auf die Schläfe. Und ich umarme ihn. Wir schauen Shawn eng umschlungen dabei zu, wie er auf der Bühne steht. Wir halten uns bei den Händen, als ich mich endlich locker machen konnte und ein wenig getanzt habe. Und ich küsse ihn am Ende des Konzerts auf die Wange.
Aber Brian ist nur ein Freund. Brian ist nur ein Freund. Das muss Shawn einfach wissen.
Welcher Fan macht sich überhaupt die Mühe, uns bei dem Konzert zu filmen, statt dieses Live Erlebnis zu genießen?
„Shawn, das ist..."
„Was? Nicht das wonach es aussieht?"
Ich schüttele den Kopf und er nimmt das Handy aus der Hand. „Ich schwöre dir..."
„Nein. Es... interessiert mich nicht."
Ich weiß überhaupt nicht was hier passiert und Shawn steht vom Bett auf, fährt sich durch die Haare und sieht mich an.
„Ich kann nicht glauben, dass ihr mich beide so dreist anlügt. Was erhoffst du dir dadurch, Kate?"
Ehe ich auch nur irgendwas erwidern kann, ist Shawn schon verschwunden. Und für mich bricht eine Welt zusammen. Er hat mich Kate genannt.
Ein paar Sekunden lange sitze ich regungslos auf den Bett; dann schnappen meine Synapsen zusammen und ich renne los.
Meine Beine fühlen sich schwer an und wenn mich nicht alles täuscht liegt das an der Tatsache, dass ich total irritiert bin.
Ich reiße die Tür auf, habe nicht mal die Zimmerkarte mit, aber das ist mir egal.
Instinktiv renne ich nach links und als ich um die Ecke komme, steht da Shawn. Aber nicht alleine. Er steht da mit Brian.
Die beiden stehen dich beieinander.
Der Weg den ich hinter mir gelassen habe war kurz, aber ich bin trotzdem außer Atem.
Ich starre die beiden an - dann dränge ich mich zwischen sie.
„Was ist denn los mit euch?", frage ich gereizt.
Shawns Hände sind zu Fäusten geballt und er sieht Brian feindselig an.
„Was ist mit dir los, Katherine?", spuckt Shawn förmlich aus, was mein Herz eine Sekunde zum Stillstand bringt. Ich sehe ihn an und Übelkeit überkommt mich. „Was soll denn mit mir los sein?"
Eine Tür neben uns wird aufgerissen.
„Könnten Sie bitte...", Alessia erstarrt als sie uns sieht. „Was habt ihr denn für ein Problem?"
Und dann sind wir plötzlich in Alessias Zimmer. Ich sitze neben ihr auf dem Bett, Shawn lehnt gegen den Tisch und Brian gegen den Schrank.
Keiner spricht. Ich wüsste auch nicht, was wir besprechen sollen.
Zumindest gegenüber Shawn. An Brian habe ich tausend fragen.
Seine Fürsorge, seine absolute Liebenswürdigkeit mir gegenüber - bin ich wirklich so blöd und habe all das falsch gedeutet? Hat er eigentlich die ganze Zeit mit mir geflirtet und ich war so beschäftigt mit Shawn und irgendwie auch immer noch Adrian, dass ich es nicht geschnallt habe?
Das ich neben ihm im Flugzeug saß und er mir jegliche Aufgeregtheit genommen hat.
Die erste Woche der Tour, in der er sich mit einer solchen Hingabe bei Ausflügen um mich gekümmert hat.
Der Morgen, an dem er mich dazu aufgefordert hat mit zum Sport zu kommen. Die Nacht in meinem Zimmer. Die Besuche im Krankenhaus.
Egal wie, Brian war immer da. Immer, wenn Shawn es nicht war.
Ich kann nicht glauben das ich so blind war. Aber da flackert auch irgendwas in meinem Gedächtnis auf.
Als beide in meinem Krankenhauszimmer waren. Ich glaube, ich weiß endlich, wer was gesagt hat.
Der Kommentar über die Eifersucht kam von Brian. Das hat er über Shawn gesagt. Gleichzeitig hat er aber auch verneint, dass er etwas von mir will.
Mir schwirrt der Kopf. Also lasse ich mich rücklings aufs Bett fallen.
Beide Parteien rufen meinen Namen und Alessia springt auf. „Ihr seid so dumm. Alle beide. Ihr mit eurem Alphatier Gedöns. Als wärt ihr elf und würdet auf dasselbe Mädchen stehen... ach Moment, das tut ihr ja.", ruft sie aus.
Die Szene amüsiert mich und ich muss tatsächlich ein Lachen unterdrücken, obwohl es nicht unpassender sein könnte. Ich drücke mir die Hand auf den Mund. Keiner beachtet mich und als ich mich wieder aufrecht hinsetze, starren Shawn und Brian sich mit aggressiven Ausdruck in den Augen an.
„Stimmt das?", frage ich irgendwann.
„Stimmt was?", mit einer Hand fährt sich Shawn durch die Haare. Mir tut es weh, dass er sich von jetzt auf gleich so von mir distanziert hat.
„Das ihr mich beide... gut findet."
Ich kenne Shawns Antwort und hoffe wirklich, dass er nur deswegen nicht darauf reagiert, weil wir dieses Gespräch vor ein paar Stunden schon geführt haben. Also richte ich meine Konzentration auf Brian.
Er hebt die Arme und lässt sie wieder fallen. Dann nickt er. Aus den Augenwinkeln sehe ich, dass Shawn seine Position verändert und auf ihn zugehen will, aber Alessia hält ihn davon ab.
„Du hast gesagt du empfindest nichts für sie, Brian. Wieso lügst du mich an?"
Brian erwidert nichts, sondern wendet sich mir zu. „Es tut mir leid, Kate."
Jetzt richte ich mich auf. „Was sollte das denn alles?"
Er sieht mich mit durchdringenden Blick an. „Für euch Mädels ist es immer nur Shawn. Egal welche Zeichen ich euch gebe, ihr geht immer zu Shawn. So war es schon immer. Und ich dachte, dieses eine mal hätte ich eine Chance. Aber dann war Shawn derjenige, der am Flughafen bemerkt hat, was abgeht. Ich hätte da stehen sollen. Das was das erste mal, dass ich nicht an deiner Seite war und direkt passiert sowas..."
Ich betrachte ihn. „Du hast gelogen, als du von dem Mädchen im Club erzählt hast, oder?"
Plötzlich betrachtet Brian ganz eingehend den Teppich, als hätte er noch nie etwas schöneres gesehen.
„Es tut mir leid, Kate. Wirklich."
Ich möchte ihn umarmen. Das möchte ich wirklich. Aber ich glaube, dass er das falsch auffassen könnte. Und Shawn auch.
„Ist dir wirklich nicht aufgefallen, dass die beiden Affen hier um dich rumtanzen?", durchbricht Alessia die Stille.
Es ist einer dieser Sätze, über die man normalerweise lacht, aber diesmal ist mir nicht nach Lachen zumute.

Shawn Mendes: We keep this love in a photographWo Geschichten leben. Entdecke jetzt