8.

1.8K 71 1
                                    

Cody lacht mich breit an und zeigt mir seine strahlend weißen Zähne. Er hat das typische Hollywood Lächeln. Dafür hat er vorsichtshalber schonmal gesorgt, falls das mit dem Schauspieler werden wirklich klappen sollte. Als er das gesagt hat, hab ich ihn bloß verständnislos angesehen.
Wir stehen in unserem Studio mit der Fotowand, ein Hocker steht da, damit Cody sich setzen kann. Bisher erinnert er mich irgendwie ziemlich an Joey Tribbiani aus Friends. Nicht zuletzt wegen seiner bisher angenommenen Rollen, die hauptsächlich aus Werbespots bestehen. Vielleicht ist er ja irgendwann in einer Seifenoper zu sehen.
Er macht seine Sache auf jeden Fall ziemlich gut - eventuell sollte er sich ja eher dem Modeln widmen. Ich halte trotzdem meinen Mund.
„Okay.", sage ich und winke ihn zu mir rüber um ihm die Fotos zu zeigen. Sein Duft umhüllt mich, ich glaube es ist dasselbe Parfüm das Spencer benutzt und er lächelt mich schief an.
Wir klicken uns durch die Fotos und treffen eine gemeinsame Auswahl. Cody ist zufrieden mit seinen Headshots und ich bin es auch.
Ein Headshot muss sich einprägen und die Persönlichkeit widerspiegeln und das tun meine Fotos.
Ein Vorteil dieser Art von Bildern ist auch, dass ich sie direkt vor Ort bearbeiten und ihm mitgeben kann. Wir gehen nach vorne zur Kasse, damit Cody bezahlen kann.
Die Fotos lege ich in eine unserer schwarzen Mappen, auf der Reed Photography steht. Die beiden O's sind jeweils von einer filigran gezeichneten Kamera umhüllt.
„So, das macht dann dreißig Dollar, Cody.", sagt Val, eine unserer Mitarbeiterinnen.
Er gibt ihr das Geld und ich halte ihm mit einem Lächeln die Mappe hin. „Ich wünsche dir ganz viel Erfolg und vielleicht sehen wir uns ja mal bei einem Covershoot."
Cody grinst und zwinkert mir zu.
Die Türklingel ertönt und er verlässt unser Studio.
„Der sah aus wie Joey aus Friends oder?", fragt Val an mich gerichtet.
Lachend bestätige ich ihre Aussage. Val, eigentlich Valerie, ist ebenfalls Studentin, hat aber nichts mit Fotos zu tun, sondern arbeitet hier vorwiegend an unserer Kasse.
Sie wirft einen Blick auf die Uhr. „Hast du jetzt nicht frei?"
Ich nicke, dann muss ich grinsen. Adrian hat so auf mich eingeredet, dass wir uns doch heute schon treffen. Er wollte mich hier abholen, dann gehen wir irgendwo etwas essen.
Vor allem möchte ich vorher aber noch Onkel Jim sehen, um ihm Codys Fotos zu zeigen. Auch wenn der Kunde zufrieden ist, ist mir seine Meinung immer sehr wichtig. Also frage ich Val, wo er steckt.
„Das erklärt, warum du die ganze Zeit so gelassen bist. Shawn Mendes ist mit seinem Manager da, die reden über irgendwas."
Ich ziehe meine Augenbrauen in die Höhe. „Es könnte sein, dass sie über mich reden."
Vals Augen werden groß. Ich erzähle ihr aufgeregt von der Tour. „Wow! Herzlichen Glückwunsch.", sie nimmt mich in den Arm.
Die Tür klingelt, im gleichen Moment, in dem eine Büroraumtür geöffnet wird.
„Hey, Kate!"
Mir fallen fast die Augen aus dem Kopf, als Adrian mit einem Strauss Blumen vor mir steht. Es sind rosa Rosen.
„Adrian...", bringe ich hervor, werde aber sofort von meinem Onkel unterbrochen. „Ahh, da ist ja die Frau der Stunde."
Augenblicklich richtet sich mein Blick auf Shawn. Er trägt ein weißes Shirt unter dem man seine Muskeln erkennen kann.
Ein Lächeln tritt auf mein Gesicht und auch er lächelt mich warmherzig an. Ich möchte ihn gerade begrüßen, als er Adrian bemerkt. Irgendwas blitzt in Shawns Augen auf.
Adrian wirkt von dem Geschehen sichtlich beeindruckt. Mein Onkel sieht Adrian perplex an.
Die Situation ist völlig absurd. „Ähhh...", stammele ich. „Das ist Adrian. Ein... Kommilitone von mir. Adrian, das ist mein Onkel Jim und das...", ich hebe die Hände in Shawns Richtung, lasse sie aber augenblicklich wieder fallen.
Lässig geht mein Date auf Kanadas größten Popsänger zu. Die beiden geben sich die Hand, dann begrüßt Adrian auch Andrew.
Shawns Lächeln wirkt viel unnatürlicher, als es jemals gewirkt hat. Jedes Lächeln das er an mich gerichtet hat, war ehrlich und leicht. Dieses Lächeln ist hart.
Ich kann mir vorstellen, dass er so lächelt, wenn ihm etwas an einem Interview nicht gefällt. Shawn fragt Adrian, ob er auch hier arbeitet.
Mir kommt es fast so vor, als würde er hoffen das Adrian diese Frage bejaht und die Blumen nur deshalb mitgebracht hat, damit der Personalraum schöner aussieht.
„Nein, wie gesagt, Kate und ich studieren zusammen und heute sind wir...", er wirft mir über die Schulter einen unsicheren Blick zu. „... verabredet."
Mit der Hand fährt er sich durch die Haare, deren Frisur fast genauso aussieht wie die von Shawn. Nur, dass sie eine andere Haarfarbe haben.
Ich muss schlucken. Auch wenn ich nicht so richtig weiß, wo mein Problem liegt.
Das Date mit Adrian ist ein einfaches Date um das er mich gebeten hat. Shawns Reaktion ist... merkwürdig. Allerdings hat das absolut nichts zu bedeuten. Oder etwa doch?
Ich sehe Shawn an. Dieses unfassbar hübsche Gesicht. Zwar habe ich ihn jetzt schon öfter getroffen, aber jedes Mal aufs neue bin ich von seiner Person überwältigt. Er hat eine derart tolle Ausstrahlung, dass ich sogar eine Karte für ein Konzert kaufen würde, wenn er einfach nur auf einem Stuhl sitzen würde.
Und ich war nie eine der Personen, die sich als Fan bezeichnet haben. Das würde ich auch jetzt noch nicht tun. Ich mag seine Musik und seine Arbeit, aber ich kann nicht so über ihn reden, wie es Ella tun würde. Sie schwärmt regelrecht von ihm.
Jetzt wo ich ihn persönlich kenne, möchte ich damit aber auch gar nicht mehr anfangen.
Mir fällt auf, dass mir seine Reaktion etwas ausmacht. Wahrscheinlich sollte ich mich schlecht fühlen, weil ich mit Adrian ein Date habe, obwohl ich nicht auf die Weise interessiert bin, aber ich fühle mich schlecht, weil Shawn mitbekommt, dass dieses Date tatsächlich stattfindet.
Ich muss an die Situation auf der Terrasse denken und daran, wie nah wir einander waren. Ehe ich den Gedanken zu Ende gedacht habe, haben sich die beiden von uns verabschiedet. Das Altbekannte klingeln der Türe ertönt und reißt mich zurück in die Gegenwart.
Adrian schenkt mir ein schwaches Lächeln und wir verabschieden uns von Val und Onkel Jim.
Draußen hält Adrian mir die Tür seines Wagens auf. Er verrät mir nicht wo wir hinfahren und nachdem ich diese Frage gestellt habe, schweigen wir. Es ist ein unangenehmes Schweigen.
Schließlich halten wir an einem meiner Lieblingsläden. Dem Burger Joint. Das Lokal liegt in der Nähe des Central Parks und wieder einmal freue ich mich über die Tatsache, in Manhattan zu leben.
Wir setzen uns gegenüber voneinander in eine der Nischen. „Alles okay?", frage ich.
Adrian nickt verhalten. „Weißt du... ich muss die ganze Zeit darüber nachdenken, dass du mich als deinen Kommilitonen vorgestellt hast."
Ich kratze meine Nase um Zeit zu gewinnen. Einer der Kellner, ein großer Mann mit dicken Brillengläsern, unterstützt mich, in dem er fragt was wir trinken wollen.
Leider ist auch diese Zeit viel zu schnell vorbei. „Ich wusste nicht wie ich dich sonst vorstellen soll."
Ein müdes Lächeln legt sich auf Adrians perfekt geschwungene Lippen. „Ein guter Freund hätte schon gereicht... hör mal, Kate, wenn du nicht interessiert bist...", er seufzt. „Ich mag dich. Wirklich sehr gerne. Und auch wenn du jetzt denkst ich sage das zu jeden Mädchen - so ist es nicht. Aber wenn du dich dazu genötigt gefühlt hast, mit mir auf ein Date zu gehen, dann sag es ruhig."
Seine Worte berühren mich. Sie klingen aufrichtig und liebevoll und ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass er wegen mir so etwas wie Traurigkeit empfindet. Ich schätze Adrian als meinen Kommilitonen und auch als meinen guten Freund. „Ich mag dich auch, Adrian.", antworte ich verspätet. „Aber mir ist nicht entgangen, dass du schon mit einigen Mädchen etwas hattest.", unsere Blicke treffen sich. „Und das ist ja auch überhaupt nicht schlimm.", füge ich schnell hinzu.
Dann muss ich erstmal nach Worten suchen und wir werden wieder von dem Kellner unterbrochen. „Wisst ihr schon, was es sein darf?", fragt er, während er uns jeweils ein Glas Cola vor die Nase setzt.
Adrian greift nach der Karte. „Sorry, wir haben noch gar nicht geguckt."
„Kein Stress.", erwidert er und verschwindet wieder in dem Getümmel.
Ich lege meine Unterarme übereinander auf dem Tisch ab und sehe Adrian an. „Ich hatte noch nie einen Freund. Nicht einen einzigen. Was ist, wenn ich dir nicht gerecht werde? Was ist, wenn ich zu hohe Erwartungen an dich habe?"
Mein Mehr oder weniger Date kratzt sich am Hinterkopf. „Hast du denn überhaupt Erwartungen an eine Beziehung zwischen uns?"
Ich entscheide mich dazu, ihm meine Gefühle zu offenbaren. Das bin ich ihm schuldig.
Wir haben das Studium gemeinsam angefangen und ich kann nicht leugnen, dass Adrian mir sofort aufgefallen ist. Das er sich meiner Freundschaft zu Chase angeschlossen hat, nachdem wir zusammen eine Präsentation hatten, hat mich zu Beginn etwas überrascht, aber ich habe mich trotzdem irgendwie gefreut. Klar sieht Adrian ziemlich gut aus, aber sein Charakter und sein Humor sind unersetzbar. Er ist ein offener, freundlicher Mensch und er sieht in uns allen immer nur das gute. Er ist kreativ und aufgeweckt und eigentlich wäre er wirklich der perfekte, erste Freund. Falls es den überhaupt gibt.
Leider zweifele ich trotzdem daran, dass das mit uns funktionieren könnte. Ich selber finde das auch ziemlich schade, aber ich kann mich auch nicht in eine Beziehung stürzen, um einfach mal einen Freund zu haben. Das wäre Adrian gegenüber nicht fair.
Und obwohl meine Freundschaft zu ihm gut ist, weiß ich nicht, wie er mit den anderen Mädchen umgegangen ist. Ich weiß nicht, ob es nur harmlose Dates waren und er sich einfach nur wieder verlieben will. Und ich weiß auch nicht, ob er wirklich meint, ich könnte ihn glücklich machen. Ich beiße mir auf die Lippe. „Die hatte ich, ja. Aber wie gesagt... ich weiß nicht ob ich es zu hundert Prozent ernst mit dir meinen würde."
Adrian lehnt sich zurück und legt die Arme über den Kopf. Dabei stößt er versehentlich an einen Kopf, der über der Bank hinter uns ragt. Er murmelt ein Entschuldigung, lehnt sich wieder nach vorne und sieht mich an. Unsere Gesichter sind sich ziemlich nah.
„Liegt es an Shawn? Hat er dir irgendwas versprochen?"
Das ist der Moment, in dem ich mich wieder zurücklehne. „Was genau soll er mir denn versprochen haben?"
Ohne das wir einen einzigen Blick in die Karte geworfen haben, kommt der Kellner wieder zu unserem Tisch. Adrian ergreift die Initiative und bestellt zwei Cheeseburger und Pommes.
Geräuschvoll atmet er die Luft aus. „Was weiß ich denn. Er bietet dir einen Hammer Job an, für den es bestimmt jemanden gab, bevor er dich getroffen hat. Diese Tour startet nächsten Monat, Kate. Was meinst du, was er von dir will?"
Ich muss ein paar mal blinzeln, um zu realisieren, was er gesagt hast. „Unterstellst du ihm, dass er mich nur engagiert hat, weil er mich flachlegen will?"
Herausfordernd sieht mich Adrian an. „Ja. Du sagst mir, du willst nichts mit mir anfangen, weil ich schon mit ein paar Mädchen geschlafen habe..."
Ich möchte ihn unterbrechen, um zu sagen, dass das nicht meine Wortwahl war und das ich ihm sowas auch nicht unterschwellig unterstellen wollte. Aber er lässt mich nicht ausreden.
„Nein, Kate, hör mir zu. Meinst du, Shawn hat mit keinem Mädchen geschlafen, das nicht seine Freundin war? Die stehen doch alle Schlange bei ihm. Er wird sich schon nehmen, was er sich nehmen kann."
Ich schüttele den Kopf, nicht um ihm zu widersprechen, sondern weil ich enttäuscht bin. „Langsam habe ich das Gefühl, dass du mir einfach nur nicht diesen Job gönnst."
Meine Kraft ist am Ende und mir schwirrt der Kopf. Ich nehme mir meine Tasche und verlasse das Lokal ohne ein weiteres Wort.

Shawn Mendes: We keep this love in a photographWo Geschichten leben. Entdecke jetzt