Kapitel 29 ~ Streets at night

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"So many feellings go unsaid."
- Unknown
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Ich betrat den Flur mit meinem Koffer und musste feststellen, dass bereits alle auf mich warteten. Ich ließ meine Schultern fallen und schlenderte genervt zum Rest hinüber. "Und du hast nicht mal zwanzig Kleidungsstücke und brauchst trotzdem die doppelte Zeit", lachte Luca amüsiert. Ich wusste, dass sowas kommen würde. Sofort nahm ich meinen Koffer von der linken Hand auf die Rechte und steuerte auf Luca zu. Dieser verstand nicht, was ich damit ausdrücken wollte, und das war auch gut so. Gekonnt rollte ich mit dem leichten Gepäck über seinen Fuß und ließ ihn an dieser Stelle stehen. Ein fragender Blick von Luca und schon warf ich mich mit meinem vollen Gewicht auf den Koffer und kam zum Sitzen. Zufrieden begutachtete ich Luca, der schmerzerfüllt aufschrie und dann so schnell es ging, den Fuß unter dem Koffer entfernte.
Er sprang noch ein paar Sekunden auf einem Bein durch das Apartment, was übrigens aussah wie die Beschwörung von Satan höchstpersönlich, und kam dann mit einer Träne im Auge wieder zu uns. Adrian lachte sich schlapp und auch Yuuto konnte sich ein Schmunzeln nicht mehr verkneifen. "Ich werde dich, nur mal so am Rande, auch vermissen, Sabberschnute", neckte ich ihn noch etwas und zog meine Augenbrauen zwei Mal noch oben. Damit war ich anscheinend zu weit gegangen. Sein Ausdruck veränderte sich in ein fieses Grinsen: "Vielleicht behalte ich dich hier und das nächste Mal, wenn mein Bruder kommt, geb ich dich ihm einfach..."
"Okay gut. Yuuto, Adrian? Das war unser Zeichen. Los, husch, nichts wie weg hier!", hastete ich und drückte die Zwei zur Tür.

Jedoch wurde ich plötzlich zurück gezogen und fand mich im nächsten Moment in den Armen von Luca wieder. Meine Wange war gegen seine Brust gepresst und ich hörte seinen Herzschlag. Seine Wärme beruhigte mich, aber die ganze Situation nicht. Ich lief rot an und betete, dass niemand mich sah, vorallem Luca nicht. "Passt auf euch auf. Ich komme euch bald besuchen, aber versucht euch in dieser Zeit einzuleben und keine Scheiße zu bauen. Meine Nummer hab ich euch ja gegeben", sagte Luca sanft und ich spürte die Vibration seiner Stimme an meinem Körper. Ich kam wieder zu mir und drückte ihn regelrecht von mir. "Ja, wir versuchen es und genauso solltest du auf dich aufpassen", sprach ich hektisch, lächelte schief und dachte einen kurzen Augenblick Enttäuschung in seinen Augen gesehen zu haben.
Nachdem sich der Rest auch verabschiedet hatte, betraten wir die Straßen Tokyos.

Es war zwar ein völlig anderer Stadtteil, aber die Atmosphäre hatte sich kein Stück verändert. Der Himmel war wunderschön, voller Sterne, die in gefühlt allen Farben leuchteten. Ich betrachtete die unzähligen bunten Schilder, ob es nun Straßenschilder, Restauranttafeln oder Shops waren, alles leuchtete hell.
Es erinnerte mich an meine Ankunft in dieser Welt. Wie gerade, war es auch damals dunkel gewesen. Mich überkam das Gefühl der Einsamkeit und Trauer, weil Rule diesmal nicht an meiner Seite war und auf mich aufpassen würde. Ich starrte traurig ins Nichts. Etwas Zeit verging, bis mir jemand eine Hand auf die Schulter legte: "Hey, komm. Sonst wird es zu spät und Yuuto meinte gerade, dass unsere Vermieterin für uns gekocht hat." Adrian schaute mich lächelnd an.
Ja, er hatte recht. Es war jetzt nicht die Zeit schwach zu werden oder seinen Gefühlen nach zu geben. Was Rule für mich getan hatte, würde ich jetzt für ihn tun. Ich wollte ihn da raus holen! Mein Blick vom Sternenhimmel abgewandt, schritt ich nun zu dem älteren PKW, den ich definitiv größer in Errinnerung hatte. "Mr. Ito? Was ist mit Ihren weißen Transporter passiert?", fragte ich verwundert. Yuuto schaute mich kurz fragend an, aber dann verstand er meine Frage:
"Achso! Dein Freund meinte, dass ich mir lieber ein anderes Auto zulegen sollte. Die Leute von Lucas Bruder wissen ja schließlich, wie es aussieht."
"Stimmt... Warum hab ich da nicht früher dran gedacht?"
"Schon okay. Lasst uns jetzt aber wirklich mal losfahren", antwortete Yuuto und stieg in seinen Wagen.

Nach einer dreiviertel Stunde hielt plötzlich der graue PKW an und ich öffnete meine Augen, die ich beim Dösen geschlossen hatte. Adrian schaute sich aufgeregt um, doch plötzlich hielt sich die Freude in Grenzen. "Ähm... Wo sind wir hier? Alles ist so... dreckig und kriminell", äußerte Adrian. Yuuto drehte sich zu meinem Bruder, den ich geschockt, über diese Bemerkung, nur anstarren konnte. "Junger Mann, dir sollte man wirklich Manieren beibringen! Ich kann ja verstehen, dass es hier nicht gerade wie Wohngebiet für Prominente aussieht, aber du hast keine Ahnung und urteilst voreilig..."
"Ich glaube, in den letzten Jahren, wo du hier alleine in der Weltgeschichte herumgestiefelt bist, hast du vergessen, wie du erzogen wurdest!", meckerte ich vorwurfsvoll.
"Tut mir leid, das war ja nicht böse gemeint und außerdem habt ihr doch mitbekommen, dass ich meine Worte erst richtig wählen musste... Aber es sieht hier nunmal so aus", antwortete mein Bruder mit gesenktem Blick. Es brodelte in mir: "Adrian! Ich will gar nicht wissen, was du in deinem Kopf bereits für Sprüche entwickelt hast! Es reicht, es geht hier um so viel und ich hab das Gefühl, dass es dich überhaupt nicht interessiert! Du bist kein Stück älter geworden... Und ich dachte, dass du aus deiner Zeit hier etwas gelernt hättest."
Nun war es ruhig. Yuuto drehte sich langsam und laut ausatmend wieder nach vorne. Adrian schaute mich traurig an. Er wusste, dass er mich gerade sehr enttäuscht hatte. Trotzdem schien er genau zu wissen, dass das nicht der Hauptgrund dafür war, dass ich gerade so ausgerastet bin. Gerade musste sich Reue in meinen Augen spiegeln, aber es war nötig gewesen. Klar, war ich zur Zeit gestresst, aber es stand schließlich das Leben von vielen Menschen auf dem Spiel. Warum war ihm das nicht klar? Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, denn Yuuto hatte offensichtlich keine Lust mehr auf unseren Streit:
"Euch kann man echt nicht alleine lassen... Los, wir gehen jetzt rein und beenden diese Tragödie hier. Ihr vertragt euch jetzt, okay?" Er richtete seinen Blick scharf auf uns, sodass wir nur eingeschüchtert nicken konnten.

Als wir den Wagen verlassen hatten, liefen wir eine Einfahrt nach oben. Ich begab mich auf Adrians Höhe, zögerte kurz, aber wuschelte ich ihm dann doch durch seine braunen Haare. Er schaute lächelnd ein Stück zu mir auf und blickte dann wieder nach vorne.
Tja, so schnell wie ein Streit beginnen konnte, so einfach war er auch zu lösen. Jedenfalls manchmal.

Es war eine komische Gegend, so viel war sicher. Das Mischmasch aus Hochhäusern, flachen Bauten und alten Hütten sorgte für ein buntes Viertel, obwohl es hier im realen Fall eher grau und dunkel war. Ich stimmte Adrian nun innerlich zu, dass hier eine unangenehme Atmosphäre herrschte. Wie in einem Ghetto, auch wenn ich noch nie in einem war. Es lag Schutt herum, die Mülltonnen, die noch in dieser Straße standen beschränkten sich auf zwei von ungefähr zwanzig, und das waren richtige Klopper, die die Randalierer wahrscheinlich nicht umgeworfen bekommen haben. Es wehten Plastikverpackungen durch die Straße und augenblicklich begann ich etwas zu frösteln und rieb mir die Arme. Aber das Auffälligste waren die Leute. Mal hier, mal da schauten zwielichtige Gestalten aus den Fenstern ihrer Wohnungen und musterten einen eindringlich. Am Ende der Straße, fast im Dunkeln nicht zu sehen, erspähte ich in einem zusammengefallenem Block ein voll beleuchtetes Fenster. Die Wohnung war sichtlich schief, was mich bei diesem Block nicht überraschte. Aber was mich wiederum überraschte, war, dass dort tatsächlich jemand hauste.
Auf der anderen Seite war es vielleicht normal und ich war sowohl von meinen Standarts, als auch von meiner kurzen Zeit hier noch nicht genug mit dieser Welt vertraut.

Aber egal, ich ließ meine Gedanken wieder zu weit streifen. Denn mir war die Person, ein älterer Mann, in dem Fenster und der intensiv auf mir haftende Blick nicht entgangen. Ich konzentrierte mich etwas auf den Mann und kniff meine Augen zusammen.
Plötzlich durchfuhr es mich, wie einen Stromschlag. Unserer Augen trafen sich und diese roten zwei Augen jagten mir sofort einen Schrecken ein. Wahrscheinlich sah ich aus, wie eine Leiche, und zitterte, wie ein nasser Hund im Winter. Zusätzlich stand ich bestimmt schon fünf Minuten hier und starrte ausgiebig in der Weltgeschichte herum. Yuuto und Adrian waren bereits an der Tür eines Holzhauses, für eine Hütte war es nämlich zu groß, angekommen und Yuuto war bereits mit seinem Finger auf dem Weg zur Klingel. Wie in Zeitlupe betrachtete ich alles, blickte nochmal zum Fenster am Ende der Straße und bemerkte flüchtig, wie im Nebenzimmer ebenfalls Licht anging, bis ich los rannte, um mich meinem Bruder und Yuuto anzuschließen.

After your Death ~ Die Suche nach LichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt