Kapitel 24 ~ Broken Soul

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"Can you see me? All of me? Probably not. No one ever really has."
- Jeffrey Eugenides, Middlesex
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Nach fast fünf Wochen war meine Schussverletzung fast wieder verheilt. In dieser Zeit hatte ich mich oft gelangweilt. Ich half Luca dabei den Haushalt zu schmeißen, kochte oder hörte Musik, schaute fern, spielte Spiele auf meinem neuen Handy und nervte gelegentlich Adrian und Luca, wenn sie gerade weg waren. Es war unglaublich. Mein kleiner Bruder durfte, wie ein Erwachsener, herum laufen und ich? Ich fühlte mich, wie der Teenager, der nicht das Haus verlassen durfte. Zum Glück war das gerade nicht der Fall.
Luca hatte seine Aufmerksamkeit wieder auf Control02 gerichtet und war nun aller zwei Tage bei seinem Bruder. Herausgefunden hatte er jedoch noch nichts. In der Zeit, wo er weg war, hatte das Verhältnis zwischen ihm und seinem Bruder ganz schön gelitten und es würde noch etwas dauern, bis er ihn fragen konnte, was mit Rule war. Und so war auch Adrian dazu verdonnert mit mir hier zu bleiben.

Ich spielte wieder irgendein sinnloses Spiel, was ich wahrscheinlich in fünf Minuten wieder deinstallieren würde, und Adrian spielte PUBG auf dem Handy. Etwas, was ich mich schon mehrmals in dieser Welt gefragt hatte, war, was mit den ganzen Technikgeräten war. Luca hatte mir erklärt, dass diese Welt die Musik, Daten, Spiele, einfach alles von der anderen Welt nutzen konnte. Also hatte die normale Welt etwas geschaffen von dem sie gar nichts wusste. Als mein Bruder verloren hatte, fluchte er kurz und warf sein Handy neben sich. Danach starrte er mich an. Ohne von meinen Display weg zu sehen, fragte ich: "Was ist jetzt?"
"Keine Ahnung... Ich hab keinen Bock mehr zu spielen. Uuuund deswegen werde ich dich jetzt mit weiteren Fragen zu labern, bis ich wieder auf dem aktuellen Stand bin!" Er grinste mich schon wieder so an und ich konnte mir vorstellen, was für Fragen jetzt kommen würden. "Also... hattest du einen Freund in der Zeit, wo ich nicht da war?"
"Nein. Mein Leben war zu beschissen ohne dich", antwortete ich ehrlich und stupste ihn an der Schulter an.
"Gut zu wissen! Und was ist mit Rule?"
"Was soll da sein?"
"Naja, als ich euch getroffen habe, wart ihr beide sehr eng miteinander. Hatte ich zumindest das Gefühl..."
"Was? N-nein... Wir hatten nur einen Deal. Ich wollte dich finden und j-ja." Ich war nervös, aber war mir auch nicht sicher, was für Gefühle ich gegenüber Rule entwickelt hatte. "Aber warum versuchen wir ihn dann noch zu finden, wenn du mich gefunden hast? Ist der Deal nicht eigentlich erledigt?"
Dieser kleine...
"Soll ich ihn einfach zurück lassen, weil ich jetzt dich habe, oder was? Ich bin doch kein Unmensch..."
"Also empfindest du doch etwas für ihn?"
"Wie kommst du denn jetzt da drauf schon wieder!"
"Aha!"

~An einem anderen Ort~

"Ah Luca! Da bist du ja wieder", begrüßte der Rotäugige seinen jüngeren Bruder. "Ja. Du wolltest mich sehen? Ich muss mich noch darum kümmern, dass die Neuen in Saitama ihre Einweisung bekommen...", merkte dieser an. "Jaja, ich weiß das du keine Zeit hast. Aber wenn du willst, gebe ich dir eine andere Aufgabe für heute..." Der Ältere schaute ihn grinsend an und Luca wusste genau, was er damit ansprechen wollte. Sein Bruder war schließlich nicht dumm und wusste genau, warum er sich wieder mehr um seine Verpflichtungen kümmerte.
Luca zog seine Augenbrauen nach oben. "Denkst du mir ist nicht klar, warum du plötzlich wieder so viel für mich machst?", lachte sein Bruder auf und brach keine Sekunde den intensiven Augenkontakt. Der Jüngere wurde nervös und fragte sich, ob sein Bruder tatsächlich seinen Plan durchschaut hatte. Seine Antwort ließ jedoch nicht lange auf sich warten: "Auch das war ein Teil meines Plans, als ich Rule zurück holen wollte. Ich wusste, dass du dann auch wieder hier her kommen würdest. Also willst du ihn heute nachmittag treffen?"
Erleichterung machte sich in Luca breit. Alles lief wie geplant. Aber diese Frage war eine Prüfung. Sein großer Bruder wollte wissen, ob er es ernst meinte oder doch etwas im Schilde führte. "Ja, aber bevor ich ihn treffe, erfülle ich meine Pflicht in Saitama..."
"Sehr gut, ich verlasse mich auf dich. Hier ist die Adresse..."
Später im Auto betrachtete Luca den Zettel. "Ich kenne diese Adresse... Das ist einer von unseren Clubs. Was zur Hölle macht er in diesem Club?"
Schnell startete er seinen Wagen und fuhr nach Saitama. Er war zu neugierig und wollte nun endlich wissen, wie es seinem Freund ging und was sie mit ihm gemacht hatten.

Am Abend hatte er es geschafft den Club zu erreichen. Als er ausgestieg, schaute er an sich herunter und fragte sich, ob er so in einen Club gehen konnte. Diesen Gedanken verwarf er jedoch schnell, denn in seinen schwarzen, zerrissenen Hosen und einem weinroten Rollkragen-Pullover war er gut genug gekleidet. Außerdem war der Club sozusagen fast sein Eigentum, daher konnte es die Gäste einen Dreck interessieren, was er trug. Er fuhr sich jedoch noch mal schnell durch seine Haare, um sie zu richten, und trat dann an der Security vorbei.

Sofort drang der Bass der Anlangen an sein Ohr und als er die relativ schalldichte Tür geöffnet bekam, musste er sich an die ganzen bunten Lichter in der Dunkelheit gewöhnen. Typische Clubmusik hallte lautstark durch den Saal und die Gäste tanzten wild vor dem DJ-Plut am Ende des Raumes. Hier vorne, wo Luca sich noch aufhielt, war es ruhig. Bis auf ein paar Kellner in ihren Arbeitsoutfits war in diesem Bereich kaum einer. Er kramte den Zettel aus seiner Hosentasche, da er sich daran errinntere, dass dort noch etwas stand. 'Geh einfach zur Bar' hatte sein Bruder in einer unordentlichen Schrift hinterlassen. Luca hatte bereits eine Vorahnung. Er drängte sich durch die Masse und wurde ab und zu von irgendwelchen Mädels angetanzt, die dachten er wäre hier zum Spaß. Doch das war er nicht. Gekonnt ignorierte er die Flirtversuche und begab sich zielstrebig zur Bar, als er diese erspähte.

Angekommen lehnte er sich gegen die schwarze Ablage, die mit LED-Lichtern ausgeleuchtet wurde, und wurde sofort von einer Kellnerin bemerkt. "Was kann ich dir bringen?", fragte sie freundlich mit ihren eisblauen leuchtenden Augen, welche sie plötzlich weiter aufriss, "oh tut mir schrecklich leid! Mister Romano... Ihr Bruder hat mich bereits informiert. Ich werde die gewünschte Person sofort holen!" Und schon drehte sich die Kellnerin von ihm weg und stürmte schon fast davon. Wenige Minuten später erkannte er im dunklen, hinteren Teil der Bar zwei unterschiedlich grüne Augen aufleuchten, die ihn gefährlich ins Visier nahmen. 'Rule...', dachte Luca sich etwas ehrfürchtig. Er war zwar sein Freund, und doch war er eine Zeit lang so undurchschaubar gewesen, dass ihm keiner zu nah kommen konnte. Nicht mal Luca. Es handelte sich natürlich um die Zeit, als er noch treu für seinen Bruder 'gearbeitet' hatte.  Er erkannte den damals typischen Ausdruck in seinen Augen, was ihn etwas nervös machte. Langsam trat der Schwarzhaarige aus dem Dunkeln und Luca musterte sein Outfit. Schwarze Jeans, weiße Bluse und darüber eine Art Lederriemen, die anscheinend üblich für diesen Club und seine Angestellten waren. 'Das ist kein Stripclub, da bin ich mir sicher... Obwohl ich es meinem Bruder zutrauen würde', dachte er etwas angeekelt.

Mit gehobenen Kinn blieb Rule schließlich vor Luca stehen und musterte diesen, genau wie er vorhin ihn. "Hat dir dein Bruder etwa endlich erlaubt mich zu sehen?", fragte er emotionslos und doch mit hörbaren Spott in der Stimme. Luca konnte jetzt nicht vor Rule seine Tarnung auffliegen lassen. Er wusste nicht was in dem Kopf seines Freundes vorging. Ob er überhaupt noch auf der guten Seite stand. Also wurde er seiner Rolle als Stellvertreter des Chefs endlich einmal gerecht. "Du redest mit einem deiner Vorgesetzten, also rede auch dementsprechend mit mir!" Luca schob deine Angst zur Seite und drohte Rule mahnend.
"Noch... Noch bist du mein Vorgesetzter. Dir ist klar, dass dein Bruder mich schon seit Jahren dir vorzieht, oder?" Dieser Spott in seiner Stimme machte Luca allmählich wütend. Als er ihn mit Natalie getroffen hatte, war er ganz anders. Sie mussten ihn in irgendeiner Weise fertig gemacht haben, um ihm so ein Auftreten zu verleihen. Oder lag es doch nur daran, dass er dachte, Natalie sei tot?
"Mag sein... Aber Rule, glaub ja nicht, dass ich wegen dir zurück gekommen bin. Das hat andere Gründe. Außerdem, wie war das mit deiner Kleinen noch mal? Willst du deine Errinnerungen etwas auffrischen? Vielleicht erinnerst du dich noch an sie...
Ich will, dass du über sie nachdenkst, was sie dir bedeutet hat..." Lucas Stimme war am Anfang eher kühl, doch als Natalie ins Gespräch kam, wurde sie sanfter und fordernder.
Rules Blick verfinsterte sich und er war kurz davor gewesen über die Bar zu springen und Luca zu verprügeln. Doch dann hielt er sich zurück: "Ist das wieder einer dieser Psychotricks deines Bruders!? Wenn ja, sag ihm, dass ich damit abgeschlossen habe! Hast du mich verstanden!?"
"Nein ist es nicht... Und du hast nicht damit abgeschlossen, das sieht selbst ein Blinder. Ich wollte dir damit den Hinweis geben, dass nicht alles so aussichtslos erscheint, wie es eigentlich ist. Denn das hier bist du nicht mehr und das weißt du auch..."
Er wollte es nicht zu offensichtlich machen und sich damit verraten, aber er musste ihm irgendwie ein Zeichen geben, selbst wenn es ihn gefährdete.
"Soll ich etwa wieder weglaufen!? Ist das dein brillianter Tipp, hm!?" Rule schnappte sich vor Wut ein Glas und warf es mit voller Kraft auf den Boden, wo es zersplitterte. 'Na immerhin bin ich nicht derjenige, den er zersplittert...', dachte Luca ängstlich. Danach  drehte sich Luca um und verließ den Club.

Ob er Natalie erzählen würde, dass er heute Rule getroffen hatte? Nein. Es war zu früh und außerdem würde sie sofort handeln wollen. Luca hatte eine andere Idee, wie er Rule da raus holen konnte...

After your Death ~ Die Suche nach LichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt