Kapitel 5

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Fabian starrte mich an, als wäre mir plötzlich ein zweiter Kopf gewachsen. Er schüttelte immer wieder den Kopf, als könne er nicht glauben, dass ich vor ihm saß. Einen sprachlosen Ferox sieht man auch nicht alle Tage...

"Fabian? Was ist mein Ergebnis?", fragte ich ihn. Irgendwas war seltsam. Sicher, dass man beim Ereignugstest keine Fehler machen konnte?

Wie von der Trantel gestochen sprang Fabian auf und zog mich vom Stuhl runter.  Er zerrte mich zu einer Tür, die mir zuerst gar nicht aufgefallen war, weil sie genau wie die Wände, ein Spiegel war. Ich konnte es nicht lassen und erhaschte gerade noch einen Blick auf das Bild meinerselbst, als mich der Ferox durch die Tür schob. "Dir geht es nicht gut und ich habe dich nach Hause geschickt. Das und nichts anderes sagst du deinen Eltern...", er schaute mich mitleidig an und verbesserte sich dann, "oder halt nur deinem Vater. Du sagst niemanden -und damit meine ich auch niemanden- was du für ein Ergebnis hast, ist das klar?" Er zog eine Augenbraue hoch und betrachtete mich. Ich nickte perplex und verstand immernoch nicht wo genau das Problem war. "Was ist mein Ergebnis?", fragte ich ihn jetzt etwas schäfrer als gedacht.

Fabian beugte sich zu mir vor, sodass sein Mund genau auf der Höhe meines Ohrs  war. "Unbestimmt."

Ich runzelte die Stirn. Unbestimmt? Aber es muss doch ein Ergebnis vorliegen...oder?

"Fabian. Das ist echt wichtig. Würdest du mir jetzt bitte mein Ergebnis sag..." Fabian hielt mir den Mund zu und zog mich um das Gebäude in eine kleine Gasse in der Mülltonnen standen. Er stieß mich gegen die Wand und ich hielt mir den Kopf an der Stelle, an der ich gegen die Wand gekommen war. "Verdammt! Was soll denn das?!", herrschte ich ihn an. Soetwas hätte ich mich bei meinem Vater nie getraut. Aber mir ging seine Art tierisch auf die Nerven!

"Bist du völlig verrückt?! Noch lauter geht es wohl nicht!", zischte er mich an, "Dein Ergebnis ist Unbestimmt! Du passt nicht in eine Kategorie sondern in zwei! Du hast das Messer genommen. Damit eignest du dich als Ferox, aber als du das Mädchen gerettet hast warst du Altruan. Und dein zusammensacken vor dem Hund kann ich nicht wirklich deuten. Warum hast du nicht das Messer benutzt?"

Mir wurde auf einmal sehr kalt. Ich konnte ihm ja wohl schlecht sagen, dass mein Vater eigentlich daran Schuld war, weil ich mich in solchen Situationen automatisch klein mache. "Ich weiß nicht...", murmelte ich ohne ihm in die Augen zu gucken. Fabian schnaubte. " Auch egal. Das ist jetzt unser Geheimnis, okay? Das bleibt unter uns. Keiner darf es erfahren, es sei denn du willst sterben." Damit drehte er sich um und verschwand hinter der Hausecke. Eine Tür knallte zu und ich war allein.

Die Schatten zogen sich in der kleinen dunklen Gasse lang. Altruan und Ferox? Aber das ging doch gar nicht. Wie kann man sich für zwei Fraktionen eignen?

Und für was sollte ich mich jetzt entscheiden? Ich lief aus der Dunkelheit auf die Straße und lief nach Hause. Meine Gedanken wirbelten umher. Immer wieder hörte ich Fabians Stimme, die sagte ich solle es füt mich behalten. Altruan und Ferox.

Morgen musste ich mich entscheiden. Morgen ist der Tag der Bestimmung. Was mein Vater wohl dazu sagen würde wenn er wüsste, das ich nicht bleiben möchte?

Der restliche Tag verlief schnell. Ich dachte die ganze Zeit nach und nachdem mein Vater genervt von der Arbeit wieder kam und mir einundzwanzig Mal seunen Ledergürtel über den Rücken gezogen hatte, verzog ich mich mit Schmerzen in mein Zimmer. Mein Rücken brannte wie Feuer.

Mein Blick viel auf die Schublade von meinem Nachttisch. Darin befand sich etwas von meiner Mutter. In manchen Nächten, wenn ich Alpträume hatte, öffnete ich sie und drückte die kleine blaue Statur, die sich darin befand, ganz fest an mich. Meine Mutter hatte sie mir einmal geschenkt. "Das ist unser kleines Geheimnis. Versteck sie gut, okay?", hatte sie mir damals gesagt. Dann legte sie mir die blaue Figur in die Hände und gab mir einen Kuss auf die Stirn. Ich rannte sofort ins Haus und versteckte sie dort, wo mein Vater nie gucken würde. Unter meiner Matratze.

Als meine Mutter dann wenig später verstarb hab ich mir heimlich einen Pulli und ihren Ehering genommen. Darin hatte ich die Figur eingewickelt und seitdem liegen alle drei Gegenstände in meinem Nachttisch.

Ich holte die Figur und den Ehering hervor und ließ sie in meinen Fingern ruhen. Ach Mutter, sagte ich ihm stillen, wenn du hier wärst wüsste ich was ich tun soll.

Ich legte beides wieder in das Fach und wickelte wieder den Pulli drum. Anfangs hatte er noch nach ihr gerochen, aber irgendwann war der Geruch verflogen, obwohl ich ihn nie gewaschen hatte.

Als ich aus dem Fenster schaute vermutete ich, dass ich schon im Bett sein sollte und ein Blick auf die Uhr bestätigte es. Also erhob ich mich und kehrte fünfzehn Minuten später frisch geduscht aus dem Bad zurück und versuchte zu schlafen.

Morgen werde ich mich entscheiden und diese Entscheidung wird mein Leben verändern, dachte ich als Letztes.

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